Just call me Lucifer
Vor genau 100 Jahren stürzten Wladimir Lenins Bolschewiki die Provisorische Regierung, die Russland nach der Abdankung des letzten Zaren Nikolaus II. im Februar 1917 für wenige Monate mehr schlecht als recht geführt hatte. Fünf Jahrzehnte später nahmen die Rolling Stones mit „Sympathy for the Devil“ ein Lied auf, das sich unter anderem darauf bezieht und bis heute in ihren Livekonzerten dargeboten wird. Weit weniger bekannt als die Musik sind aber die literarischen Ursprünge und Hintergründe des Stückes, das die Musikzeitschrift „Rolling Stone“ immerhin auf Rang 32 ihrer Liste der „500 Greatest Songs of All Times“ gesetzt hat.
An der Kreuzung von Populärkultur und Weltliteratur
Die Einleitung – „Please allow me to introduce myself, I’m a man of wealth and taste“ – zeigt Parallelen zu Michail Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita“, in dem ein in der Maske eines weltgewandten Ausländers auftretender Teufel unvermittelt den beiden Schriftstellern Berlioz und „Besdomny“ (ein Pseudonym, zu Deutsch „Obdachloser“) erscheint, die in einem Park gerade die Frage diskutieren, ob Jesus Christus als historische – also nicht nur mythische – Gestalt gelten kann: „Entschuldigen Sie bitte, wenn ich, ohne Sie zu kennen, mir die Freiheit nehme…“ „Sympathy“ erwähnt dann Jesus und seinen römischen Richter Pontius Pilatus, deren Begegnung im zweiten Kapitel des Romans ihren Anfang nimmt. Bevor er zur Revolution in Russland übergeht, räumt der Erzähler des Songs, eben der Teufel, ein, dass seine Zuhörer verwirrt sein könnten („But what’s puzzling you is the nature of my game“). Ein ähnliches Symptom zeigt auch Besdomny: „Was zum Teufel will er eigentlich?“. Bulgakows bizarrer Humor durchdringt noch die Details der Konversation. So erklärt der Teufel (bei Bulgakow „Voland“) auf eine entsprechende Nachfrage, „wohl Deutscher“ zu sein, und gibt als Beruf „Spezialist für schwarze Magie“ an.
Nicht täuschen lassen sollte man sich von der Höflichkeit des Teufels bei Bulgakow wie bei den Stones. Höflichkeit ist ja, so Ambrose Bierce desillusionierend in seinem „Wörterbuch des Teufels“ (1906/1911), „die annehmbarste Heuchelei“. Mit dieser „Höflichkeit“ – besser: Scheinheiligkeit – will der Teufel seine künftigen Opfer nur in Sicherheit wiegen und einlullen.
Der Literatur- und Medienwissenschaftler Jochen Hörisch fand in „Sympathy“ eine Anspielung auf Johann Wolfgang von Goethes „Faust I“ – konkret: auf jene bekannte Szene (Kapitel 6), in dem Mephistopheles dem Gelehrten erstmals gegenübertritt. Mephistopheles bemängelt zunächst, von Faust überhaupt nach seinem Namen gefragt worden zu sein: „Die Frage scheint mir klein / Für einen, der das Wort so sehr verachtet.“ Doch Faust lässt nicht locker: „Bei Euch, ihr Herrn, kann man das Wesen / Gewöhnlich aus dem Namen lesen / Wo es sich allzu deutlich weist / Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lügner heißt. Nun gut, wer bist du denn?“ Mephistopheles antwortet mit dem längst sprichwörtlich gewordenen Reim (den Bulgakow seinem ganzen Roman als Motto voranstellt): „Ein Teil von jener Kraft / Die stets das Böse will und stets das Gut schafft.“ Mepistopheles nennt also nicht seinen Namen, scheinen ihm doch seine Fähigkeiten und Funktionen wichtiger. Allerdings sind sich die Charaktere von Mephistopheles und Voland durchaus unähnlich. Letzterer verkörpert nicht wirklich das Prinzip des Bösen und des Verführers, der seine Opfer vom „rechten Weg“ abbringt, sondern eher rächende Gerechtigkeit: Er entlarvt und bestraft große und kleine Verbrecher, die betrügen, unterschlagen und stehlen, denunzieren und morden.
