Buzz Osborne (Melvins) im Gespräch: US-amerikanischer »klassischer Liberalismus«von Jörg Scheller23.9.2014

Ein Gespräch mit Melvins-Mastermind Buzz Osborne über Liberalismus, Woody Guthrie, Thomas Sowell und die neue Musikgattung »Molk«

Die 1983 gegründete US-amerikanische Band The Melvins bildet eine der wichtigsten Schnittstellen zwischen Pop und Avantgarde. Mit den Alben Houdini (1993) und Stoner Witch (1994) zeigten Buzz Osborne aka King Buzzo (Gitarre/Gesang), Dale Crover (Schlagzeug) und Jeff Pinkus (Bass)[1] auf dem Gipfel des Nirvana-Hypes, dass Grunge nicht nur weinerliche Seelenstripteases, sondern auch eigensinnige Experimente zu bieten hatte.

Das karg-zerdehnte Album Lysol (1992), das karnevalesk-verspulte Hostile Ambient Takeover (2002) oder das eklektische The Crybaby (2000) zeugen vom Talent der Band, einerseits keine Konzessionen an den Mehrheitsgeschmack zu machen und ihm andererseits mit wohldosierten Hooks und (teil)tanzbaren Riffs zu schmeicheln.

Seit Ende der 1990er Jahre veröffentlichen The Melvins ihre Alben vorwiegend auf Mike Pattons Label Ipecac Recordingsund reihen sich damit in die Schar derjeniger Popmusiker ein, die das Erbe von Grenzgängern wie The Residents, Frank Zappa, King Crimson, John Zorn oder Brian Eno aktualisiert. Melvins-Kopf Buzz Osborne tritt jedoch nicht nur als Musiker in Erscheinung – vor kurzem hat er sein Soloalbum This Machine Kills Artists veröffentlicht –, sondern auch als angriffslustiger Zeitkritiker und hintersinniger Provokateur.

Entgegen der geläufigen Assoziierung des Alternative Rock mit linken oder linksliberalen Haltungen, positioniert sich Buzzo bewusst rechts. Nicht im Sinne dumpfer konservativer oder gar faschistischer Reaktion, sondern als Stachel im Fleische selbstgenügsamer Salonlinker, One-World-Utopisten und bequemlicher Pauschaltoleranter. Buzzo bezeichnet sich selbst als „Classic Liberal“, auch das Gespräch ist ein Dokument des typisch US-amerikanischen Credos der Selbstverantwortung, Eigeninitiative, individuellen Freiheit und Marktfreiheit. Das Interview fand am 11. September 2014 in Zürich in der Linken-Hochburg Rote Fabrik statt.

 

JS: King Buzzo, schön dass es klappt! Deine Vorgänger auf dem Diktiergerät sind Arnold Schwarzenegger und Lemmy Kilmister. Zufrieden mit der Nachbarschaft?

BO: Wer soll das sein? Nie von ihnen gehört. (grinst in sich hinein)

Nun, äh, beide sind wie Du im Entertainment-Sektor tätig…

Sagt mir überhaupt nichts. (grinst tiefer in sich hinein)

Naja, wie dem auch sei: Der Typ namens Lemmy – ein schrulliger Brite – bezeichnet sich selbst als Anarchisten. Dabei ist er ziemlich konservativ. Ist das nicht ein Widerspruch?

Konservatismus und Anarchismus sind nicht grundverschieden. Aber wenn es so etwas gibt wie „konservativen Anarchismus“, würde ich das eher „Classic Liberalism“ nennen.

Bestens, genau darüber wollte ich mich mit Dir unterhalten.

Ich kann schon etwas dazu sagen. Aber ich mag es nicht, allzuviel über Politik zu sprechen. Denn die Leute hassen meine Meinung dazu. Du kannst mich natürlich fragen, was Du möchtest – aber ich werde darauf antworten, was ich möchte. (lacht)

Ok, beginnen wir besser mit einer politikfernen Frage: Was ist die Vorgeschichte zu Deinem neuen Solo-Album This Machine Kills Artists?

