»Pop. Kultur und Kritik«Themenfelder, Ausrichtung, Herausgeber und Beiräte der Zeitschriftvon Thomas Hecken8.3.2013

Themen und Personen

1. Themenfelder der Zeitschrift

Von »Pop« und »Popkultur« ist seit der Mitte der 1950er Jahre in Amerika und England die Rede, seit den 60er Jahren haben sich die Begriffe rasch international durchgesetzt und sind in Debatten rund um die zeitgenössische Kultur heutzutage schier allgegenwärtig. Pop culture und pop dienen gleich zu Beginn ihrer Verwendung im angloamerikanischen Bereich oftmals keineswegs nur als Kürzel für den Ausdruck popular culture. Eine Bedeutung von popular culture, die geschichtlich weit zurückreicht, soll durch den Gebrauch des Pop-Begriffs nicht selten ausgeschlossen werden.

Nach einer berühmten Aufzählung von Richard Hamilton aus dem Jahr 1957 ist pop art (hier nicht ausschließlich im Sinne von Werken bildender Kunst, sondern im Sinne von Popkultur gemeint): »Popular (designed for a mass audience) / Transient (short-term solution) / Expendable (easily forgotten) / Low cost / Mass produced / Young (aimed at youth) / Witty / Sexy / Gimmicky / Glamorous / Big business«.

Interessant daran ist, dass als Zielgruppe zugleich das Massenpublikum und die Gruppe der Jugendlichen angeben werden. Mit der Popkultur wird demnach frühzeitig eine Abkehr von jener Massenkultur verbunden, die als schichtenübergreifende Überformung und manipulative Versammlung atomisierter Personen gedacht worden ist. Bemerkenswert an Hamiltons Aufreihung ist auch, dass »low cost« mit »glamorous« zusammengeht, wie überhaupt aus der ganzen Reihe deutlich wird, dass die Popkultur – Hamilton denkt vor allem an amerikanische Autos und Illustrierte, an die Werbung und das Produktdesign, Bekannte Hamiltons aus Reihen der Independent Group an Elvis Presley und Science-Fiction-Hefte – nicht per se schäbig, schlicht und primitiv sei.

Nach Auffassung nicht weniger Betrachter, die die Reflexion über die Popkultur inzwischen immens weitergetrieben haben, hat diese sich noch weiter von der ausschließlichen Bindung an die Massenkultur gelöst. Mit »Pop« werden mittlerweile auch recht unpopuläre Gegenstände angesprochen, die allenfalls in kleinen (jugendlichen) Szenen bekannt sind. Andererseits hat sich auch der exklusive Bezug auf die Jugend verloren, von »easily forgotten« kann darum angesichts der auch im Erwachsenenalter fortgeführten Begeisterung und Aufmerksamkeit für historische Bands, Filme und Fernsehserien keine Rede mehr sein.
Gut gehalten hat sich hingegen die Eigenschaftenliste »Witty / Sexy / Gimmicky / Glamorous«, allerdings muss sie beträchtlich ergänzt werden, etwa um »düster, fanatisch, pornografisch, angestrengt, dilettantisch« etc. Ein gemeinsamer Nenner lässt sich hier nicht finden, dafür sind die aufgerufenen Pop-Phänomene von Animal Collective bis Lady Gaga, von River-Cola bis Coca-Cola, vom Nachrichtenmagazinjournalismus bis zur Poptheorie, von perezhilton.com zu pitchfork.com, von Damien Hirst bis Mike Kelley, von H&M bis Tom Ford, von Sarkozy bis zu Obama, von Candace Bushnell bis Stephen King, von Wolfgang Tillmans bis zum Paparazzo, von »30Rock« bis zu »GZSZ« zu verschieden. Deshalb bietet es sich an, andere hoch abstrakte Gemeinsamkeiten herauszustellen, etwa den Vorrang der Künstlichkeit, der Oberflächlichkeit, der Image-Verdichtung, der Berücksichtigung modernster Medientechnologie, der Abkehr vom Glauben an einen unauflöslichen Zusammenhang von Form und Funktion.

Mit dem Konzept »Pop« geht es, anders gesagt, in die Bereiche von Popmusik und Hollywoodkino teilweise ebenso tief hinein wie in die von Marketing und Werbung, Wahlkämpfen und Meinungsumfragen, TV-Serials und Illustrierten, Fantreffen und Internetblogs, Mode und Alltagsdesign, Spektakel und Event, DIY und Kulturindustrie. Über die mitunter in den kunst- und literaturwissenschaftlichen Wissenschaften anzutreffende Konzentration auf Pop-art und Popliteratur muss eine Zeitschrift, die sich ausdrücklich der Popkultur widmet, deshalb weit hinausgehen.