Stones-Sänger Mick Jagger freilich lüftet – wenngleich erst gegen Ende von „Sympathy“ – das längst offene Geheimnis um seine Identität: „Just call me Lucifer“. Vorher bezieht sich der Text des Stückes, das übrigens ursprünglich „The Devil is my Name“ heißen sollte, auf spektakuläre Morde und andere blutige Ereignisse in der Geschichte der Menschheit aus der Perspektive des – aufgrund seiner Langlebigkeit, wenn nicht Unsterblichkeit („I’ve been around for a long, long years“) stets am Ort spektakulärer Ereignisse präsenten Teufels, darunter den Prozess gegen Jesus („Made damn sure that Pilate washed his hands to seal his fate“), europäische Religionskriege („I watched with glee while your kings and queens fought for ten decades for the gods they made“), den Zweiten Weltkrieg („I rode a tank, held a general’s rank when the blitzkrieg raged, and the bodies stank“) sowie die Revolution in Russland vor genau 100 Jahren und die Ermordung von Nikolaus II sowie seiner ganzen Familie einige Monate später („I stuck around St. Petersburg when I saw it was a time for a change / Killed the Tsar and his ministers / Anastasia screamed in vain“). Dieser Vers, der einzige explizite Hinweis im ganzen Song auf Russland, erwähnt also das im Westen wohl bekannteste Kind Nikolaus’: die 17jährige Anastasia sollte ja gerüchteweise überlebt haben, und mehrere Betrügerinnen (am bekanntesten wurde Anna Anderson ab 1922) gaben sich in der Folge als „Überlebende“ aus. DNA-Tests haben das freilich längst widerlegt.
Jagger reagierte während der Aufnahmesessions von „Sympathy“ noch insofern auf die Ermordung von Robert Kennedy am 5. Juni 1968, als er die Zeile „I shouted out who killed Kennedy“ (gemeint: dessen Bruder, US-Präsident John F., im Jahre 1963) in „I shouted out who killed the Kennedys“ änderte. Zudem herrscht in der von Jagger/Luzifer beschriebenen Welt offenbar Konfusion, alles scheint möglich: „Every cop is a criminal / And all the sinners saints.“ Solche Zeilen waren dem damaligen (nicht zuletzt dank ihres Managers Andrew Loog Oldham kultivierten) Ruf der Stones, eine subversive Gruppe zu sein, nicht gerade abträglich. Mit der Realität dürfte das freilich wenig zu tun haben. Zwar bemängelte Jagger an John Lennon (der wiederum seine Beatles 1966 mit Jesus – dem Antipoden des Teufels – verglich), nie Karl Marx gelesen zu haben. Allerdings war auch Jaggers eigener Lebenswandel nie irgendwie „revolutionär“. So traf er sich gerne mit Großbritanniens erzkonservativer Premierministerin Margaret Thatcher, von der er sich „begeistert“ zeigte. Der Umstand, dass Jagger politisch immer schwer einzuordnen war, lag auch und gerade an seiner Begabung für Sarkasmus und Selbstironie. Schon in „Street Fighting Man“, oft fälschlich als Hymne auf die Revolte verstanden, hatte er die eigene Attitüde verhöhnt („What can a poor boy do than to sing for a rock’n’roll band?“). Und Hörisch urteilte überhaupt, dass es zu den „unsterblichen Verdiensten“ der Stones gehöre, „eine ganze Generation übermoralisierter 68-er-Jugendlicher mit dem bösen Kapitalismus versöhnt“ zu haben.
An den Quellen von „Sympathy“
Es ist wahrscheinlich, dass Jaggers damalige Freundin Marianne Faithfull die Inspiration zu „Sympathy“ geliefert hat. Sie selbst gab an, dass der Song aus Jaggers Lektüre von „Meister und Margarita“ entstanden sei. Jagger habe insbesondere am Glamour von Bulgakows Satan Gefallen gefunden. Der US-Autor Rich Cohen meinte, dass „Der Meister und Margarita“ mit „versteckten Hinweisen und Signalen, die direkte Anspielungen auf die Stones sein könnten“, gefüllt sei. Vermutlich deshalb fühlte sich Jagger von dem Werk so angezogen.
