Pussy RiotFeministische und anarchistische Performance-Kunstvon Jacqueline Segschneider und Hanna Heinrich21.7.2013

Weltanschauung gegen PutinDurch die Verhaftung dreier Mitglieder der Gruppe Pussy Riot, Marija Vladimirovna Alëchina, Ekaterina Stanislavovna Samucevič und Nadežda Andreevna Tolokonnikova, wurde die Weltöffentlichkeit auf diese Gruppe aufmerksam, die bereits im September 2011 in Moskau gegründet wurde. Sie besteht aus ungefähr 12 Frauen, die während ihrer Performances, aber auch bei Interviews, immer wieder mit Wollmützen auftreten. Diese Mützen weisen Aussparungen wie Sturmhauben auf, was den Mitgliedern bis zu ihrer ersten Verhaftung eine Zeit lang Anonymität[1] und gleichzeitig Schutz vor Strafverfolgung durch die Moskauer Polizeibehörden ermöglichte.

Sie selbst stellen sich in Interviews als feministische Punkgruppe vor, die keinerlei Hierarchie besitzt, keine biographischen Details preisgibt und keinen Wert auf ihr Aussehen legt, denn sie wollen nicht auf ihr Gesicht oder auf eine einzige Persönlichkeit reduziert werden.[2] Indes ist dies lediglich Teil ihrer Performance, denn sie stellen auch fest, dass Russland eine militante und punk-feministische Straßenband dringend benötigt, um die Opposition gegen den Präsidenten der Russischen Föderation Vladimir Vladimirovič Putin zu stärken,[3] wodurch die politische Implikation mehr als deutlich zutage tritt.

 Die Performances von Pussy Riot

Hier sollen nun fünf Videos zu ihren Live-Performances vorgestellt werden, wobei die letzte in der Christ-Erlöser-Kathedrale zur Inhaftierung und Verurteilung in erster Instanz führte. Diese Videos eignen sich zur Analyse, da sich erst durch die Summe der Performances die Intentionen der Künstlergruppe erfassen und einordnen lassen, dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei, wie bei den kommentierten Fotodokumentationen, nur um anschauliche Belege der Performances an sich, die durch ihre Transienz geprägt sind, handelt. Das politische Provokationspotential der Performancekunst ist in seiner Gänze nur live und im öffentlichen Raum gegeben.

Daher handelt es sich bei den Videos auch nicht um Filmprojekte oder gar um Musikvideos im Verständnis der Musiksender, sondern um eine Dokumentation, die zum Bestandteil der eigentlichen Performance geworden ist. Die generelle Frage nach der Dokumentierbarkeit von Performances wird in der Kunstwissenschaft kontrovers diskutiert. Folgt man Auslander und Jones, die letztlich eine Differenz und gegenseitige Abhängigkeit von Performance und Dokumentation der Performance konstatieren, muss die Fotografie oder das Video einer Performance klar von der Performance selbst, als ephemeres Ereignis, unterschieden werden, weil es letztlich nur Substitut, Erinnerungsstück ist. Zur Diskursivierung, um einen retrospektiven Zugang zu ermöglichen, ist die Dokumentation der Performance jedoch unerlässlich und letztlich ebenso wichtig wie die Performance selbst.[4]

Die erste Performance[5] mit dem Titel Gruppa Pussy Riot žžet putinskij glamur („Die Gruppe Pussy Riot verbrennt den Puntinschen Glamour“) und dem Lied Kropotkin-Vodka wurde bereits im November 2011 aufgenommen, aber erst im Dezember veröffentlicht.

Als Schauplätze wurden das Dach eines Glaskastens, in dem ein Jaguar in einer Einkaufspassage ausgestellt wurde, Edelboutiquen und eine Modenschau gewählt. Die einzelnen Szenen sind zusammengeschnitten und folgen keiner chronologischen Reihenfolge.

Das Video ist 1:35 min lang und beginnt mit einer Szene aus der Modenschau des Designers Denis Simačev, bei der Pussy Riot ein Feuer auf dem Laufsteg entzündete, an dem sich das Kleid einer der beteiligten Künstlerinnen entfachte, so dass sie letztlich in Flammen stand. Bei dieser Modenschau war auch der Maler Nikas Safronov anwesend, u.a. Portraitmaler Putins[6]. Daraufhin werden drei Künstlerinnen auf dem Dach des Glaskastens, in dem sich ein Automobil der Marke Jaguar befindet, gezeigt, während sie versuchen das Glasdach einzutreten. Auf zwei Seiten des Glaskastens ist die Aufschrift Život kak iskusstvo („Leben als Kunst“) zu lesen.

Im nächsten Spot stehen sie im Schaufenster einer Boutique und imitieren eine Masturbation. Daraufhin wir erneut die Glaskastenszene eingeblendet. Diese Szene wechselt mit Einstellungen in den Boutiquen, in denen sie sich Fellwesten anziehen oder auf einem Ladentisch tanzen. Ab 0:27 werden abwechselnd mit den vorherigen Spots auch Szenen von der Modenschau und das Versprühen von Löschmittel auf die Straße gezeigt. In dem Liedtext werden explizit Frauen angesprochen und aufgerufen, mit der Bratpfanne auf die Straße zu gehen. Sie sollen Bataillone von Polizistinnen verführen. Hier bezieht sich Pussy Riot auf eine Aktion der Künstlergruppe Vojna (Krieg), in der mehrere Künstlerinnen in ganz Moskau Polizistinnen geküsst haben, worauf im weiteren Text noch eingegangen wird.

Der Refrain lautet sinngemäß „Schluss und Aus für die sexistischen, verfickten Putinisten“ (Pizdec seksistam ebanym putinistam!). Im Text werden Wörter des so genannten Mat-Vokabulars verwendet, die als vulgär und umgangssprachlich zu umschreiben sind. Daraufhin referieren sie auf den Titel Kropotkin-Vodka, der den Oppositionellen gut bekommen werde, allerdings den regierenden Politikern nicht. Die Bezeichnung ist nicht willkürlich gewählt, denn bei Pёtr Alekseevič Kropotkin (1842-1921) handelt es sich um einen Vertreter des russischen Anarchismus. Er gilt neben Pierre-Joseph Proudhon und Michail Bakunin als bekanntester Theoretiker des Anarchismus,[7] womit die Gruppe auch ihre eigene Orientierung kundgibt. Im Folgenden warnt die Gruppe die Regierenden, dass sie Kennedy treffen werden. In der nächsten Strophe sind wieder Zeilen vorzufinden, in denen behauptet wird, dass der Schlagring bereit liege und der Feminismus nun an Schärfe zugenommen habe. Des Weiteren fordern sie die russischen Machthaber auf, ihre Suppe nach Ostsibirien zu tragen, damit dieser Aufstand in angemessener Weise grob werden kann. Dies kann als Hinweis gedeutet werden, dass die herrschende Klasse nach Meinung von Pussy Riot bestraft werden müsse.