Ich hatte schon seit langer Zeit geplant, ein Akustik-Album aufnehmen. Ich war mir nur nicht sicher, wie ich es anstellen sollte. Dann kam vor mehr als einem Jahr die Firma Ernie Ball[2] auf mich zu. In einer Veranstaltungsreihe lädt sie Musiker dazu ein, einen Song unverstärkt in einem ihrer Läden zu spielen. Also habe ich einen Song gewählt, ihn live ausprobiert, Ernie Ball hat den Mitschnitt online gestellt, alles hat gut geklappt – da dachte ich mir, ok, schreibe ich doch mal ein paar Akustik-Songs. Ich schrieb vier und nahm zusätzlich zwei Melvins-Songs auf einer 10-Inch-Platte auf. Diese EP wurde in einer Auflage von 500 Exemplaren veröffentlicht und kam gut an. Ich beschloss also, es mit einer Tournee zu versuchen und gab zunächst 19 Konzerte an kleinen Veranstaltungsorten in den Vereinigten Staaten. Auch das lief gut. Also habe ich eine große Tour organisiert und im Juni dieses Jahres This Machine Kills Artists veröffentlicht.

Du hast dafür einen neuen Stilbegriff erfunden – „Molk“. Was hat es damit auf sich?

„Molk“ bedeutet „Heavy Metal Folk“. Ich weiß nicht, ob irgendjemand sonst etwas Vergleichbares macht. Mein Job ist es jedenfalls, den Leuten zu zeigen, dass Molk möglich ist. Auf dem Papier liest es sich ja nicht so, als könne es gelingen. Die meisten Rockmusiker spielen Akustikgitarre so (verzieht das Gesicht und imitiert kraftlose Schrammelbewegungen): Nä-nä-nä-nä-nä-nä. Furchtbar, dieser Singer-Songwriter-Müll. Oder sie verlegen sich auf Country. Ich wollte etwas Neues, etwas Anderes machen.

Was steckt hinter dem Albumtitel? Du hast ihn, leicht verändert, von Woody Guthrie entlehnt.[3]

Nun, der Titel ist in erster Linie lustig. Das ist die Hauptsache.

Geht es wirklich nur um Humor? Steckt nicht mehr dahinter?

Ohne ins Detail gehen zu wollen: Woody Guthrie war Sozialist und Antifaschist. Also frage ich mich: Wie definierte er den Faschismus? Faschismus ist doch die Basis des Sozialismus! Wenn Guthrie gegen den Faschismus war, hätte er eigentlich für den freien Markt sein müssen. Faschismus bedeutet, dass die Regierung die Wirtschaft (all business) kontrolliert. Was wiederum das ist, was die Kommunisten gemacht haben

Kommunismus und Faschismus sind für dich die zwei Seiten einer Medaille? Das ist eine typisch angloamerikanische Sicht. Hier sieht man sie eher als konkurrierende Systeme.

In Wahrheit gibt es keinen wirklichen Kommunismus. Das Kommunistische Manifest ist doch absurd! Ich begreife nicht, wie irgendjemand das jemals hat ernst nehmen können. Sollte ich wirklich glauben, dass ein Typ, der irgendwelche Gräben aushebt, das gleiche Gehalt bekommt wie ein Typ, der Medizin studiert und Hirnchirurg wird? Das führt doch dazu, dass ich mich nicht anstrenge, nicht härter arbeite als die Anderen. Wer den Profit als Antrieb verleugnet, erreicht gar nichts. Warum sollte er auch. Was mich alles in allem zu dem Schluss führt, dass Woody Guthrie keine Ahnung hatte, was der Faschismus ist.

Womit wir doch bei der Politik sind. Wie definierst du also den „Classic Liberalism“, der ja offenkundig deine favorisierte politische Haltung ist?

