Queering Jewishness – Jewish Queerness. Diskursive Konstruktionen kultureller jüdischer Identität(en) in (audio-)visuellen Medien.

Ausgehend von der Frage, welche geschlechtlich codierten Vorstellungsbilder (Lowry 1999, Dyer 2003) von ‚Jüdischsein‘ in (audio-)visuellen Medien hervorgebracht und verhandelt werden, untersucht das an der Schnittstelle von Medienwissenschaft, Visual Studies, Jewish Cultural Studies, Gender- und Queer Theory angesiedelte Forschungsvorhaben, die wechselseitigen Bedingtheiten von Medialität, Jewishness und Queerness in grafischen, filmischen und televisuellen Bildern. Vor der Folie des noch jungen interdisziplinären Feldes der Jewish Visual Culture Studies wird die bis ins 19./20. Jh. zurückreichende Traditionslinie antisemitischer Körper- und Geschlechterbilder (A.G.Gender-Killer 2005, Jütte 2020) in den Blick genommen und das problematische Verhältnis zwischen Aufklärung, Sichtbarmachung und Ausstellen geschlechtlich codierter kultureller jüdischer Identität(en) in populären Medienformaten analysiert.

Entlang ausgewählter Medienbeispiele wird im Rahmen einer sowohl intersektionalen als auch gender- und queertheoretischen Diskursanalyse der wirklichkeitskonstituierenden Macht des Visuellen nachgegangen (Stiegler 2014, Landwehr 2018) und die (Re-)Produktion ‚jüdischer Differenz‘ in medialen Gefügen untersucht, die stets mit der Aus- und Verhandlung geschlechtlicher Identitäten verbunden ist (Silverman 2011). Mittels differenzierter Medienanalysen werden neben Kontinuitäten auch Brüche herausgearbeitet und exemplarisch aufgezeigt, inwiefern zeitgenössische Vorstellungsbilder ‚des Jüdischen‘ diskriminierende Zuschreibungen von Jewishness als Form sexueller Devianz fortschreiben bzw. wann, wie und unter welchen Umständen sie antisemitische ‚Zerrbilder‘ des 19./20. Jh. konterkarieren, verque(e)ren und produktiv unterlaufen.

Innerhalb des Projekts werden Jewishness und Queerness als intersektionale, miteinander verwobene Kategorien betrachtet und verdeutlicht, wie im Nexus von Fremd- und Selbstzuschreibung die (Re-)Produktion und Verhandlung eines Wissens von ‚Jüdischsein‘ in (audio-)visuellen Medien von geschlechtlich codierten und zugleich rassifizierten Vorstellungen geprägt ist. Im Rahmen eines Queering Jewishness werden ‚Geschlecht‘ und ‚Sexualität‘ als zentrale wirklichkeitsstrukturierende Kategorien offengelegt, heteronormative Regime der diskursiven Repräsentation und (Un-)Sichtbarkeit kritisch hinterfragt und so das mediale (Abhängigkeits-)Verhältnis von Jewishness und Queerness näher bestimmt.

Die gesellschaftspolitische Relevanz des Projekts liegt dabei in der Analyse und Sichtbarmachung wiederkehrender diskriminierender Motive und Identitätszuschreibungen, die im Spannungsfeld von explizitem und implizitem Antisemitismus Ungleichheiten und Ausschlüsse (re-)produzieren. Indem Brüche und Dissonanzen aufgezeigt sowie (hetero-)normative Zuweisungen hinterfragt werden, trägt das Projekt darüber hinaus zu einem herrschafts- und machtkritischen Verqu(e)eren sowohl antisemitischer als auch hegemonialer Vorstellungsbilder ‚des Jüdischen‘ bei.

Dieses Projekt wird von Véronique Sina durchgeführt.