Die zweite Performance[8] Devčonki iz PUSSY RIOT zachvatyvajut transport („Die Mädels von Pussy Riot erobern den öffentlichen Nahverkehr“) mit dem Lied Osvobodi brusčatku („Befrei’ den Pflasterstein“) fand am Tag der russischen Parlamentswahlen, dem 04.12.2011, statt.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass zuvor, im Jahr 2008, zwei entscheidende Verfassungsänderungen vorgenommen wurden, wodurch die Legislaturperiode der Staatsduma Russlands von vier auf fünf Jahre und die Amtszeit des russischen Präsidenten (dessen Wahl am 04.03.2012 stattfand) von bislang vier auf sechs Jahre verlängert wurden.[9] Dies ermöglichte unter anderem den Postenwechsel zwischen V. V. Putin und D. A. Medvedev.

Wie alle Performances der Gruppe wurde sie als Videoaufzeichnung, hier in einer Länge von 2:12 min, auf dem Internetportal YouTube veröffentlicht. Zu sehen sind drei Mitglieder, die, wie bereits erwähnt, umfunktionierte Wollmützen, einfarbige Minikleider und bunte Strümpfe tragen. Zunächst befinden sie sich auf einem Baugerüst in einer Metrohaltestelle, das aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufgenommen wurde. Unterbrochen wird diese Kameraeinstellung durch die Einblendung einer Szene, in der eine Solistin auf dem Dach einer Straßenbahn zu sehen ist (min 0:06-0:08). Ab min 0:15 tanzen und spielen sie auf einem Bus des öffentlichen Nahverkehrs. Zuvor hatten sie ein Kopfkissen zerrissen und die Federn auf Passanten verteilt. Von hinten ist eine aufgebrachte Frau zu sehen, was an ihrer Handbewegung deutlich wird.

Die nächste Einblende beginnt mit der Aufnahme der Knie (min 0:17), worauf unterschiedliche Einblendungen der Metro-Szene folgen, die von einer Einblendung von drei Polizisten und anderer Passanten unterbrochen wird. Ab min 1:08 sind wieder Federn zu sehen, die auf die zuschauenden Fahrgäste niederregnen. Darauf folgen unterschiedliche Einblendungen der unterschiedlichen vorangegangenen Szenen. Zur letzten Zeile lässt eine Solistin mit den Worten Feministskij chlyst polezen Rossii! („Russland braucht die feministische Peitsche!“) einen Gürtel knallen. Der Abspann ist aus der fahrenden U-Bahn aufgenommen.

Im Liedtext wird zunächst auf die allgemeinen Missstände hingewiesen und die Rolle der Frau in der russischen Gesellschaft kritisiert. Sie erklären, dass es nie zu spät sei, eine Herrin zu werden, denn die Knüppel lägen bereit und die Schreie würden lauter. Daher sollten die Frauen ihre Arme und Beine dehnen und der Polizist könne sie oral befriedigen.

Zuletzt wird zum Aufstand auf dem Roten Platz nach Vorbild der ägyptischen Proteste auf dem Tahrir-Platz aufgerufen, was mit dem Appell, einen wilden Tag mit starken Frauen zu verbringen, kombiniert wird.

In der dritten, 1:17 min langen Performance PUSSY RIOT pojut politzekam na kryše tjur’my („Pussy Riot singt für die politischen Gefangenen auf dem Gefängnisdach“)[10] mit dem Lied Smert’ tjur’me, svobodu protestu („Tod dem Gefängnis, Freiheit dem Protest“) steigen die Künstlerinnen auf das Dach eines Nebengebäudes des Gefängnisses, in denen die Demonstranten, die am 05.12.2011 gegen die Wahlergebnisse der Parlamentswahl protestiert hatten, inhaftiert waren.

Am Dach befestigten sie ein Plakat mit dem Titel des Liedes, wobei es sich um eine Abwandlung der Losung Smert’ fašizmu, svoboda narodu handelt. Ursprünglich handelt es sich dabei um die Losung „Smrt fašizmu, sloboda narodu („Tod dem Faschismus, Freiheit für das Volk“) des jugoslawischen Partisanenkämpfers Stjepan Filipović, der dies kurz vor Vollstreckung des Todesurteils durch Erhängen am 22.05.1942 ausgesprochen haben soll. Inhaltlich wird auch hier gefordert, dass die direkte Aktion zur Zukunft der Menschheit werden soll, wobei die LGBT-Gemeinschaft und die Feministinnen gefragt seien. Der Wille eines jeden soll ohne Führer an die Macht. Die Proteste werden als Befreiungsakt umschrieben, daher sollen die Plätze besetzt werden, um friedlich die Macht zu übernehmen.

Die vorletzte Performance Pussy Riot na Krasnoj ploščadi – pesnja ‚Putin zassal‘ („Pussy Riot auf dem Roten Platz – das Lied Putin bepisst sich [vor Angst]“)[11] fand auf dem Roten Platz, genauer auf dem Lobnoe mesto statt.

Dieser Ort ist besonders geschichtsträchtig; u.a. protestierten hier im Jahre 1968 während der Sowjet-Zeit acht Demonstranten gegen den Einmarsch der Sowjets in die damalige Tschechoslowakei mit dem Transparent Za vašu i našu svobodu („Für Eure und unsere Freiheit“) und wurden daraufhin inhaftiert. Die Gruppe Pussy Riot tritt dort am 20.01.2012 in Erinnerung daran auch mit acht Frauen auf. Während der Performance schwenken sie eine Fahne mit der „feministischen Faust“ und zünden gleichzeitig Farbbomben. Im Text stellen die Frauen ihre Wunschvorstellung vor. Sie beschreiben, wie sich eine Kolonne in Richtung Kreml bewegt, in den Büros des Nachrichteninlandsdienstes FSB die Scheiben zerbersten und ‚Schlampen‘ hinter den roten Mauern urinieren.

Die Gruppe ruft zum Sturz des Systems auf. In der nächsten Strophe wird auf die oben erwähnte Demonstration aus dem Jahre 1968 Bezug genommen, allerdings wird die damalige Parole in einen anderen Kontext gesetzt, denn im Namen der Freiheit soll die Peitsche strafen. So werden Maria, die Mutter Gottes und Maria Magdalena auch an den Protesten teilnehmen. Im Refrain werden die Worte Bunt v Rossii („Revolte in Russland“) viermal wiederholt, worauf unterschiedliche Ergänzungen folgen, die von dem Charisma des Protests und auch von Putins Angst handeln. Es folgt eine Aufforderung zum Protest. In den letzten Strophen äußern sie ihre Unzufriedenheit mit der Kultur der männlichen Hysterie, während gleichzeitig der wildwachsende Kult der führenden Politiker die Gehirne zerfrisst. Die propagierte Superiorität der Männlichkeit wird ebenfalls angeklagt. Darüber hinaus heißt es, dass die Regierung die Zensur der Träume vorantreibe, daher sei die Zeit für einen subversiven Zusammenstoß gekommen.