Der Stones-Frontmann selbst sagte bei einem Interview 1995, dass die Grundideen zu „Sympathy“ vom französischen Dichter Charles Baudelaire (1821-1867) stammen könnten, doch sei er sich nicht mehr sicher. „Wenn ich mir meine Baudelaire-Bücher ansehe, finde ich es dort nicht.“ In dem Dokumentarfilm „Crossfire Hurricane“ von 2012 meinte Jagger, bei „Sympathy“ von Baudelaire und Bulgakow beeinflusst gewesen zu sein. Jedenfalls bescheinigte Jagger sein britischer Biograph Philip Norman, „einen der ganz wenigen klassischen Songtexte“ verfasst zu haben.
Bulgakow und sein Hauptwerk
Michail Bulgakow wurde 1891 in Kiew geboren, wo er auch Medizin studierte. Zur Zeit des Russischen Bürgerkrieges (1918-1920) wurde er in verschiedene sich bekämpfende Armeen als Militärarzt einberufen. Im Februar 1920 beschloss er, sich ausschließlich dem Schreiben zu widmen. Im Folgejahr übersiedelte er nach Moskau, 1923 trat er in den sowjetischen Schriftstellerverband ein. Ab 1930 gelang es ihm aber kaum noch zu publizieren und seine Theaterstücke auf die Bühne zu bringen, sodass er in Armut lebte. Seit 1929 hatte Bulgakow konkrete Pläne, die UdSSR zu verlassen, doch ließen ihn die Behörden nicht gehen. Verhaftet wurde er allerdings – im Unterschied zu vielen anderen Schriftstellern und Intellektuellen – nicht einmal am Höhepunkt des Staatsterrors 1937-1938, was angesichts seines Rufes, ein „Bürgerlicher“ und Gegner der Revolution ohne Sympathie für den in Kunst und Literatur längst allseits verbindlichen „Sozialistischen Realismus“ zu sein, durchaus erstaunt. Das Verhältnis des sowjetischen Führers Josef Stalin zu Bulgakow war in jeder Beziehung ambivalent. So meinte der „Vater der Völker“ über Bulgakows Theaterstück „Batum“ (über Stalins Jugend), dass es „gut“ sei, aber nicht auf die Bühne kommen solle. Bulgakows 1926 uraufgeführtes Stück „Die Tage der Turbins“, das 1918/19 – und damit während des russischen Bürgerkrieges – in Kiew spielt, sah Stalin 15 Mal.
1928 begann Bulgakow mit der Abfassung von „Meister und Margarita“, einem der bedeutendsten in russischer Sprache verfassten Romane des 20. Jahrhunderts. 1930 verbrannte er die erste Fassung, um im Folgejahr neu zu beginnen. Die Forschung hat sieben verschiedene Fassungen aufgespürt, an denen Bulgakow mit vielen Unterbrechungen arbeitete. Offenbar war ihm bald bewusst, dass das Manuskript zu seinen Lebzeiten nicht zum Druck befördert werden würde. Von Herbst 1937 an bis ins Frühjahr 1938 überarbeitete Bulgakow die sechste Fassung des Romans von 1936. Die siebente, 1938 vollendete Version ist im Wesentlichen die letzte. Allerdings revidierte sie Bulgakow noch an verschiedenen Stellen und fügte Ergänzungen und einen „Epilog“ hinzu, sodass sich die Arbeit bis zu seinem Tod 1940 erstreckte; er konnte sein Opus magnum nicht mehr zu Ende korrigieren.
Der Roman wurde in der UdSSR, freilich erheblich zensiert und gekürzt, erstmals 1966/67 in zwei Teilen von der Literaturzeitschrift „Moskva“ (Moskau) veröffentlicht und geriet sofort zum Kult. Noch 1967, also vor genau 50 Jahren, erschien eine englische Übersetzung. Auf Deutsch wurde das Buch zum bisher letzten Mal 2014, und zwar in einer Neuübersetzung von Alexander Nitzberg, aufgelegt.
