Das Ebenenmodell von Gerhards und Neidhardt

Bislang wurden nach Gerhards und Neidhardt drei Ebenen von Öffentlichkeit unterschieden, auf denen die Akteure (Vermittler, Sprecher) und das Publikum Themen kommunizieren und Interessen aushandeln. Auf der untersten Ebene – Encounterebene – geht es um die alltägliche, unorganisierte bzw. spontane Kommunikation von heterogenen Subjekten, wie z.B. am Arbeitsplatz oder im Wohnbereich. Alle Teilnehmer können auf dieser Ebene sowohl als Sprecher als auch als Publikum in Erscheinung treten. Weiterhin kann ein zunächst privates Gespräch schnell öffentlich werden, wenn andere Menschen mithören.

Die zweite Ebene der Themen- oder Versammlungsöffentlichkeit beinhaltet thematisch zentrierte Kommunikationshandlungen, wie z.B. Demonstrationen. Diese Ebene der Öffentlichkeit kann zum einen spontan und zum anderen organisiert entstehen. Sie besteht allerdings nicht dauerhaft. Die Rollen von Sprechern, Vermittlern und Publikum sind hier weniger variabel. Die Sprecher auf dieser Ebene verbreiten u.a. Nachrichten aus der Ebene der Medienöffentlichkeit sowie der Encounterebene. Die Themen auf dieser Ebene erlangen größere Aufmerksamkeit und werden von Journalisten beobachtet, so dass sie zu Themen der Medienöffentlichkeit werden können.

Die dritte Ebene der Medienöffentlichkeit ist dauerhaft existent. Allerdings beziehen sich Gerhards und Neidhardt nur auf die klassischen Massenmedien wie Rundfunk und Print, und nicht auf das Internet. Die Rollen der Akteure sind auf dieser Ebene statisch, da die Herstellung und Bereitstellung von Themen durch spezialisierte Personen (Journalisten) erfolgt. Journalisten agieren innerhalb von Medienorganisationen programmorientiert. Hierfür beobachten sie Sachverhalte auf der Encounter- und Themenöffentlichkeitsebene und stellen diese als Themen für ein großes Publikum zur Verfügung oder setzen selbst Themen. Öffentlichkeit entsteht somit in der Interaktion der drei Ebenen (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 19 f.). Zwischen den drei Ebenen befinden sich Selektionsmechanismen. D.h., nicht alle auf der Encounterbene verhandelten Themen haben eine Relevanz für die Ebene der Themenöffentlichkeit, und weiterhin gelangen nur Themen, die ein großes Publikum ansprechen, von der Ebene der Versammlungsöffentlichkeit in die Medienöffentlichkeit.