Für die letzte hier vorgestellte Performance „Pank-moleben „Bogorodica, Putina progoni“ Pussy Riot v Chrame (Das Punkgebet „Mutter Gottes, vertreibe Putin“ – Pussy Riot in der Kathedrale)[12] wurden, wie bereits erwähnt, drei Mitglieder der Künstlergruppe angeklagt und mittlerweile zwei von ihnen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt.[13] Die Richterin sah es als erwiesen an, dass die Mitglieder der Gruppe Pussy Riot durch religiösen Hass zu ihren Handlungen (Rowdytum; diese Bezeichnung für ein Straftatbestand existierte auch in der ehemaligen DDR) motiviert wurden. Der Tatbestand des Rowdytums (Chuliganstvo) wurde 2007 in einem Beschluss des Obersten Gerichts der Russischen Föderation näher bestimmt,[14] wodurch das „Schwere Rowdytum“ unter Waffengebrauch erweitert wurde und u.a. die Motivation, aus religiösem Hass gehandelt zu haben, in den Artikel 213 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation miteinbezogen wurde. Dadurch kam es zu der Forderung der Staatsanwaltschaft, sogar eine Haftstrafe von sieben Jahren zu verhängen.[15]

Diese Performance ist 1:53 min lang und als Ort wurde die Christ-Erlöser-Kathedrale gewählt. Folgt man dem Liedtext, so kann das Video in neun Sequenzen eingeteilt werden.

Die erste (0:00-0:16 min), die fünfte (1:15-1:24 min) und die neunte Strophe (1:34-1:51 min) werden als Chor gesungen. Die Melodie ist dem Lied Bogorodice Devo, radujsja („Gottesgebärerin und Jungfrau, freue dich“: das Äquivalent zum katholischen Gebet „Ave Maria, gratia plena“) nach der Komposition von Sergej Vasil‘evič Rachmaninov nachempfunden. Die heilige Mutter Gottes wird in der ersten und in der neunten Strophe gebeten, Putin zu vertreiben. Die fünfte Strophe variiert, nun wird sie gebeten, Feministin zu werden.

In der ersten Sequenz wird zunächst ein Mitglied der Künstlergruppe eingeblendet, das vor der Ikonostase auf dem Ambon niederkniet und sich bekreuzigt. Ab 0:07 min wird eine Aufnahme der gesamten Vorderfront der Ikonostase gezeigt. Danach werden entsetzte Besucher der Kathedrale aufgenommen. Wieder wird auf die Ikonostase geblendet, an der drei Mitglieder von Pussy Riot niederknien und ein Bediensteter der Kirche sich ihnen nähert. Weitere Bedienstete kommen hinzu. Diese Szenen wiederholen sich auch in der fünften und der neunten Strophe, die allerdings mit einer Außenaufnahme der Christ-Erlöser-Kirche endet.

Zu den restlichen Strophen und dem Refrain Sran‘, sran‘, sran‘ Gospodnja (wörtlich: „Scheiße, Scheiße, Scheiße des Herrn“; sinngemäß: „Heilige Scheiße, Scheiße, Scheiße“) tanzen die Künstlerinnen in variierender Anzahl zwischen zwei und fünf Personen vor der Ikonostase, wobei sie in abwechselnder Folge frontal und von der Seite aufgenommen wurden. Immer wieder werden auch die Bediensteten gezeigt, die diesen Auftritt verhindern wollen. Die seitlichen Aufnahmen sind halbdunkel gehalten und dabei werden die Gitarristen gezeigt, die auf den Frontalaufnahmen nicht zu sehen sind.

Bei dem Refrain handelt es sich um die vierte Sequenz und die achte Sequenz, die von 0:39 bis 0:46 min und von 1:25 bis 1:33 dauern. Inhaltlich wird in der zweiten Sequenz auf die Geistlichen der Russischen Orthodoxen Kirche referiert, denen die Gläubigen demütig folgen. Dem wird dann antithetisch gegenübergestellt, dass das Phantom der Freiheit sich im Himmel befinde und gleichzeitig die Teilnehmer der Gay-Pride-Bewegung nach Sibirien deportiert würden.

In der dritten Sequenz wird für Putin die Synekdoche des KGB-Chefs verwendet, womit auf seine Dienstzeit in der Geheimdienstorganisation von 1975 an hingedeutet wird. Dieser KGB-Chef soll der oberste Heilige dieser Geistlichen und Gläubigen sein, der jedoch Demonstranten in Untersuchungshaft abführen lässt. Dem Patriarchen wiederum, der hier mit seinem Titel als Heiligkeit bezeichnet wird, gefalle es, wenn Frauen gebären und lieben. Auf diese Strophen folgen der Chor und der Refrain.

In der sechsten Sequenz wird kritisiert, dass die Geistlichen nicht die verdorbenen Führer kritisierten, sondern sie lobten und sich dem Luxus hingäben. Andererseits muss der Geistliche für den Unterricht von den Schülern bezahlt werden. In der siebten Sequenz wird behauptet, dass der Patriarch an Putin glaube, wobei er aufgefordert wird, stattdessen an Gott zu glauben. In diesem Appell ist eine Beleidigung als Hündin (suka; sinngemäß: Hure, Mistkerl, Schwein) enthalten.

Zuletzt wird darauf hingewiesen, dass das Cingulum Mariens keine Demonstrationen ersetzen könne, denn die Ewige Jungfrau Maria sei viel mehr mit Pussy Riot als mit den Geistlichen oder den Machthabern. Die Reliquie des Heiligen Gürtels der Jungfrau Maria war im Jahre 2011 in ganz Russland in Kirchen gezeigt worden und zuletzt in der Christ-Erlöser-Kirche in Moskau den Gläubigen zugänglich gemacht worden.[16]

 Zum Prozess gegen Pussy Riot

Während der Gerichtsverhandlung wurde ein Gerichtsgutachten von dem Literaturwissenschaftler V. Ju. Troickij, der Psychologin V. V. Abramenkova und dem Juristen I. V. Ponkin[17] für das Gericht in Moskau erstellt, das zur Verurteilung wegen „Rowdytum aus religiösem Hass“ führte. Troickij, Abramenkova und Ponkin kamen unter anderem zu dem Schluss, dass der Chorus mit dem Text „Muttergottes, vertreibe Putin“ gar nicht Bestandteil des Liedes oder der Performance sein soll, wobei sie auf die „künstlerische und logische Hinfälligkeit des Chorus Muttergottes vertreibe Putin[18] hinweisen. Dadurch wurde die politische Implikation durch diese Experten vollständig geleugnet.

