Was meint eigentlich „Interview“?

Im letzten Blogbeitrag habe ich bereits geschrieben, dass uns in diesem Forschungsprojekt der Alltag der Engagementarbeit interessiert. Heute möchte ich diesen Aspekt vertiefen, weil die Rückmeldung einiger InterviewkandidatInnen zeigte, dass eine gewisse Unsicherheit darüber besteht, was eigentlich Thema des Interviews ist und wie dieses abläuft. Was also meinen wir, wenn wir zur Teilnahme an einem Interview aufrufen?
Für uns bedeuten Interviews zunächst persönliche Treffen, bei denen Sie als (ehemalige) Engagierte Zeit und Raum bekommen, um von Ihren Erfahrungen zu berichten. Es gibt hierbei keine Vorstrukturierung von unserer Seite im Sinne eines ausführlichen Fragebogens. Vielmehr ist es Ihre Geschichte, die wir aufnehmen wollen und die anschließend mit den vielen anderen Geschichten ausgewertet wird.
Für uns sind die Zusammenhänge, die zu einem Abbruch geführt haben bedeutsam. Dabei geht es in keinem Fall um Motive oder Rechtfertigungen hinsichtlich des Engagementabbruchs. Dies ist für unsere Forschung nachrangig. Es ist auch keineswegs unser Ziel, Sie zu einer Wiederaufnahme des Engagements zu bewegen.
Vielleicht fragen Sie sich nun, wie wir eigentlich eine neue Erkenntnis gewinnen können, wenn wir uns nur Geschichten erzählen lassen? Wo ist da die konkrete Information, die wir später wieder weitergeben können? Erst nach vielen Erzählungen haben wir ausreichend Material, um Vergleiche anstellen zu können, Ähnlichkeiten und Unterschiede in den berichteten Geschichten festzustellen und diese mit den jeweiligen persönlichen Hintergründen abzugleichen. Erst da bekommen wir eine Idee, warum hier Dieses sinnvoll war und dort Jenes. So kommen wir nach und nach an so etwas wie typische Muster und verdichten unser Wissen über Engagementabbrüche und ob bzw. wie dies alles mit dem Thema Migration zusammenhängt.
Um dies aber so umsetzen zu können, werden wir zum Interviewtermin mit einem Aufnahmegerät erscheinen und Ihre Geschichte aufzeichnen. Diese Aufnahme wird anschließend abgetippt und anonymisiert. Für die gesamte Verarbeitung sichern wir Ihnen Anonymität und Verschwiegenheit zu, so dass niemand außerhalb des Interviewkontextes Ihre Geschichte in Verbindung mit Ihrem Namen bringen kann. Auch das ist wichtig, einerseits weil es der Datenschutz verlangt und andererseits, weil Sie sicher sein sollen, dass Ihnen kein Nachteil aus Ihrer Erzählung entsteht. Schließlich geht es uns – bei allem Interesse an Ihrer Geschichte – nicht um Sie als Person, sondern um ein zusätzliches Wissen über den Prozess des Engagementabbruchs, wie Sie ihn eben erlebt haben.

Interviewphase gestartet

Im August gingen in Nordrhein-Westfalen die Sommerferien zu Ende, somit konnte in den Schulen, Büros, Heimen und Vereinen der Alltag wieder beginnen. Viele Menschen sind aus dem Urlaub an ihre gewohnten Orte zurückgekehrt und haben ihre routinierten Tagesabläufe wieder. Im August haben wir auch mit unserer ersten Interviewphase begonnen. Und weiterhin gilt: Wir suchen für unser Forschungsprojekt noch Menschen, die von Ihrem freiwilligen Engagement erzählen, welches sie nun aus irgendeinem Grund nicht mehr ausführen. Sollten Sie oder eine Ihnen bekannte Person sich im Bereich der Wohlfahrtspflege engagiert haben, laden wir Sie weiterhin ein, mit uns in Kontakt zu treten und Ihre Erfahrung mit uns zu teilen!

Die bisherigen Interviews für dieses Projekt haben ganz unterschiedliche Geschichten hervorgebracht. Welche dies sind, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt an dieser Stelle und in einigen Fachpublikationen erörtern. Für die kommenden Interviews erwarten wir, dass wir noch auf ganz andere Erzählungen und Konstellationen stoßen, als dies bisher der Fall war. Von verändertem Interesse in der Freizeitgestaltung über eine spezifische Unzufriedenheit bis zu Zeitnot und anderen Konflikten ist Vieles denkbar. Egal welche Geschichte es ist: uns interessiert Ihre Geschichte, weil sie einen Teil der alltäglichen Wirklichkeit darstellt. Um also ein umfassendes Bild über den Alltag freiwillig Engagierter zu erhalten, brauchen wir Ihre Geschichte!

Engagiert – aufgehört – gesprächsbereit? Die Universität Siegen sucht Interviewpartner!

Wir suchen Personen, die schon einmal freiwillig engagiert waren und nach einiger Zeit ihr Engagement wieder aufgegeben haben. Uns interessiert, wie Menschen mit Migrationshintergrund ihre freiwillige Mitarbeit in einer deutschen Organisation erleben. Wie offen sind diese Organisationen für Freiwillige mit Migrationshintergrund? Das möchten wir mit unserer Forschung näher beleuchten.
Deswegen suchen wir Menschen mit und ohne deutschen Pass, die an ganz unterschiedlichen Stellen aktiv waren (z. B. in einem Altenheim, Kinderhaus, Krankenhaus). Speziell interessiert uns die Mitarbeit im Rahmen eines Wohlfahrtsverbands. Das Alter oder die Ausbildung spielen keine Rolle. Falls Sie solche Menschen kennen, leiten Sie doch bitte unsere Anfrage an diese weiter!
Falls Sie selber in einer deutschen Organisation ehrenamtlich aktiv waren, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie uns von Ihren Erfahrungen erzählen. Der Zeitaufwand für derartige Interviews beträgt etwa zwei Stunden. Wir kommen in Ihre Stadt, gerne auch zu einem unverbindlichen Vorgespräch. Sämtliche Angaben im Interview über Sie oder Ihre Tätigkeit werden anonymisiert. Ihre Erfahrungen sind sehr wichtig, um zu verstehen, wie Zusammenarbeit im ehrenamtlichen Engagement funktioniert und welche Hindernisse überwunden werden müssen. Bitte rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns!
Die Interviews führt Andreas Kewes durch. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen. Sie erreichen ihn unter 01520-3880089 sowie Andreas.Kewes[at]uni-siegen.de.