2. Ausrichtung der Zeitschrift

Die Zeitschrift »Pop. Kultur und Kritik« wird sich der wissenschaftlichen Untersuchung und essayistischen Diagnose des gerade umrissenen Bereichs der Popkultur widmen. Angesichts der gesellschaftlichen und ästhetischen Bedeutung dieses Bereichs – und angesichts der in den letzten Jahren enorm angewachsenen feuilletonistischen wie wissenschaftlichen Konzentration auf ihn – stellt solch eine Zeitschrift ein beachtliches Desiderat dar.

Gerade weil es im Feuilleton und in den Wissenschaften längst nicht mehr verpönt ist, sich vormals als »niedrig« abqualifizierten Artefakten und Praktiken zuzuwenden, ist es an der Zeit, sich in einem Organ der Erforschung der Popkultur zu widmen. Es fehlt im deutschsprachigen Raum ein solches Organ, das als Orientierungspunkt für verschiedene Gruppen fungieren kann: Zum einen für Wissenschaftler, die Phänomene der Popkultur von der Warte ihrer jeweiligen Disziplin analysieren, aber auch an Fragestellungen und Ergebnissen anderer Disziplinen interessiert sind; zum anderen für Publizisten und Redakteure, die für das Radio, die Printmedien, das Fernsehen und Internetseiten arbeiten.

Beabsichtigt ist, die Zeitschrift nicht auf die Linie eines methodischen Zugriffs oder gar einer politischen oder ästhetischen Ausrichtung zu bringen. Die Zeitschrift verschreibt sich nicht einem Ansatz, sei es dem der Cultural Studies oder der Frankfurter Schule, der Dekonstruktion oder der Feldtheorie, der dichten Beschreibung oder der Inhaltsanalyse. Zum Versuch, verschiedene wissenschaftliche und künstlerische Parteien zu Wort kommen zu lassen und in Diskussionen zu verwickeln, zählt auch der Anspruch, die Popkultur aus der Sicht unterschiedlicher Disziplinen – vor allem der Literatur- und Kulturwissenschaften, der Soziologie und Ökonomie – darzustellen und zu analysieren.

3. Einteilung der Zeitschrift

Die Zeitschrift soll ein besonderes Augenmerk auf die großen Entwicklungen und die bestimmenden Kräfte der Gegenwart richten. Im Unterschied etwa zum amerikanischen Organ »Journal of Popular Culture« soll sich nicht nur eine Fülle von Spezialartikeln zu einzelnen Künstlern oder zu besonderen Momenten einzelner popkultureller Phänomene aneinanderreihen. Großer Wert wird stattdessen auf wissenschaftliche Überblicksartikel und paradigmatische Analysen gelegt.

Der zeitdiagnostische Anspruch soll auch durch Essays unterstrichen werden, in denen ästhetische oder politische Fragen und Einschätzungen entschiedener angesprochen und beurteilt werden, als es in wissenschaftlichen Aufsätzen üblicherweise möglich ist.

Zusätzlich soll eine Reihe von kürzeren Artikeln wichtige gegenwärtige Entwicklungen in den Bereichen Popmusik, Film, Design, Internet, Multimedia, Technologie, Fernsehen, Werbung/Marketing, Printmedien, bildende Kunst, populäres Wissen, Theater/Performance, Literatur, Politik, Ökonomie aufzeigen und kritisch kommentieren. Sowohl Fragen der Ästhetik als auch der kulturindustriellen Organisation können dabei eine Rolle spielen, das steht im Belieben der jeweiligen Atorinnen und Autoren, die aber keineswegs von vornherein gehalten sind, sich nur auf eine Perspektive oder einen Aspekt zu beschränken. In diese kürzeren Artikel können demnach auch Anmerkungen zu aktuellen Artikeln und Essays eingehen, die für den jeweiligen Bereich von Bedeutung sind. Beabsichtigt ist, eine größere Zahl der Artikel fest an bestimmte Autoren zu binden, nicht notwendigerweise einen, aber höchstens zwei oder drei.

Gründliche Rezensionen zu den wichtigsten (also zu stark ausgewählten) wissenschaftlichen Neuerscheinungen aus den genannten Disziplinen, die den Sektor der Popkultur betreffen, sollen zusätzlich für Informationen und Analysen sorgen, die für Wissenschaftler und Publizisten verschiedener Fachbereiche von Nutzen sind.