„Der Meister und Margarita“ entwickelt sich auf drei miteinander verwobenen Handlungsebenen. Die erste ist zu einer nicht näher bezeichneten Zeit (vermutlich die 1930er Jahre) in Moskau angesiedelt und wird von den Aktionen Volands und seines Gefolges dominiert. Die zweite Ebene schildert das Schicksal eines Schriftstellers – eben des „Meisters“, dessen Namen man nicht erfährt – und die Anstrengungen seiner Geliebten Margarita, ihn und seinen ungedruckten Roman zu retten. Das gelingt schließlich, weil sie sich von Voland als Königin auf seinem Satansball engagieren hat lassen und dafür einen Wunsch äußern darf. Die dritte Ebene spielt in Jerusalem vor fast 2.000 Jahren im Umfeld der Hinrichtung von Jesus (bei Bulgakow – „Jeschua“). Allerdings ist nicht er die zentrale Figur, sondern der Präfekt (bei Bulgakow: „Prokurator“) im unruhigen Judäa, Pontius Pilatus (von dem wiederum der Roman des Meisters handelt). Dabei äußern die Unterdrückten – wie Jeschua gegenüber Pilatus, der auf sein schlechtes Image großen Wert legt („ … flüstert man sich zu, ich sei ein grausames Ungeheuer, und das ist vollkommen richtig“) – ketzerische Ideen: „Ich habe […] gesagt, dass von jeder Staatsmacht den Menschen Gewalt geschehe und dass eine Zeit kommen werde, in der kein Kaiser noch sonst Macht hat.“ Offenbar ließ Bulgakow hier und an vielen anderen Stellen Autobiographisches einfließen. Manche Interpretationen erblickten in Voland Stalin (weil beide „allmächtig“ seien) und Bulgakow selbst im Meister. Das lässt sich aber kaum aufrechterhalten, wäre es doch, wie etwa der russische Literaturwissenschaftler Benedikt Sarnow in seiner voluminösen Untersuchung „Stalin und die Schriftsteller“ (Moskau 2011) betont, mit Bulgakows Sicht auf Stalin und den von diesem veranlassten Staatsterror völlig unvereinbar gewesen. Im Unterschied zu Stalin weckt Voland durchaus positive Assoziationen – eben „Sympathy for the Devil“. Und in den postsowjetischen russischen Verfilmungen des Bulgakow-Stoffes wurde Voland meist von auf positive Helden abonnierten Schauspielern dargestellt.
Ein Teufel in den Rolling Stones?
Der britische Photograph Tony Sanchez gab über seine acht Jahre als Keith Richards’ „Assistent“ 1979 ein Buch heraus, das 1983 ausgerechnet als „Sympathy for the Devils. 30 Jahre mit den Rolling Stones“ auf Deutsch erschien und „Sympathy“ als „enge Begegnung zwischen Rock ’n’ Roll und Voodookult“ bezeichnete. Andere Beobachter meinten auch und gerade aufgrund von „Sympathy“, dass Jagger einem Dämonenkult und/oder Schwarzer Magie gehuldigt habe, was aber Faithfull in ihrer Autobiographie entschieden zurückwies: Der Song sei „reiner Pappmachésatanismus“ gewesen.
Rich Cohen zufolge spielte Jagger durch das Kokettieren mit der Gestalt des Teufels im Umfeld von „Sympathy“ gewollt oder ungewollt auf einen der ältesten Mythen des Blues, dem „Ursprung“ der Musik der Stones (zu dem sie 2016 mit ihrem bislang letzten Studioalbum „Blue and Lonesome“ zurückkehrten), an: Robert Johnson (1911-1938) soll auf einer Kreuzung der beiden Hauptverkehrsstraßen des Coahoma County im US-Bundesstaat Mississippi einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben und so zum Virtuosen an der Bluesgitarre geworden sein (der u.a einen „Me and the Devil Blues“ komponierte). Die Stones wiederum haben natürlich Johnsons Songs gecovert („Love in Vain“, „Stop Breaking Down“).