Dies rief wiederum die Reaktion der Historikerin I. A. Levinskaja und der Philosophin V. G. Uzunova hervor, die sich gegen die Vorgehensweise der oben genannten wehrten und dieses Gutachten als Auftragsexpertise (Ėkspertiza v karatel‘nom stile) bezeichneten.[19] Sie können nachweisen, dass sich die vom Gericht berufenen Experten in ihrer Begründung auf zum Teil veraltetes kanonisches Recht beziehen: auf die Regel Nr. 9 des Apostolischen Rechts der orthodoxen Kirchen,[20] auf die Regeln 62 und 75 der Trullanischen Synode in den Jahren 691-692[21] und auf die Regel 15 des Konzils von Laodicea in den Jahren 363-364,[22] wodurch den Mitgliedern der Künstlergruppe auch Gotteslästerung (bogochul’stvo und koščunstvo) nachgewiesen wird.[23] Levinskaja und Uzunova können jedoch aufzeigen, dass Sran‘ Gospodnja („Scheiße des Herrn“) keine Wortschöpfung der Gruppe Pussy Riot darstellt, sondern als Calque in der Synchronisation amerikanischer Spielfilme für den Ausdruck ‚Holy shit‘ bereits lange verwendet wird.[24]

Ebenfalls weisen sie auf Ungereimtheiten hin, so zum Beispiel, dass es schon lange bekannt ist, dass es orthodoxe Priester gab, die für den KGB gearbeitet haben und dies durchaus nicht als Beleidigung aufzufassen sei.[25] Durch die eingehende Analyse von Levinskaja und Uzunova konnten sie nachweisen, dass die von dem Gericht bestellte Expertise keinem wissenschaftlichen Standard genügt. Dadurch sind jedoch sowohl die Anklage als auch die Verurteilung, die sich auf die Thesen stützen, die Mitglieder hätten aus religiösem Hass gehandelt, eigentlich hinfällig.

Zur Situation der Frauen in Russland

Betrachtet und beachtet man alle vorgestellten Performances, so können die Themen klar umrissen werden, die die Künstlergruppe Pussy Riot immer wieder bearbeitet: der politische Kampf gegen Putin, gegen die Diskriminierung von Frauen, für den Schutz der LGBT-Gemeinschaft und für die Umgestaltung der russischen Gesellschaft im Sinne der anarchistischen Weltanschauung.[26]

Auch wenn sie sich in Form und Art des politischen Kampfes für die Frauenrechte von der ukrainischen Gruppe FEMEN unterscheiden, sympathisieren sie doch mit ihnen und umgekehrt. Sowohl in der Ukraine als auch in Russland sehen sich beide Gruppen mit der zunehmenden Sexualisierung, der damit verbundenen Kommerzialisierung des weiblichen Körpers als Ware und der gleichzeitig einhergehenden Reduzierung der Weiblichkeit auf die Mutterschaft konfrontiert. Obwohl Frauen in Russland gut ausgebildet sind und auch Zugang zu Arbeitsplätzen erhalten, verdienen sie deutlich weniger als die Männer, wie aus dem Global Gender Gap Report 2012 hervorgeht. Ebenfalls ist die Partizipation am politischen Geschehen nach wie vor gering und hat sich seit 5 Jahren kaum verbessert.[27] So sind lediglich 9,8% der Parlamentsmitglieder Frauen. Das gleiche Bild bietet sich in der Ukraine.

Diese Schieflage resultiert zum größten Teil daraus, dass sich die Frauenbewegung der ehemaligen Sowjetstaaten in den 90er Jahren mit anderen Problemen konfrontiert sah als ihre Kolleginnen im westlichen Europa oder in den USA. Frauen in der ehemaligen UdSSR verfügten (in den Städten) über freien Zugang zu Bildung, die gesellschaftliche Akzeptanz der Vollbeschäftigung für Frauen, den Zugang zu Berufszweigen, die traditionell als Männerberufe deklariert wurden, sowie über ein funktionierendes Betreuungssystem für Kinder und Jugendliche. Allerdings waren die sowjetischen Frauen doppelt belastet, da ihnen auch die alleinige Haushaltsführung oblag. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR suchte man nach einer Alternative zum „sozialistischen Menschen“, wodurch auch die Bezeichnung Feminist/in zur Beleidigung wurde. Man griff auf traditionelle Geschlechterdefinitionen zurück und viele Frauen empfanden es als Erleichterung, ‚nur noch‘ die Last der Haushaltsführung zu tragen. Der Genderdiskurs fand lediglich auf akademischer Ebene statt. Der dazugehörige gesellschaftliche Diskurs fehlt bislang.

Ein weiterer Faktor, der sich ungünstig auf die Gleichberechtigung von Frau und Mann auswirkte, war der Zusammenbruch der Wirtschaft in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der Grund lag darin, dass Gorbačëv (Gorbatschow) nach der „Spontanprivatisierung“ den Komsomols (Kommunistischer Jugendverband) ermöglicht hatte, die größten Industrieunternehmen zu verwalten und zu leiten. Ursprünglich sollten die Betriebe in den Besitz der Arbeiter und Angestellten übergehen, doch die Anteile eigneten sich Einzelne an, vornehmlich Mitglieder aus dem Management der Betriebe. Indes bereicherten sich gerade die Komsomols, die das mittlere Management der Betriebe stellten.[28]

Während der Regierungszeit El’cins (Jelzins) kam es zunächst zur Hyperinflation, der so genannten ‚Rubelkrise‘, aus denen einige wenige als Gewinner hervorgehen konnten. Darauf folgte die „Loans-for-share“-Kampagne, die es einigen ausgesuchten russischen Banken ermöglichte, Anteile an den verbliebenen, großen staatlichen Betrieben für eine sehr geringe Anleihe zu erlangen, um das staatliche Haushaltsdefizit auszugleichen. Gleichzeitig wurde gegenüber der Bevölkerung eine strenge Sparpolitik betrieben. So erhielt beispielsweise die Oneksim Bank Anteile an Norlisk Nickel. Ebenfalls fällt die Privatisierung von Yukos und Lukoil in diese Zeit. Zwischen 1994 und 1996 führte El’cin (Jelzin) zusätzlich den Krieg gegen die Tschetschenen. Die Wahlen im Jahre 1996 konnte El’cin (Jelzin) daher nur noch mit Hilfe der Oligarchen, den ehemaligen Komsomols, gewinnen. Nach einer schweren Rezession übergab er dann am 31.12.1999 die Macht an Putin. Weiterhin gibt es Oligarchen, nur die Zusammensetzung dieser sozialen Gruppierung hat sich geändert.

