Manchmal werden wir gefragt, was wir den eigentlich damit meinen, wenn wir Engagementabbrüche beforschen. Was soll ein Abbruch sein? Bisher wurden in den Interviews ganz unterschiedliche Formen und Motive genannt: Unzufriedenheit aufgrund einer fehlenden materiellen Anerkennung, Ausgrenzung (auch aufgrund von Herkunft, Glaube und Aussehen), Ende eines Engagementangebots, der Verdacht, als EngagierteR bloß Lückenbüßer zu sein sowie die Unzufriedenheit mit der professionellen Begleitung der eigenen Arbeit. Hinter diesen Erzählungen liegen sicherlich noch weitere und auch komplexere Erfahrungen – eine abschließende Definition, was ein Abbruch genau ist, haben wir also nicht. Deswegen erwarten wir in den Interviews nicht immer wieder die gleichen Geschichten. Vielmehr wollen wir in unserer Forschungsarbeit verschiedene typische Verläufe und Konstellationen des Abbrechens herausarbeiten. Und was machen wir damit?
Das Thema Engagement ist in vielerlei Hinsicht seit Jahren Gegenstand politischer und öffentlicher Behandlung. Andere Forscherinnen und Forscher interessieren sich dabei insbesondere für die Motivationen, mit denen sich Menschen für eine Sache freiwillig und unentgeltlich engagieren. Wir finden diesen Aspekt ebenfalls sehr interessant, wollen aber mit der Untersuchung von Abbrüchen auch etwas ganz anderes verstehen. Uns interessiert, wie in dem Prozess der Beendigung eines Engagements eigentlich die persönlichen Auseinandersetzungen zwischen Engagierten und ihren Engagementstellen aussehen, welche Sicht die Engagierten auf ihre Aufgabe (noch) haben und durch was eine Veränderung erzielt wurde? Oftmals fokussieren sozialwissenschaftliche Studien bloß eine Motivstruktur bei den Engagierten selbst, wenn sie erklären wollen, warum es ein freiwilliges Engagement gibt. Uns ist diese Sichtweise – verkürzt gesagt – zu einfach, weil sie lediglich Einzelne und deren jeweilige Ausstattung mit verschiedenen Kompetenzen und Handlungsressourcen betrachtet.
Neben dieser theoretischen Perspektive gibt es aber auch eine ganz praktische: Wem kommt unser neu gewonnenes Wissen zugute? Wir sind sehr darum bemüht, Wissen, welches im Austausch mit Akteuren der Praxis entsteht, auch direkt wieder in die Praxis zurück zu geben. Deswegen betreiben wir diesen Blog und deswegen wollen wir auch im Verlauf des Forschungsprojektes kleinere Workshops mit Akteuren aus der Praxis veranstalten. Insgesamt geht es uns weniger darum, den Einsatz von Engagierten im Wohlfahrtsbereich zu optimieren und die durchschnittliche Dauer eines Engagements zu verlängern. Vielmehr geht es uns um eine Diskussion gegenseitiger Betrachtungen, Wertschätzungen und Ansprüche.
Nachtrag 11.12.2014: Mittlerweile wurden mehrere Interviews geführt, bei denen sich kein einheitlicher Verlauf der Beendigung eines Engagements gezeigt hat. Statt des harten Begriffs „Abbruch“ wäre es entsprechend sinnvoller, in Zukunft von Engagementbeendigung zu sprechen, auch wenn dies vielleicht den Gegenstand der Engagement-Unterbrechung nicht wirklich zu fassen vermag. Aber an diesen Überlegungen zeigt sich die Sinnhaftigkeit der hier beworbenen und reflektierten Forschung: Es gibt diverse Formen der Unterbrechung und Beendigung von Engagement, wie sie aber miteinander in Verbindung stehen und durch was sie jeweils konkret gekennzeichnet sind, das ist noch wenig reflektiert.