Für mich bedeutet „Classic Liberalism“, dass ich mich nicht darum schere, was du tust. Du kannst machen, was immer du möchtest. Wenn du Tequila und Feuerzeugbenzin trinken und dazu twinkies essen möchtest, ist das deine Sache. Erst wenn du eine Linie überschreitest und anderen damit schadest, ist es nicht mehr hinnehmbar. Aber dir zu erzählen, was du tun und lassen sollst? Das nenne ich Wahnsinn. Wenn du an der Straßenecke sitzt und Heroin spritzt, was geht es mich an? Wenn du hingegen an der Straßenecke sitzt und dich in jemandes Angelegenheiten einmischt, ist das ein Eingriff in dessen Rechte. Damit bin ich nicht einverstanden. Die Straße gehört allen. Niemand hat das Recht, das zu ändern. Und wenn jemand auf die Straße geht und protestiert, heißt das nicht, dass er mehr Ahnung hätte als die Leute, die es nicht tun. Die Politiker wissen nur zu gut, dass solche Proteste ohne Bedeutung sind. Deshalb lassen sie sie ja zu. Man schadet seinen Anliegen nur, wenn man sich aufführt wie ein fucking animal.

Nun sitzen wir gerade in der Roten Fabrik, einer der letzten linken Bastionen in Zürich. Es ist schon ironisch, dass Du gerade hier, nun ja, ziemlich antilinke Positionen vertrittst.

An diesem Ort [der Roten Fabrik] gibt es mehr Regeln als irgendwo sonst. Es ist wie mit den Atheisten – sie reden die ganze Zeit über Gott!

Manche Atheisten versuchen sogar, uns zu überzeugen, dass Gott nicht existiert…

Genau! (lacht) Um auf die Regeln zurückzukommen: Bei mir verhält es sich so, dass ich oft gar nicht weiß, dass ich etwas nicht tun will, bis man mir sagt, dass ich es tun soll. (lacht schallend)

Du und The Melvins seid, ungeachtet eures Avantgarde-Rufs, ein Teil der Popindustrie. Sind deren Vertreter nicht mehrheitlich linksliberal? Gerade im alternativen Bereich?

Ja, und das ist ziemlich einseitig. Genau deshalb rede ich ja über all das! Ich bin ein Klassischer Liberaler. Sie hingegen sind Faschisten, Hardcore-Faschisten! Sie wollen Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben!

Du musst Dich mit dieser extremen Haltung im Popbetrieb ziemlich einsam fühlen…

Absolut einsam! Es gibt kaum jemanden, der die wirkliche Bedeutung des Wortes „liberal“ kennt. Denk an die Französische Revolution. Ich bin zwar überhaupt kein Experte für dieses Thema. Aber hat die Revolution nicht 40’000 Menschen den Kopf gekostet, und zwar in einem einzigen Sommer? Und waren nicht 70 Prozent dieser Menschen einfache Bauern? Die nichts weiter getan hatten, als Nahrungsmittel zu horten? Die wurden dafür geköpft! So begann der ‚Liberalismus‘! (lacht teuflisch) Und er endete damit, dass sich Napoleon zum Kaiser krönen ließ! (lacht noch teuflischer) Edmund Burke schrieb, wie wahnsinnig das sei. Und er hatte Recht.

Amüsant also, dass man Burke für einen „Konservativen“ hält.

Klar war er ein Konservativer. Aber für mich bedeutet Konservatismus, dass alles so lange beim Alten bleiben soll, bis es bessere Alternativen gibt.

Konservatismus und Progressivismus schließen einander also nicht aus? In Bayern prägte ein Politiker dafür einst den Slogan „Laptop und Lederhose“.