In den 90er Jahren waren somit die ökonomischen Verhältnisse des russischen und des ukrainischen Normalbürgers mehr als prekär und der Kampf um das Überleben trat in den Vordergrund. Ebenfalls waren keine Mittel vorhanden, der Diskriminierung von Frauen entgegen zu wirken. Die Oligarchen der ehemaligen Sowjetrepubliken sind, mit der Ausnahme von Julija Timočenko, ausnahmslos Männer, die das Bild des erfolgreichen männlichen „Self-made“-Milliardärs in Russland prägten. Man spricht in Russland auch von den „Neuen Russen“, die sich wie Parvenus benehmen. Timočenko wiederum bediente das Bild der fürsorglichen Mutter (der Nation) mit ruralem Hintergrund, indem sie sich häufig in landestypischen Trachten kleidete und mit einem geflochtenen künstlichen Haarteil die traditionelle Frisur der ukrainischen Bauersfrau imitierte. Nicht nur in der Ukraine wurde somit die Vorstellung der Frau in der alleinigen Rolle als Mutter gefördert – dies war auch in Russland der Fall. So gerierte sich die Tochter El’cins (Jelzins) alleinig als fürsorgliche Pflegerin ihres Vaters, obwohl sie in den letzten Jahren seiner Amtszeit einen nicht unerheblichen Einfluss auf die russische Politik ausübte.[29]

Auf der anderen Seite entwickelte sich auch sehr früh die Sex-Industrie in den ehemaligen Sowjetstaaten.[30] Dieser „Wirtschaftssektor“ wurde von organisierten Kriminellen kontrolliert, die in den 90er Jahren keinerlei staatliche Sanktionen zu fürchten hatten.[31] Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage waren viele Russen gezwungen, ins Ausland zu gehen, so auch eine große Anzahl von Frauen. Viele Frauen prostituierten sich nicht nur in Russland, sondern auch im Ausland, aber in den wenigsten Fällen geschah dies freiwillig. Denn mit Frauen aus Russland, Weißrussland und der Ukraine wurde und wird gehandelt und sie wurden und werden wie Industrieprodukte nach Nord- und Westeuropa sowie nach Übersee, vornehmlich in die USA, verkauft,[32] wodurch die Objektivierung des weiblichen Körpers als Ware weiter voranschreitet.

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie der dazugehörige Diskurs sind eines der großen Desiderate des heutigen Russlands.[33] Dies haben die Mitglieder der Gruppe Pussy Riot erkannt.

 Pussy Riot und Vojna

Mit der anarchistischen Künstlergruppe Vojna (Krieg)[34] verbindet sie nicht nur der Umstand, dass Ekaterina Stanislavovna Samucevič und Nadežda Andreevna Tolokonnikova ehemalige Mitglieder dieser Gruppe sind, sondern auch inhaltlich sind Ähnlichkeiten zu verzeichnen. Wie bereits erwähnt, rekurriert Pussy Riot in der Performance Gruppa Pussy Riot žžet putinskij glamur auf die Performance der Vojna-Gruppe Lobzaj musora (wörtlich: „Küss‘ Müll“, sinngemäß: „Küss‘ einen Bullen“), in der die weiblichen Mitglieder der Künstlergruppe in ganz Moskau Polizistinnen geküsst haben. Die Polizistinnen waren laut Aussage der Künstlerinnen nicht so sehr darüber entsetzt, dass sie geküsst werden, sondern vielmehr darüber, dass es Frauen waren.

In Russland ist Homosexualität nicht verboten, allerdings wurde die „Propaganda der Homosexualität“ (propaganda gomoseksualizma) in einigen Städten, darunter Sankt Petersburg, verboten. In Moskau wurde die Gay-Pride-Parade sogar für die nächsten hundert Jahre untersagt.[35] In der ehemaligen UdSSR war Homosexualität illegal und wurde als Krankheit angesehen, die, wenn nötig, auch zwangsweise „geheilt“ wurde. Anders als beispielsweise in Deutschland hat weder nach der Legalisierung noch davor ein gesellschaftlicher Diskurs stattgefunden, der die Aufklärung über und die Toleranz gegenüber der LGBT-Gemeinschaft hätte befördern können. Ebenfalls entspricht es nicht der Geschlechterauffassung der „Neuen Russen“.

So wie sich Pussy Riot für die Rechte der LGBT-Gemeinschaft einsetzt, hat auch Vojna am 07.09.2008 (Tag der Stadt Moskau) das „Gedenken an die Dekabristen“[36] (Pamjati dekabristov) performt: In dem Moskauer Geschäft Auchan wurden im Rahmen der Performance zwei Homosexuelle, von denen einer Jude gewesen sein soll, und drei Gastarbeiter aus Zentralasien gehängt. Dies sollte an die Dekabristen erinnern, die sich für die Rechte der versklavten Leibeigenen in Russland eingesetzt hatten, wobei die fünf wichtigsten Vertreter, darunter auch Pavel Pestel‘ im Jahre 1826 erhängt wurden. Vojna wollte daran erinnern, dass in Russland eine Tradition derer, die sich für Freiheit einsetzen, existiert. Die Performance ist weiter dem damaligen Bürgermeister von Moskau gewidmet, der in seiner Stadt Homophobie und Hass gegen die gesamte LGBT-Gemeinschaft, Antisemitismus sowie Fremdenfeindlichkeit duldet.[37]

Pussy Riot und auch Vojna handeln weder gesetzeskonform noch suchen sie die breite gesellschaftliche Anerkennung als Künstlergruppen. Sie machen jedoch auf gesellschaftliche Schieflagen und Probleme ihres Landes auf eine provokative und skandalträchtige Weise aufmerksam – und dies ist so gewollt. Als gemeinsames Thema der beiden Gruppen seien noch die Konsumkritik und die Kritik an der Doppelmoral in Russland zu nennen, wobei insbesondere die russische Oberschicht Ziel der Kritik ist. Und auch noch eine weitere, allerdings gescheiterte Performance von Vojna sei erwähnt:

A. Erofeev und Ju. Samodurov hatten im Jahr 2006 in dem Moskauer Museum Sacharov-Centr „Verbotene Kunst – 2006“ (Zapretnoe iskusstvo – 2006) ausgestellt; unter anderem eine Ikone aus Kaviar und die Darstellung Jesu als Mickey Mouse. Beide Männer wurden wegen Anstiftung zum religiösen Hass angeklagt und 2010 dazu verurteilt, eine Geldstrafe über 150.000 Rubel respektive 200.000 Rubel zu zahlen.[38] Vojna wollte in dem Gerichtsaal, in dem die Verhandlung am 12.10.2010 stattfand, Kakerlaken freilassen, was misslang. Es handelt sich um den gleichen Saal, in dem die Verhandlung gegen die Künstlerinnen von Pussy Riot stattfand.

