6. Die Trägheit der Anschlusskommunikation

Die Anschlusskommunikation zu Medieninhalten findet mit der fortschreitenden Verbreitung des Internets längst nicht mehr nur im unmittelbaren persönlichen Umfeld Zuhause oder am Arbeitsplatz statt. Insbesondere soziale Netzwerke, wie Facebook, bieten ihren Nutzern zahlreiche Möglichkeiten, sich mit teils fremden Personen über Nachrichten auszutauschen (vgl. Ziegele 2016: 30). Somit eröffnet das Internet für Anschlusskommunikationshandlungen neue Kommunikationsräume jenseits der Face-to-Face-Kommunikation (vgl. Schlachter 2014: 267). Die Anschlusskommunikation, die „zu den ältesten Konzepten der Kommunikations- und Medienwissenschaft“ (Weber/Ziegele 2013: 241) zählt, wird unter anderem „als eine kommunikative Verarbeitung bzw. Aneignung von Medienangeboten, die subjektive Rezepti-onsprozesse begleitet und ergänzt“ (Sutter 2002: 82) beschrieben. Zudem bezeichnen Wissen-schaftler sie „als ein Konstrukt […], das eine Schnittmenge aus interpersonaler Kommunika-tion und Massenkommunikation bildet“ (Sommer 2007: 16). Geprägt wird die Begrifflichkeit insbesondere von Luhmann (1996), der Kommunikation nur dann entstanden sieht, wenn sie gesehen, gehört oder gelesen und verstanden wird, sodass daran „eine weitere Kommunikation anschließen könnte“ (Luhmann 1996: 14). Neben „interaktiv vollzogenen Prozessen der kommunikativen Verhandlung und Aneignung von Medienangeboten“ (Sutter 2002: 82) regen speziell gesellschaftliche Bereiche, wie Politik oder Wirtschaft in den massenmedial ver-breiteten Kommunikationen zu weiteren Kommunikationen an. Somit spielt es keine Rolle, ob die Anschlusskommunikation Face-to-Face oder technisch vermittelt zustande kommt (vgl. Friemel 2008: 30). Via Internet wird die Anschlusskommunikation in der heutigen Zeit jedoch zunehmend online und öffentlich zugänglich geführt (Verlinkung Gruppe 1: Strukturen von Öffentlichkeit, 1.4.4). Die sogenannte Online-Anschlusskommunikation wird „als computer-vermittelte öffentlich-interpersonale Kommunikation“ (Ziegele 2016: 30) bezeichnet, die von einer Privatperson getätigt wird und sowohl synchron, als auch asynchron verlaufen kann (vgl. Ziegele 2016: 30f.). Öffentlich ist dabei jede Kommunikation, „die für jeden interessierten Nutzer ohne weitere Zugangsbarrieren ansteuerbar oder über Internetsuchmaschinen auffindbar ist“ (Ziegele 2016: 31). Der Empfängerkreis besteht dabei aus einer oder mehreren Personen, die als potenzielle Kommunikationspartner auf eine Aussage reagieren können, dies jedoch nicht müssen (vgl. Ziegele 2016: 31). In der Vermittlungskette einer Nachricht bilden Gespräche, die durch die Rezipienten entstehen können, das letzte Glied (vgl. Sommer et al. 2012: 385). In sozialen Netzwerken beziehen sich laut Studien zwischen 20 und 50 Prozent der Nutzerkommentare auf andere Kommentare, nicht auf die Nachricht selbst (vgl. Ziege-le/Breiner/Quiring 2014: 1115). Dabei stellt sich die Frage, welche Art von Anschlusskommunikation hierbei genau stattfindet und wie sich die Kommentare aufeinander beziehen. Entwickelt sich eine dynamische Interaktion oder versickert die Kommunikation nach einem trägen Verlauf? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert folgende Analyse, die auf einem umfangreichen Datensatz basiert.