Crowdfunding

Eine relativ neue Möglichkeit Journalismus im Internet zu finanzieren stellt das Crowdfunding dar. Der Grundgedanke liegt in der Idee, Geld für Projekte zu geben, die man als unterstützenswert ansieht. Crowdfunding basiert auf einem Sponsorenprinzip und soll helfen, noch nicht realisierte Projekte im Vorhinein zu finanzieren (vgl. Klein 2016). „Einfach ausgedrückt, kann Crowdfunding definiert werden als Finanzierung eines Projekts oder eines Ventures (Unternehmen oder „Wagnis“) durch eine Gruppe von nicht-professionellen Individuen anstelle von professionellen Parteien (z. B. Förderagenturen, Banken, VC-Fonds oder Privatunternehmen)“ (Hemer et al. 2011: 18). Ein Projektinitiator stellt seine Idee vor und bittet um finanzielle Unterstützung, die in einem bestimmten Zeitraum eingesammelt werden soll, um sein Vorhaben zu realisieren. Wird die benötigte Summe erreicht, so kann das Projekt umgesetzt werden und der Unterstützer erhält im Nachhinein eine Gegenleistung für seine Spende. Das kann beispielsweise Zugang zu dem umgesetzten Projekt oder in manchen Fällen sogar die namentliche Nennung sein. Wird die Mindestsumme jedoch nicht erreicht, kann das Projekt nicht realisiert werden und die Geldgeber erhalten ihre Spende zurück (vgl. unternehmerlexikon.de 2015).

Mittlerweile haben neben Künstlern, Musikern und Filmemachern, auch Journalisten und Blogger diesen Weg für sich entdeckt. In Deutschland lag das Kapital, das über Crowdfunding-Plattformen im ersten Quartal des Jahres 2016 gesammelt wurde, bei 2,6 Mio. Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Zuwachs von 16 Prozent. Geht man noch weiter zurück, lässt sich ein positiver Trend der Einnahmen über die Jahre erkennen. Lag der Umsatz im Jahr 2012 noch bei 2 Mio. Euro, stieg er kontinuierlich von 5,4 Mio. Euro (2013) weiter auf 6,7 Mio. Euro im Jahr 2014 (vgl. Für-Gründer.de 2016).

Mit dem Beginn des professionellen Crowdfunding in Deutschland im Jahr 2011 startet unter anderem auch das journalistische Projekt von krautreporter.de. Dieses zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten Beispielen in Deutschland und hatte die Gründung eines Onlinemagazins für unabhängigen Journalismus zum Ziel. Mit Zahlungen in Höhe von insgesamt 900.000 Euro wurde das Vorhaben erfolgreich von 15.000 Menschen unter-stützt (vgl. crowdfunding.de 2016). Die Seite finanzierte sich nach Fertigstellung mit monat-lichen Spenden von freiwillig zahlenden Lesern in Höhe von 5 Euro. Allerdings will krautreporter.de in Zukunft den zuvor freien Zugang nur noch zahlenden Mitgliedern ermöglichen (vgl. krautreporter 2016). Beachtlich bei dem Krautreporter-Projekt war, dass sie über ihre eigene Website zur Spende aufriefen. Die Mehrheit anderer Projekte benutzt hierfür bekannte Crowdfunding-Plattformen, wie Kickstarter oder Indiegogo.  Inzwischen haben sich über 20 verschiedene – auf den deutschen Markt spezialisierte – Crowdfunding-Plattformen gegründet (vgl. crowdfunding.de 2016).

Ähnlich wie Krautreporter setzen viele Blogger heute, anstatt auf übermäßige Werbung oder Paywalls, auf Spenden von ihren Lesern. Als Beispiel kann hier netzpolitik.org angeführt werden. Bis 2013 finanzierte sich die Seite eher mäßig über Werbung, Flattr und Bezuschussungen. Aus diesem Grund entschied man sich 2013 dazu, an die Leser zu appellieren und sie um ihre Unterstützung zu bitten. Nach Aussage von netzpolitik.org soll so weiterhin unabhängiger Journalismus bestehen bleiben und gut recherchierte Hinter-grundstories ermöglicht werden (vgl. Beckedahl 2013). In einem Bericht auf netztpolitik.org, der die Neuerung mit dem Spendenmodell ankündigt, werden die Leser gezielt angesprochen und die Gründe genau dargelegt, weshalb man diese Form des Journalismus weiterhin unterstützen sollte. Dabei positioniert sich netzpolitik.org als Gegenpol zu den etablierten Zeitungen und nehmen für sich in Anspruch zu “warnen, kritisieren, loben und (zu) informieren” (Beckedahl 2013).

Netzpolitik.org nutzt hier emotionale Werbung, um die Leser von dem Spendenmodell zu überzeugen. Zur emotionalen Werbung wird auch der moralische Appell gezählt. Ziel dieser Werbeform ist, dass eine Identifikation des Empfängers mit dem beworbenen Produkt oder dem Dienstleister stattfindet und emotionale Vorgänge im Rezipienten ausgelöst werden. Die Identifikation basiert auf allgemeingültigen, gesellschaftlich anerkannten Werten und Normen, wie beispielsweise Gerechtigkeit oder Altruismus (vgl. Hujber 2005: 115). Vor allem die Wahrnehmung gemeinsamer persönlicher und sozialer Merkmale macht den Sender der Werbebotschaft sympathisch und vertraut. Man versucht, beim Rezipienten ein Verantwortungsgefühl hervorzurufen und ihn zum spenden zu animieren (vgl. Müller 2004: 126). Dass die Leser von netzpolitik.org diesem Aufruf gefolgt sind, belegen folgende Zahlen.

Sieben Monate nach dem Spendenaufruf waren auf dem Konto von netzpolitik.org bereits 49.119 Euro eingegangen. Im Folgejahr 2014 lagen die Einnahmen nach den ersten neun Monaten schon bei 94.153 Euro (vgl. Beckedahl 2014). Obwohl dadurch immer noch nicht alle Kosten gedeckt werden können, zeigt sich doch, dass die Leser dem moralischen Appell von netzpolitik.org nachkommen und bereit sind für Journalismus zu zahlen. Auch die Seite uebermedien.de setzt auf die Moral ihrer Leser und bietet ein freiwilliges Abo an, womit die Nutzer die Seite monatlich mit 3,99 Euro unterstützen können (vgl. uebermedien.de 2016). Ob ein Zusammenhang darin besteht, dass auf Plattformen, die sich hauptsächlich über Spenden finanzieren, häufig auch ein moralischer Diskurs in der Berichterstattung existiert oder ob Leser, die an moralischen Diskursen interessiert sind, auch eher bereit sind dafür zu spenden, muss noch untersucht werden. Würden sich diese Annahmen bestätigen, hätten Blogs und Websiten wie ze.tt und faz.net, die ebenfalls auf starke Moralisierung setzen, großes Potential, sich durch Leserspenden zu finanzieren.