Keine Ahnung, was in Bayern passiert. Die amerikanischen Progressivisten jedenfalls glaubten an „geneology“.[4] Darauf gründete auch das Dritte Reich. Typen wie der frühere Präsident Woodrow Wilson meinten, dass es einen Unterschied mache, welcher Rasse man angehöre. Ohne dieses Denken hätte es das Dritte Reich nicht geben können. Aber wie gesagt: Ich bin kein Experte für diese geschichtlichen Themen. Mein Expertengebiet ist die Musik. Verlasse ich dieses Gebiet, wird es schnell absurd. Aber! Das Gleiche kann man zum Beispiel über Noam Chomsky sagen. Er ist eigentlich Linguist. Warum sollte man sich um seine politische Meinung scheren? Die Leute, die das, was er sagt, gutheißen, hören darin nur die Antworten, die sie hören wollen. Sie suchen gar nicht erst weiter. Und das weiß er. Dabei hat sich dieser vermeintliche Pentagonkritiker sogar vom Pentagon bezahlen lassen![5] Für mich ist er ein Scharlatan. Das Gleiche gilt für Howard Zinn und Saul Alinsky. Ich glaube nichts von diesem ganzen Schwachsinn!

Dabei bist du kein Antiintellektueller. Die Bücher von Thomas Sowell schätzt Du.

Ich verehre Sowell sogar. Für mich ist er der größte Philosoph unserer Zeit.

Hierzulande ist er kaum bekannt.

Auch in Amerika ist er weitgehend unbekannt. Ich war von seinen Büchern fasziniert, lange bevor ich wusste, dass er ein Schwarzer ist. Er ist Philosoph, hat aber auch einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften.

Was fasziniert Dich so an Sowell?

Tja, er war einmal Marxist – bis er begann, für die Regierung zu arbeiten. Da haben wir’s. Die Regierung ist dem privaten Sektor auf keinem Gebiet überlegen. Naja, vielleicht auf dem militärischen. Aber das war’s. Das habe ich von Sowell, der übrigens bei Milton Friedman studierte, gelernt. Diese beiden Denker haben mir gezeigt, dass nicht etwa die Regierung Verantwortung hat. Du hast Verantwortung. Ich habe Verantwortung. Das Gebäude, in dem wir sitzen, hat keine Verantwortung. Die Regierung ist nicht dafür verantwortlich, jemanden durchzufüttern oder ihm ein Dach über dem Kopf zu verschaffen. Ich bin dafür verantwortlich. Du bist dafür verantwortlich.

Leichter gesagt, als getan. Ich jedenfalls kann keine Dächer bauen. Was du sagst, kommt dem nahe, was Margret Thatcher in ihrem berühmten Interview von 1987 behauptete: „And who is society? There is no such thing. There are individual men and women and there are families and no government can do anything except through people…“

Ich hatte einmal eine interessante Konversation mit der Frau eines berühmten und reichen Rockstars. Ich nenne keine Namen. Ich sagte ihr, dass der Wohlfahrtsstaat in den Vereinigten Staaten bullshit sei. Sie reagierte entsetzt: Ohne staatliche Wohlfahrt müsse ihr Vater auf der Straße leben! Sie quasselte immer weiter, da unterbrach ich sie und fragte: Du würdest es wirklich zulassen, dass dein Vater auf der Straße leben müsste? Liegt es nicht in deiner Verantwortung, dich um deinen Vater zu kümmern? Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie darüber noch nie nachgedacht.

Der Staat soll sich also aus allem heraushalten?

Warum sollte es in Ordnung sein, dass einem die Regierung Geld aus der Tasche zieht für Angelegenheiten, mit denen man nichts zu tun hat? Nein, das ist nicht in Ordnung. Im Gegenteil: Das ist Diebstahl! Und damit einher geht unausweichlich massive Korruption. Deswegen bin ich ein entschiedener Gegner von staatlicher Kunst- und Kulturförderung. Andererseits bin ich nicht reich. Also nehme ich, was kommt. Ich bin nicht in der Position, Fördermittel abzulehnen. Aber wenn ich mehr Geld hätte, als ich bräuchte, würde ich niemals Kulturförderung akzeptieren. Niemals. Wenn es nach mir ginge, sollte damit Schluss sein. Die Entscheidung darüber, wer Fördermittel bekommt und wer nicht, ist doch willkürlich. Und stets folgt die Korruption auf dem Fuße. Dieser Ort hier wird vom Staat gesponsert. Aber der Staat gibt nicht nur Geld, er gibt auch Regeln vor.