Die Rezensionen sowie weitere Aufsätze und Blogartikel erscheinen auf einer Internetseite zur Zeitschrift.

4. Organisation der Zeitschrift

Die wissenschaftlichen Aufsätze durchlaufen ein Peer-Review-Verfahren. Dafür werden von den Herausgebern jeweils zwei Fachleute beauftragt, zur Veröffentlichung in Frage kommende wissenschaftliche Aufsätze zu begutachten.

Die Essays und Kolumnen unterliegen dem Autorprinzip und sind darum von diesem Verfahren ausgenommen.

Die Zeitschrift soll zweimal im Jahr erscheinen, regelmäßig im März und im September. Das erste Heft erscheint im September 2012.

Die Zeitschrift wird durch ein Förderprogramm der DFG unterstützt.

Verlegt wird das Heft durch den Transcript Verlag (Bielefeld).

Die Zeitschrift wird herausgegeben von:

Prof. Dr. Moritz Baßler (Neugermanistik, Universität Münster)
Moritz Baßler ist Professor für Neuere deutsche Literatur an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er war 2003 bis 2005 Professor of Literature an der International University Bremen, Fellow am IFK Wien (2001), am ZfL Berlin (2007) und am FRIAS (2009/10). Gastdozenturen und Masterclasses u.a. in Athens/GA, Kopenhagen, Utrecht und Ferrara. Zahlreiche Publikationen zu Literaturtheorie, Literatur und Popkultur (u.a. »Der deutsche Pop-Roman«, 2002) sowie Popmusik in Deutschland (u.a. Mithg.: »Stadt – Land – Pop. Popmusik zwischen westfälischer Provinz und Hamburger Schule«, 2008).

Prof. Dr. Robin Curtis (Medienwissenschaft, Universität Düsseldorf)
Robin Curtis ist Professorin für Theorie und Praxis audiovisueller Medien an der Universität Düsseldorf. Sie war von 2002 bis 2010 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin im SFB »Kulturen des Performativen«, Adjunct Professor an der New York University (Berlin Program, 2010/11), Feodor-Lynen Stipendiatin, Alexander von Humboldt Stiftung 2008-2011 at SUNY Buffalo, NY, USA. Zahlreiche Publikationen zur Montage, zum Kriegsfilm und zu Synästhesie-Effekten. Buchveröffentlichungen u.a.: »Conscientious Viscerality: The Autobiographical Stance in German Film and Video« (2006); »Einfühlung – Zu Geschichte und Gegenwart eines ästhetischen Konzepts«, hg. zusammen mit Gertrud Koch (2009).

Prof. Dr. Heinz Drügh (Neugermanistik, Universität Frankfurt)
Heinz Drügh ist seit 2006 Professor für Neuere Deutsche Literatur und Ästhetik an der Goethe-Universität Frankfurt. Er ist dort ferner Direktoriumsmitglied des Forschungszentrums Humanwissenschaften in Bad Homburg und leitet das interdisziplinäre Fortbildungsprogramm Buch- und Medienpraxis. Seine Arbeiten widmen sich insbesondere der ästhetischen, poetologischen und rhetorischen Schnittstelle von Text und Bild: der Allegorie, dem Symbol und der Beschreibung. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt gilt der Warenästhetik als der Verhandlungsstätte von Konsum und Kunst sowie der Erforschung von Popkultur und -literatur.

Dr. Nadja Geer (Publizistin, Berlin)
Nadja Geer, schreibt über aktuelle Tendenzen in der Popkultur und deren Beobachtung durch die Medien u.a. in »Die ZEIT«, »taz«, »Spex«. Sie hat Amerikanistik und Germanistik studiert und ihre Dissertation zu »Sophistication – zwischen Denkstil und Pose« bei Erhard Schütz (Humboldt Universität) geschrieben. Seit 2009 ist sie Mitglied der Arbeitsgruppe »Geschichte der populären Kultur« am »Zentrum für Zeitgenössische Forschung« in Potsdam.

Prof. Dr. Thomas Hecken (Germanistik, Universität Siegen)
Thomas Hecken ist Professor auf Zeit für »Neuere deutsche Literatur« an der Universität Siegen. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Popkultur, u.a. »Populäre Kultur« (2006), »Theorien der Populärkultur« (2007), »Pop. Geschichte eines Konzepts 1955-2009« (2009), »Avant-Pop. Von Susan Sontag über Prada und Sonic Youth bis Lady Gaga und zurück« (2012).