Die Politik der Performance

Dass die Gruppe Pussy Riot ebenso wie Vojna mit dermaßen radikalen Aktionen auf die soziopolitischen Missstände ihres Heimatlandes aufmerksam macht, ist im Kontext der Performance-Kunst nicht verwunderlich. Gerade in Ländern mit repressiven und reaktionären politischen Systemen zeichnen sich Performances durch ihre politische Radikalität aus. Je klarer das politische Feindbild, desto direkter die künstlerischen Reaktionen, ließe sich womöglich sagen. Der Repression wird mit Mitteln der Aktionskunst der Kampf angesagt.

„Art can only be done in destructive societies that have to be rebuilt“.[39] Dieser Satz der inzwischen weltweit renommierten serbischen Performance-Künstlerin Marina Abramović mag wohl die Aktualität und Brisanz, die den Aktionen der Pussy Riot innewohnen, ebenso erklären wie die staatliche Reaktion auf ihre Performances. Denn Performances, gerade solche, die im öffentlichen Raum, auf der Straße etc. stattfinden, sind nicht nur unvorhersehbar, auch ihre Wirkung auf Passanten, auf potentielle Teilnehmer und Rezipienten, die dieses ephemere Ereignis zu diskursivieren imstande sind, ist unkontrollierbar. Ein politisches System wie das Russlands kann also das revolutionäre Potential solcher Aktionen nicht hinlänglich absehen.

Davon abgesehen sind Repressionen gegen AnarchistInnen in der russischen Geschichte durchaus bekannt, man denke beispielsweise an die gewaltsame Zerschlagung der ukrainischen Machnowschtschina (Machnovščina) durch die Rote Armee oder an den Aufstand in Kronstadt.[40] Der Umstand, dass sich die Pussy Riot explizit auf eine der Ikonen des russischen Anarchismus, nämlich auf Pëtr Alekseevič Kropotkin beziehen, mag den ohnehin schon schwer zu beherrschenden Duktus der Performance-Kunst ebenso verschärfen wie der Umstand, dass sie an ihrer feministischen Haltung keine Zweifel lassen. Gerade in ihrer Verwendung der ‚Fluchsprache‘ Mat brechen sie nämlich mit einem gesellschaftlichen Tabu, das ihre feministischen Inhalte noch untermauert und ihnen zusätzlich Brisanz verleiht, bedenkt man, dass die Verwendung von Mat den Männern vorbehalten ist.

Ihre Performances – und als solche lassen sich die Aktionen der Pussy Riot durchaus bezeichnen –, in denen sie auch das avantgardistische Element der Zusammenführung von Kunst und Leben[41] aufgreifen, lassen sich in Anlehnung an Peter Bürgers „Theorie der Avantgarde“ als Instrument der Emanzipation verstehen.[42] Auch Edith Almhofer weist auf den Zusammenhang von Kunst und Lebenspraxis in der Performance-Kunst hin; in ihrem 1986 erschienen Werk „Performance Art, Die Kunst zu leben“ heißt es:

„In der Gleichsetzung von Kunst und Lebensprozessen allein, die den Werkzusammenhang jeder Live-Art konstituiert, versprechen sich die agierenden Künstler, die Kunst der Allgemeinheit als ein Wissen wieder zugänglich machen zu können, welches über die Reflexion hinaus Handlungsmodelle für das Alltagsleben des einzelnen zu demonstrieren weiß oder diesen selbst zu Änderungsprozessen nach eigenen Vorstellungen zu provozieren vermag [jedoch:] Je klarer der Blick in den Spiegel Kunst den Rezipienten die Verbildlichung des Schrecklichen und der Banalität unserer Lebenserfahrungen zurückwirft, desto lieber werden die entsprechenden künstlerischen Aussagen abqualifiziert und die Frage nach ihrem objektiven Kunstwert erhoben.“[43]

Gerade diese Abqualifizierung trifft auch die Kunst der Pussy Riot, welche häufig als Punkband bezeichnet und im Kontext der Riot Grrrl Bewegung besprochen werden, deren performatives Potential aber weitgehend unbeachtet bleibt.[44] Ihnen einen Platz in der Performance-Kunst einzuräumen, sie als Künstlerinnen zu betrachten bleibt häufig aus, wobei die Pussy Riot im Kontext der Performance-Kunst zu besprechen eigentlich nahe liegend sein sollte. Denn Performance-Kunst, also jene an die Aufführung singulärer Ereignisse geknüpfte Künste des Handelns,[45] so wie sie auch von der westlichen Kunstwissenschaft begriffen wird, zeichnet sich beispielsweise laut RoseLee Goldberg gerade dadurch aus, dass sie ein nahezu unbegrenzt erweiterbares Medium ist, das sich durch seine Tabulosigkeit, endlose Variabilitität und seinen anarchischen Kern charakterisiert.[46] Mit Kristine Stiles lässt sich die Performance-Kunst folgendermaßen fassen:

„Often uncommodifiable, difficult to preserve and exhibit, a defiant of social mores and morals while upholding the highest ethical principles, performance art rendered palpable the anxious corporeal, physic, and social conditions of global culture in the radically changing electronic and nuclear age“[47].

Die Performance-Kunst, die sich laut Goldberg seit den avantgardistischen Kunstaktionen der klassischen Moderne entwickelt und vollzieht, ist eigentlich immer politisch, provokant, radikal und am Puls der Zeit ausgerichtet. Sie ist in dezidiertem Maße eine höchst zeit- und kulturimmanente Kunstform, die durch das Fehlen etablierter Gattungsgrenzen zum Experimentierfeld einiger der originellsten und radikalsten künstlerischen Ausdrucksweisen wurde.[48] Mit der Entgrenzung der Künste, mit dem Wechsel vom Werk zum Ereignis, werden die mit dem Werk gesetzten Relationen der Dichotomien von Material und Zeichenstatus sowie von Subjekt und Objekt in ein eher oszillierendes Verhältnis überführt, destabilisiert und letztlich zum Kollabieren gebracht.[49] Pussy Riot lediglich im Kontext des Punk Rock zu besprechen, wird ihrer künstlerischen Ausdrucksweise eines klar formulierten politischen Protests nicht gerecht. Auch Slavoj Žižek weist darauf hin, dass die Pussy Riot als Konzeptkünstlerinnen zu verstehen sind:

„Their message is: IDEAS MATTER. They are conceptual artists in the noblest sense of the word: artists who embody an Idea. This is why they wear balaclavas: masks of de-individualization, of liberating anonymity. The message of their balaclavas is that it doesn’t matter which of them got arrested — they’re not individuals, they’re an Idea. And this is why they are such a threat: it is easy to imprison individuals, but try to imprison an Idea! The panic of those in power — displayed by their ridiculously excessive brutal reaction — is thus fully justified. The more brutally they act, the more important symbol Pussy Riot will become. Already now the result of the oppressive measures is that Pussy Riot are a household name literally all around the world.“[50]

Und tatsächlich ist es den Pussy Riot gelungen, ein enormes, globales Medienecho zu provozieren. Die Performances selbst waren dabei jedoch wohl weniger ausschlaggebend für das Interesse der Weltöffentlichkeit als die staatliche Reaktion auf ihre Aktionen. Ihre staatskritische, anarchistische und feministische Haltung wurde letztlich, eben aufgrund der Reaktion Putins, weltweit bekannt und zum Gegenstand politischer Diskurse.

Dieses Ausmaß gesellschaftlicher Bekanntheit und Diskursivierung ist außergewöhnlich. Zwar gab es auch früher bereits Performances, die staatliche Repressionen nach sich zogen, man denke beispielsweise an die sogenannte „Uni-Ferkelei“ der Wiener Aktionisten im Jahre 1968, die von der Justiz und den Medien als Anlass einer juristischen und medialen Kriminalisierung der beteiligten Künstler genutzt wurde,[51] aber eine Performance-Gruppe, die mit so heftigen staatlichen Repressionen zu kämpfen hat und dennoch medial positive Resonanz erfährt, stellt schon eine Besonderheit dar. Unter Zuhilfenahme digitaler Medientechnologie scheint ihnen die Weltöffentlichkeit eine Form positiver und solidarischer Aufmerksamkeit zu schenken, die weder herkömmlichen Performance-Gruppen noch Punkbands zuteil wird, sondern die ihren politischen Anspruch – die sie als politische Gefangene – zum Bestandteil des Diskurses um Menschenrechte werden lässt.

Dass gerade Pussy Riot es mittels ihrer Performances und über die politische Reaktion auf ihre Aktionen geschafft haben, das öffentliche Interesse auf die soziopolitischen Missstände in Russland zu lenken, ist aus mehrerlei Gründen erstaunlich. Zum einen ist es verwunderlich, dass sie als Punkband kategorisiert den Weg aus den subkulturellen hinein in die Mainstream-Diskurse geschafft haben, zum anderen gibt es unzählige Beispiele von Menschenrechtsverletzungen, denen nicht so viel mediale Aufmerksamkeit geschenkt wird, obgleich sie nicht weniger brisant sind, und schließlich ist die Performance-Kunst, obzwar es Bestrebungen, beispielsweise von Marina Abramović, gibt, sie salonfähig zu machen, nach wie vor eine Kunstform, die im öffentlichen Bewusstsein einen marginalisierten Platz einnimmt.

Wir sehen seit den 1980er Jahren Künstlerinnen, die ihre Gesichter mit Gorillamasken tarnen und gegen die Diskriminierung des weiblichen Geschlechts in der Kunstwelt kämpfen (Guerrilla Girls). Künstler haben zu Zeiten des Kalten Krieges hinter dem Eisernen Vorhang so extreme Performances gemacht, dass sie sich einer Beschreibung ihrer psychologischen Wirkung auf die Teilnehmer beinahe entziehen (Tomáš Ruller, Stuart Brisley). KünstlerInnen machen auf die Folgen von Krieg und Repression, von Menschenrechtsverletzungen und Folter aufmerksam (Mona Hatoum, Regina José Galindo) oder auf die Verwertungslogik und Ausbeutungsmechanismen, die der kapitalistischen Fortschrittsmaxime geschuldet sind (Santiago Sierra, Francis Alÿs). Wir haben Performances gesehen, in denen sich die Künstler verletzen (Günter Brus, Gina Pane) oder vom Publikum verletzt werden (Marina Abramović, Joseph Beuys). Wir haben nackte und bekleidete Menschen gesehen, die Geschlecht, Sexualität, Individualität und Abnormalität zum Thema ihrer Performances machen (Annie Sprinkel, Ana Mendita, Adrian Piper, Vito Acconci). Aber welche dieser Performances hatte so ein lang anhaltendes Medienecho?

Pussy Riot sind, wie schon Žižek konstatiert, zum Symbol und zu Ikonen geworden. Durch die mediale Verharmlosung – sie werden zumeist als ‚Mädchen‘, nicht als Frauen, oder eben als Punk Girls bezeichnet – bieten sie sich als Projektionsfläche und Identifikationsfiguren für Menschen verschiedenen politischen und sozialen Hintergrunds an. Das bürgerliche Lager kann sie als Beispiel zivilen Ungehorsams, die radikalere Linke als Widerstandskämpferinnen betrachten. Ihre mediale Verwertung eignet sich folglich, um einem breiten Spektrum westlicher Rezipienten ein das eigene Selbst- und Weltbild nicht gefährdendes, Identifikationsmoment anzubieten. Auch ihre kremlkritische Haltung ist für die westliche Presse prädestiniert, um die Geschichte um die ‚Mädchen‘, die lautstark Putin und den russischen Staat kritisieren und dafür inhaftiert werden, zu skandalisieren.

Solange sie also nicht im Kontext der Performance-Kunst einer ernsthaften Betrachtung ihres politischen Potentials unterzogen werden, eignen sie sich für den medialen Kampf um diverse politische Interessen und können gefahrlos auch Eingang in den Mainstream-Diskurs finden. Als Performance-Gruppe begriffen, als Künstlerinnen, in deren Aktionen das theatrale Als-Ob eben nicht mehr gilt und die, um mit Helge Meyer zu sprechen, mit extremen Mitteln an einer Pädagogik der Moral, abseits der Massenmedien an moralischen Grundfragen arbeiten[52] – als Künstlerinnen, die mit den Möglichkeiten und Bedingungen von Kunst engagiert experimentieren, die sich eine schlüssige Wirklichkeitsdeutung über das Aufdecken der Mechanismen der Welt zum Ziel setzen und so versuchen, das zeit- und kulturimmanente Verhältnis von Kunst und Leben und die daraus resultierende Notwendigkeit dieser Kunstform in unserer Gesellschaft zu Bewusstsein zu bringen, wie es sich mit der Theorie Almhofers fassen ließe,[53] könnte man sie nicht mehr entschärft dem weltweiten Medieninteresse dienstbar machen. Dann bliebe nur zu sagen: „Kunst ohne Ethik ist Kosmetik“.[54]