Die Rote Fabrik wurde 1980 nach massivem Druck der Linken, die nach Freiräumen verlangten, eröffnet. Heute ist sie tatsächlich ein subventionierter Bestandteil der Zürcher Stadtkultur. Andererseits wird sie durch die IG Rote Fabrik basisdemokratisch verwaltet. Es gibt hier also durchaus eigene Regeln, trotz staatlicher Subventionen.

Naja, alles in allem ist das doch Anarchie mit staatlichem Plazet. Aber natürlich bin ich kein Schweizer und spreche nur für die Vereinigten Staaten. Und mit Blick auf diese bleibe ich dabei: Ich bin absolut gegen Kunst- und Kulturförderung. Sie ist ganz einfach ungerecht. Denn es gibt Leute, die dagegen sind. Und die trotzdem dafür zahlen müssen.

Gleichwohl bist Du ein Patriot, wie aus zahlreichen Interviews hervorgeht. Gibt es ein Land, das du den Vereinigten Staaten vorziehen würdest? Könntest du anderswo leben?

Nein. Es ist modisch geworden, das Land, in dem man lebt, zu verachten. Gerade im Westen. Natürlich gibt es eine lange Liste mit Dingen, die mir an den Vereinigten Staaten nicht gefallen. Aber auch eine lange List mit Dingen, die mir gefallen. Zum Beispiel, dass das Land noch immer sehr viele Chancen bietet. Wir sind ein junges Land, wir arbeiten noch an uns. Wir haben einen schwarzen Präsidenten und fühlen uns ziemlich fortschrittlich – in anderen Teilen der Welt nimmt man uns jedoch ganz anders wahr. Aber es wird so schnell keinen schwarzen Präsidenten in der Schweiz geben. Nicht in England. Nicht in Frankreich. Nicht in Deutschland. Nicht in Japan. Nicht in Australien. Ob zum Besseren oder zum Schlechteren – wir sind den Anderen weit voraus.

Der Rassismus in den Vereinigten Staaten ist aber mitnichten ein Thema von gestern, siehe die aktuellen Vorkommnisse in Ferguson.

Das stimmt. Doch da ist noch eine andere Seite. In den Vereinigten Staaten sind manche Rassismuskritiker sehr darauf bedacht, dass der Rassismus weiter besteht. Denn sie haben ihre Karrieren darauf aufgebaut, zu beklagen, wie rassistisch alles sei. Damit verdienen sie ihr Geld. Dabei ist es nun mal so: In den Vereinigten Staaten kann ein Schwarzer Präsident werden. Die Debatte ist vorbei! Es ist ganz einfach möglich.

Auch hier spüre ich den Einfluss Sowells. In seiner Real History of Slavery plädiert er dafür, die Sklaverei, welche in der Öffentlichkeit überwiegend mit der Geschichte der Vereinigten Staaten in Verbindung gebracht wird, im internationalen historischen Kontext zu sehen. Das, so Sowell, relativiere die Schwere der Schuld des Westens.

Ich bin Realist. Schauen wir auf den heutigen Mittleren Osten. Da ist massiver Rassismus an der Tagesordnung. Für die haben wir keinen Schwarzen, sondern einen Nigger als Präsidenten. Man respektiert dort nicht einmal Frauen! Auch Sklaverei ist bis heute weit verbreitet. Dass man Ethnien aus fernen Gegenden der Welt versklavte, war ein relativ neues Phänomen. Für gewöhnlich hat man seine eigenen Leute versklavt. Schon die Mayas und Azteken hatten Sklavenarbeit, aber die Sklaven stammten aus der Nähe.