Mascha Jacobs (Publizistin, Berlin)
Mascha Jacobs hat Geschichte, Sozialpsychologie und Neuere deutsche Literaturwissenschaft studiert (Magister). Sie arbeitet als freie Journalistin im Themenkreis von Politik, Feminismus und Kunst. Veröffentlichungen u.a. in »Spex«, »Frankfurter Rundschau«, »Frauen Kunst Wissenschaft« und dem popfeministischen Magazin »Missy«.

Prof. Dr. Nicolas Pethes (Neugermanistik, Universität Bochum)
Nicolas Pethes ist seit 2009 Professor für Neugermanistik an der Ruhr-Universität Bochum und leitete von 2005-2009 das Lehrgebiet »Europäische Literatur und Mediengeschichte« an der FernUniversität in Hagen. Seine Arbeiten umfassen Analysen zur Wissenschaftspopularisierung im 18. und 19. Jahrhundert, zur biologischen Science Fiction um 1900, zu Fernsehdiskursen in der Bundesrepublik Deutschland, zu Geschichte und Struktur des Reality TV, zum Diskurs über Humangenetik im Medical Thriller sowie einen Sammelband zur Filmgeschichte des Menschenversuchs und die Herausgabe des Sonderhefts »Popular Noise in Global Systems« der Zeitschrift »Soziale Systeme«.

Prof. Dr. Katja Sabisch (Soziologie, Universität Bochum)
Katja Sabisch ist seit 2008 Juniorprofessorin für Gender Studies an der Ruhr-Universität Bochum und geschäftsführende Direktorin des M.A.-Studiengangs »Gender Studies. Kultur – Kommunikation – Gesellschaft«. Sie war ab 2003 Mitarbeiterin der Emmy Noether-Forschungsgruppe »Kulturgeschichte des Menschenversuchs« an der Universität Bonn. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen postfeministische und postkoloniale Theorien, die Diskursgeschichte der Geschlechterungleichheit sowie die Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.

Den Beirat der Zeitschrift stellen:

Dr. Ralf von Appen
(Musikwissenschaft, Universität Gießen)

Prof. Dr. Natalie Binczek
(Germanistik, Universität Bochum)

Prof. Dr. Karin Bruns
(Medientheorien, Kunstuniversität Linz)

Prof. Diedrich Diederichsen
(Kunst- und Kulturwissenschaften, Akademie der bildenden Künste Wien)

Jan Engelmann
(Wikimedia)

Dr. Brigitte Frizzoni
(Populäre Kulturen, Universität Zürich)

Prof. Dr. Elke Gaugele
(Moden und Styles, Akademie der bildenden Künste Wien)

Prof. Dr. Hans Ulrich Gumbrecht
(Komparatistik, Stanford)

Prof. Dr. Achim Hölter
(Vergleichende Literaturwissenschaft, Universität Wien)

Prof. Dr. Tom Holert
(Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften, Akademie der bildenden Künste Wien)

Prof. Dr. Anton Kaes
(Film Studies, Berkeley)

Prof. Dr. Douglas Kellner
(Philosophy of Education, UCLA)

Prof. Dr. Gabriele Klein
(Bewegungswissenschaft, Universität Hamburg)

Prof. Dr. Ruth Mayer
(Englisches Seminar – American Studies, Universität Hannover)

Prof. Dr. Angela McRobbie
(Department of Media and Communication, Goldmiths – University of London)

Prof. Dr. Stephan Moebius
(Soziologie, Universität Graz)

Bodo Mrozek
(Publizist und Historiker, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam)

Prof. Dr. Klaus Neumann-Braun
(Medienwissenschaften, Universität Basel)

Prof. Dr. Sylvia Paletschek
(Geschichte, Universität Freiburg)

Prof. Dr. Heike Paul
(Amerikanistik, Universität Erlangen-Nürnberg)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen
(Medienwissenschaft, Universität Tübingen)

Prof. Dr. Susanne Regener
(Mediengeschichte/Visuelle Kultur, Universität Siegen)

Prof. Dr. Eckhard Schumacher
(Germanistik, Universität Greifswald)

Prof. Dr. Detlef Siegfried
(Geschichte, Universität Kopenhagen)

Prof. Dr. Urs Stäheli
(Soziologie, Universität Hamburg)

Prof. Dr. Tanja Thomas
(Kommunikationswissenschaft, Uni Lüneburg)

Prof. Dr. Niels Werber
(Germanistik, Universität Siegen)

Prof. Dr. Hartmut Winkler
(Medienwissenschaften, Universität Paderborn)

Prof. Dr. Rainer Winter
(Medien- und Kommunikationswissenschaft, Universität Klagenfurt)