Besetzung und Musik
Brian Jones machte bei den Aufnahmen von „Sympathy“ in den Londoner Olympic Sound Studios, die der französische Kultregisseur Jean-Luc Godard für seinen Film „One Plus One“ festhielt, kaum noch mit, und wenn, dann fand er sich nicht wirklich in den Song hinein. Da kam Jagger hinzu und zeigte ihm, wie mit der Gitarre umzugehen ist – obwohl der Multiinstrumentalist Jones seinen Bandkollegen ursprünglich klar überlegen war. Auch das zeigte, dass der Exzentriker und von massivem Drogenkonsum gezeichnete Jones, der doch 1962 die Stones gegründet hatte, kaum noch „dazugehörte“. Genau ein Jahr später, im Juni 1969, warfen ihn Jagger und Richards aus der Band, und kaum einen Monat darauf fand man ihn tot in seinem Swimmingpool. Da war die LP „Beggars Banquet“ – mit „Sympathy“ und „Street Fighting Man“, dem „politischsten“ Lied der Stones – schon ein halbes Jahr erfolgreich im Handel.
Richards bediente auf „Sympathy“ neben der für ihn üblichen E-Gitarre auch ausnahmsweise den Bass. Bill Wyman beschränkte sich auf die Maracas und bestritt – zusammen mit Faithfull, Richards Freundin Anita Pallenberg, Jones, Richards, Pianist Nicky Hopkins und Produzent Jimmy Miller – den Hintergrundgesang. Dessen monotone „Woo-Woos“ fügten dem Song nach dem plausiblen Eindruck des US-Autors Douglas Cruickshank eine gewisse „spookiness“ hinzu. Ansonsten hat die am Höhepunkt der „Flower Power“-Ära aufgenommene Musik nichts Erschreckendes oder gar Teuflisches an sich, ja sie ist mit dem Beat eines Samba, der zum Mitsingen und -tanzen einlädt, eindeutig partytauglich. Richards notierte in seiner Autobiographie „Life“ zu den Aufnahmesessions: „Der Song verwandelte sich durch eine Rythmusänderung im Laufe mehrerer Takes von einem dylanesken, ziemlich pathetischen Folksong in einen rockenden Samba und damit von einem Flop in einen Hit.“
Spätfolgen
Das Stück hat bis heute seinen festen Platz im Live-Repertoire der Band. Falsch ist die bis heute mitunter anzutreffende Behauptung, wonach beim Gratiskonzert auf dem Altamont Speedway bei Livermore in Kalifornien am 6. Dezember 1969 der (unter Drogen stehende) Jugendliche Meredith Hunter ausgerechnet während „Sympathy“ von einem der als Ordner engagierten „Hells Angels“ erstochen worden sei: das geschah erst später, und zwar bei „Under My Thumb“. 2006 und 2014 traten die Stones in China auf, wo das Kulturministerium freilich die Aufführung einiger Stücke (darunter etwa „Honky Tonk Women“) verbot; gegen „Sympathy“ und „Street Fighting Man“ hatte es nichts einzuwenden. Die Band bot „Sympathy“ auch bei ihrem ersten Konzert in Havanna, der Hauptstadt des kommunistischen Kuba, am 25. März 2016 dar (und zwar fulminant), währenddessen Totenköpfe, andere Fratzen und lodernde Flammen auf die Bühne projiziert wurden.
In der südostenglischen Stadt Dartford, von wo Jagger und Richards stammen, gibt es seit einigen Jahren nach Stones-Songs benannte Ortsbezeichnungen, darunter einen „Sympathy Vale“. Und natürlich haben zahlreiche Interpreten, darunter Bryan Ferry, Guns N‘ Roses, Motörhead, Ozzy Osbourne, Blood, Sweat & Tears und sogar das altehrwürdige London Symphony Orchestra, „Sympathy“ nachgespielt. Michail Bulgakow könnte immerhin letztere Version gefallen haben: er machte sich nichts aus Unterhaltungsmusik, sondern zog Klassik vor.
Martin Malek, geb. 1965, promovierte 1991 in Politikwissenschaft an der Universität Wien und ist seit 1998 (ziviler) wissenschaftlicher Mitarbeiter der Landesverteidigungsakademie (Wien). Er arbeitet u.a. am Monitoring von ethnischen Konflikten in der früheren Sowjetunion, der Analyse von Sicherheits- und Militärpolitik der früheren Sowjetrepubliken und failed-states-Theorien. Gastforscheraufenthalte in Deutschland, Russland, der Ukraine und den USA.