Du hast einmal gesagt, dass man nicht gerade Entertainer befragen solle, wenn es um Politik geht. Nun sitzen wir schon eine halbe Stunde hier, wollten eigentlich nicht über Politik reden und reden fast nur – über Politik! Sind Entertainer nicht doch oft heimliche Politiker? Der Autor Georg Seeßlen hat einmal den klugen Satz gesagt: „Über der Frage, wie viel Showbusiness die Politik enthält, wird leicht diejenige danach vergessen, wie viel Politik das Showbusiness enthält.“

Oh nein, nein, nein. Es ist immer dasselbe. Wenn ich über Politik rede, missverstehen die Leute, was ich sage. Dann heißt es (flüstert): Oha, Buzz Osborne ist ein Rechter! Aber das Rechts-Links-Schema existiert nicht mehr. George W. Bush und Obama sind einander ähnlicher, als man denkt. Was sage ich: Obama ist zehn Mal schlimmer als Bush! Denn er wähnt sich auf der Seite der moralisch Überlegenen.

Für dich hat die Wahl Obamas also keine historische Bedeutung?

Thomas Sowell hat es auf den Punkt gebracht. Er sagte, es sei ihm egal, dass man einen Schwarzen zum Präsidenten gewählt habe. Er wünsche sich einen guten Präsidenten. Der erste Schwarze, die erste Frau – who gives a shit. Mir hilft das nicht weiter. Und wird sich der Mittlere Osten darüber freuen, wenn wir dereinst eine Frau als Präsidentin haben? Sicherlich nicht. George W. Bush war so dumm zu glauben, dass eine schwarze secretary of state[6] im Mittleren Osten Gehör finden würde. Wie naiv kann man sein! Und dann verstehe ich nicht, warum Frauenrechtlerinnen zum Islam schweigen. Kein Wort! Fuck that! Alleine schon die Art und Weise, wie die islamische Welt mit Frauen umgeht, empfinde ich als barbarisch. Wie können wir in den Begriffen der political correctness über totale Barbarei sprechen? Ich jedenfalls kann es nicht. Fuck that! Wenn wir es tatsächlich mit einer friedfertigen Religion zu tun haben, dann soll sie Frieden schaffen. Und wenn innerhalb dieser ansonsten friedfertigen Religion ein paar Anhänger durchgeknallt sind, sollte sich die Religion darum kümmern und das Problem lösen. Warum passiert das nicht? Weil viele heimlich mit den Durchgeknallten sympathisieren.

Geht es hier nur um den Islam – oder um ein Beispiel für Religionen im Allgemeinen?

Ich hasse die Religion als solche. Wenn Du auch nur eine deiner politischen Ideen auf eine spezielle Religion gründest, bist Du, wenn es nach mir geht, ein fucking idiot. Das gilt auch für das Christentum. Aber um die Christen mache ich mir gerade weniger Sorgen…

 

Anmerkungen


[1] Heutige Besetzung. 1993 bedienten Lori Black und Mark Deutrom den Bass. Für das kommende Album Hold it in verpflichteten The Melvins Paul Leary (Butthole Surfers).

[2] Hersteller von Gitarrensaiten.

[3] Woody Guthries Gitarre trug die Aufschrift „This Machine Kills Fascists“.

[4] King Buzzo gebraucht den mir unbekannten Begriff „geneology“. Gemeint ist wohl Eugenik.

[5] King Buzzo bezieht sich auf eine Debatte über die Finanzierung von Chomskys Forschungen durch das Pentagon, siehe u.a.: www.libcom.org/history/noam-chomsky-politics-or-science

[6] Gemeint ist Condoleezza  Rice.

 

 

Jörg Scheller ist Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste.