Journalistische Blogs als alternative Öffentlichkeit!

Die Gestaltungsmöglichkeiten bei Blogs sind nahezu unbegrenzt. Jeder, der möchte, kann einen Blog betreiben, und ihm steht es frei, die möglichen Bestandteile zu integrieren oder wegzulassen. Dadurch entsteht eine Vielzahl an unterschiedlichen Blogs, die nur schwer in feste Kategorien zu pressen sind. Anhand unserer Untersuchung haben wir jedoch gesehen, dass journalistische Blogs definitiv das Potential zur Bildung einer alternativen Öffentlichkeit haben. Selbst Bento, das zumindest ideologisch abhängig von seinem Muttermedium ist, ermöglicht rudimentär die Einbringung alternativer Themen und Meinungen. Trotzdem gibt es Einschränkungen. Zum einen hängt die Qualität der Blogs stark von ihren Beitreibern ab. So ist es gut möglich, dass sich eine Plattform etabliert, in Netzkreisen als fundierte Quelle angesehen wird und dann doch zum Beispiel eine Falschmeldung liefert, die ungefragt übernommen wird. Von anderer Seite aus kann ein Blog verlässlich und fundiert sein, ohne eine entsprechende Reichweite wird er jedoch keine Wirkung entfallen. Eine andere Schwäche ist die Annahme, das Internet sei für jeden nutzbar und erreichbar. Vordergründig mag es so sein, immerhin nutzen fast 78% der deutschen Bevölkerung das Internet (vgl. Statista 2016), und die technischen Möglichkeiten durch Smartphones, Tablets und freies W-Lan werden diesen Prozentsatz noch weiter erhöhen. Nichtsdestotrotz hängt es immer noch vom Bildungsstand und den finanziellen Mitteln ab, wie diese Nutzung aussieht, ob man also beispielsweise die partizipativen Möglichkeiten kritischer Blogs wahrnimmt, diese sogar abonniert und damit zusätzliche Funktionen erlangt. Diese Diskrepanz mag kleiner sein als bei den klassischen Medien, trotzdem sollte sie nicht ignoriert werden. Eine weiterführende Forschungsfrage könnte sich diesbezüglich mit der Analyse möglicher Ungleichheitsmechanismen befassen.

Verglichen mit anderen Ländern, wie beispielsweise Russland (vgl. Etling/Roberts/Faris 2014), scheint die deutsche, journalistische Bloggerszene gerade am Anfang zu stehen. In welche Richtung sie sich entwickeln wird, wird wahrscheinlich erst nach einiger Zeit absehbar sein, eine vorzeitige Diagnose kann aktuell sicher noch nicht gestellt werden. Es könnte sein, dass sich journalistische Blogs weiter etablieren und die Massenmedien als erste Informationsquelle ablösen. Hinderlich könnte hierbei aber gerade der Aspekt sein, für den das Web 2.0 so ‚berühmt‘ ist: Die Themenvielfalt und die relativ barrierefreie Möglichkeit, eigene Inhalte und Gedanken ohne großen Aufwand in die Öffentlichkeit des Internets zu tragen. Bei diesem Informationsdschungel kann es sich als schwierig und aufwändig gestalten, Orientierung zu finden, da scheinbar keine Instanz existiert, die richtungsweisend zwischen „guter“ und „schlechter“ journalistischer Arbeit unterscheidet. Eine denkbare Option wäre es, dass Watchblogs ihre Stellung und Rolle als Gatekeeper stabilisieren und nach spezifischen Kriterien eine Orientierungshilfe bieten.

Das Vertrauen in die klassischen Medien ist trotz diverser „Lügenpresse“-Vorwürfe noch groß, und Informationen aus dem Web werden mitunter misstrauisch betrachtet und stark hinterfragt. Trotzdem ist das Potential da, Demokratie auf eine neue Art zu gestalten, Meinungen wesentlich differenzierter darzustellen und alternative Öffentlichkeiten auf normative Weise zu ermöglichen. Journalistische Blogs spielen hierbei eine wichtige Rolle, um als verlässliche Quellen zu dienen, Gegenpole zu den Leitmedien zu bilden und diese zu hinterfragen. Demokratie im Internet kann somit auch und vor allem durch journalistische Blogs und Watchblogs erlangt und gestaltet werden.