Mode Maivon Gabriele Orsech28.5.2015

Culture Club

Die kommende Wintersaison liefert wenig Futur, dafür aber eine geschmackvolle und hochästhetische Gegenwart! Tragbarkeit und Verkäuflichkeit prägen die Saison und es ist wahr, dass die meisten Designer auf Sicherheit setzen. Allerdings ist der Spagat zwischen Kommerzialität und Anspruch gelungen. Die Kollektionen sind durchdacht und modern.

Globalisierung und Vernetzung sind auch in der Mode wichtige Aspekte, in der wahre Innovation im Moment nur durch Cross-Over-Einsätze bzw. Kontraste entsteht. Längst zeigen sich deshalb ethnische Einflüsse nicht nur in Sommerkollektionen, wofür dieser Winter ist ein gutes Beispiel liefert. Das wohl farbenfrohste und musterreichste Thema der Saison setzt die Inspirationen unterschiedlicher Länder, Stile und Zeiten immer hochmodern um.

Sie reichen von festlicher Folklore über Wild-West-Anleihen bis zu archaischen Vorbildern. Indianische oder Cowgirl-Zitate zeigen sich bei Lederfransen, Nieten oder Macramé-Techniken, indische und „hippieske“ Einflüsse bei Spiegeldekorationen, Stickereien und Layerings. Patchwork, Lammfell, Leder und jede Menge „Print & Pattern“ zieren die Teile. Es sind die Kombinationen aus unterschiedlichen Produktgruppen, die diesen Look ausmachen. Das Ergebnis ist vielfältig, aber nicht overdone, farbig, aber nicht zu laut.

Diese Vielfalt zeigt sich besonders im Materialsektor. Reichhaltig bestickte und mit Pailletten versehene Oberflächen stehen neben Nappa- und Velourleder oder Kuhfell. Den Dessinierungen sind ebenfalls keine Schranken gesetzt. Klassisches und re-interpretiertes Paisley steht neben orientalischer Ornamentik und Floral-Motiven. Applikationen, Schnürverschlüsse, Troddeln und gequiltete Qualitäten runden das Bild ab. Die Accessorierung folgt den Kollektionen: Stiefel und Satteltaschen zeigen sich ebenfalls in Pelz, Kuhfell und Reptilleder.

Der Sommer deutete die Vorliebe für diese stilistische Weltreise bereits an: Die Kollektionen von Marni, Margiela und Barbara Bui spiegeln asiatische Zitate wider, während Givenchy, Gucci und Etro sich eher durch Western-Interpretationen und indianische Einflüsse hervorheben:

 

Barbara Bui

Barbara Bui

 

Marni

Marni

 

Maison_Martin_Margiela ready to wear spring summer 2015 Paris  september 2014

Margiela

 

Etro

Etro

 

Givenchy

Givenchy

 

Gucci

Gucci

 

Wahrscheinlich liegt der Schlüssel zum Erfolg in der narrativen Kraft der Vorbilder. Ähnlich wie wir es von den zahlreichen Retro-Styles kennen, erfüllen ethnische Inspirationen – die sich ästhetisch ja auch gerne mit Vergangenem paaren- auch den Aspekt der Verkleidung und Veränderung. Die Bandbreite an Auslegungen bzw. Umsetzungen ist ebenfalls groß. Glücklicherweise bewegen sich die meisten Kollektionen nicht zu nah am Original, sondern brechen den Look durch Kontraste und einen innovativen Materialeinsatz.

Zeitgemäße Interpretationen, die zum Teil bis in das Evening-Segment vordringen, finden wir bei Dries van Noten, Marni und Lanvin, während Burberry und Valentino sich bewusst folkloristisch geben:

Dries van Noten

Dries van Noten

Marni

Marni

Lanvin

Lanvin

Burberry Prorsum

Burberry Prorsum

Burberry Prorsum

Burberry Prorsum

Valentino

Valentino

 

Gabriele Orsech: Akademieleitung des Design Department und Kreativdirektor der „Next Look“-Trendpublikationen