 

Anmerkungen

[1] In der Anonymität ist eine Gemeinsamkeit zu den Guerrilla Girls auszumachen, die sich in den USA insbesondere für die Rechte und die Anerkennung weiblicher Künstler engagiert und gesellschaftliche Missstände aufgreift. Anders jedoch als die Guerilla Girls, die durch Vermarktung ihre Projekte finanzieren, lehnen die Pussy Riots jegliche Vermarktung ab. So haben sich sowohl die inhaftierten Alëchina und Tolokonnikova als auch Samucevič gegen die Kommerzialisierung und den Verkauf von T-Shirts mit dem Pussy Riot-Konterfei auf den Konzerten von Madonna ausgesprochen. Siehe dazu: Franchetti, M. (2012): La sporca guerra dei soldi intorno alle Pussy Riot in La Stampa, 03.12.2012 online [abgerufen am 02.01.2013]: „La cosa ha fatto arrabbiare le ragazze incarcerate, che sono contrarie a qualunque commercializzazione della loro band e combattono una battaglia sempre più difficile per impedire a una schiera di persone di lucrare sulla loro fama. […] «Fermate la registrazione del marchio! Fermate questa follia! – ha detto -. Sono profondamente disgustata dalle discussioni finanziarie. Il denaro è polvere. Se qualcuno ne ha bisogno, lo prenda… Io ho bisogno di libertà, ma non per me. Per la Russia»“

[2] Siehe dazu: Langston, H.: „Meeting Pussy Riot“, Rubrik Music in: Vice, New York, 12.03.2012, online: http://www.vice.com/read/A-Russian-Pussy-Riot [abgerufen am 25.09.2012]. Siehe auch: Krongaus, E. (2012): Kak mnogo devušek chorošich, S. 18-23 in: Žurnal Bol’šoj Gorod, Moskau, Nr. 291, 08.02.2012.

[3] Langston, H. (2012): Meeting Pussy Riot, Rubrik Music in: Vice, New York, 12.03.2012, online: http://www.vice.com/read/A-Russian-Pussy-Riot [abgerufen am 25.09.2012]: „VICE: So what inspired you guys to start Pussy Riot?
Kot: Pussy Riot came to action around the end of September 2011, right after Putin announced that he was planning to return as president and brutally rule Russia for at least 12 more years.
Serafima: Right, and at that point we realized that this country needs a militant, punk-feminist, street band that will rip through Moscow’s streets and squares, mobilize public energy against the evil crooks of the Putinist junta and enrich the Russian cultural and political opposition with themes that are important to us: gender and LGBT rights, problems of masculine conformity, absence of a daring political message on the musical and art scenes, and the domination of males in all areas of public discourse.“

[4] Vgl. Auslander, Philip (2006): The Performativity of Performance Documentation, in: PAJ, A Journal of Performance and Art, PAJ 84, Sep 2006, Vol. 28, No. 3, 1ff. u. Jones, Amelia (1997): Presence in Absentia, Experiencing Performance as Documentation, in: Art Journal, Vol. 56, No. 4, Performance Art: (Some) Theory and (Selected) Practice at the End of This Century, Winter 1997, 12.

[5] Siehe : Pussy Riot: „Gruppa Pussy Riot žžet putinskij glamur“, youtube, http://www.youtube.com/watch?v=CZUhkWiiv7M [abgerufen am 25.09.2012].

[6] Das Portrait Putins ist auf der Webseite Safronovs, http://www.nikas-s.ru/web/ru.html, in Rubrik Galerie/Klassik/Männer an letzter Stelle zu finden.

[7] Siehe: Joll, J. (19802): „The anarchists“, Cambridge.

[8] Siehe : Pussy Riot: „Devčonki iz PUSSY RIOT zachvatyvajut transport“, youtube, http://www.youtube.com/watch?v=qEiB1RYuYXw [abgerufen am 25.09.2012].

[9] Siehe: Medvedev, D. A. (2008): Federal’nyj zakon Rossijskoj Federacii o popravke k Konstitucii Rossijskoj Federacii ot 30 dekabrja 2008 g. N 6-FKZ in: Rossijskaja Gazeta, Moskau, Nr. 4824, 31.12.2008. online: rg.ru/2008/12/31/konstitucia-popravki-dok.html [abgerufen am 25.09.2012]. Hierbei handelt es sich um die Verfassungsänderung der Russischen Föderation vom 30.12.2008; der Gesetzestext erschien in der Rossijskaja Gazeta; eine russische Tageszeitung und gleichzeitig Amtsblatt der russischen Regierung, online abrufbar:
„Federal’nyj zakon Rossijskoj Federacii o popravke k Konstitucii Rossijskoj Federacii ot 30 dekabrja 2008 g. N 6-FKZ
„Ob izmenenii sroka polnomočij Prezidenta Rossijskoj Federacii i Gosudarstvennoj Dumy“
Odobren Gosudarstvennoj Dumoj 21 nojabrja 2008 goda, Odobren Sovetom Federacii 26 nojabrja 2008 goda
Stat’ja 1
Vnesti v Konstituciju Rossijskoj Federacii, prinjatuju vsenarodnym golosovaniem 12 dekabrja 1993 goda (Rossijskaja gazeta, 1993, 25 dekabrja), sledujuščie izmenenija:
1) čast’ 1 stat’i 81 izložit’ v sledujuščej redakcii: „1. Prezident Rossijskoj Federacii izbiraetsja srokom na šest’ let graždanami Rossijskoj Federacii na osnove vseobščego ravnogo i prjamogo izbiratel’nogo prava pri tajnom golosovanii.“;
2) čast’ 1 stat’i 96 izložit’ v sledujuščej redakcii: „1. Gosudarstvennaja Duma izbiraetsja srokom na pjat’ let.“
Stat’ja 2 […]
Prezident Rossijskoj Federacii D. Medvedev“

[10] Siehe Pussy Riot: „PUSSY RIOT pojut politzekam na kryše tjur’my“, youtube, http://www.youtube.com/watch?v=mmyZbJpYV0I [abgerufen am 25.09.2012].

[11] Siehe Pussy Riot: „Pussy Riot na Krasnoj ploščadi – pesnja Putin zassal“, youtube, http://www.youtube.com/watch?v=7kVMADLm3js [abgerufen am 25.09.2012].

[12] Siehe Pussy Riot: „Pank-moleben „Bogorodica, Putina progoni“ Pussy Riot v Chrame“, youtube, http://www.youtube.com/watch?v=GCasuaAczKY [abgerufen am 25.09.2012].

[13] Das Eindringen in eine Kirche und die Störung sind auch in der BRD ein Straftatbestand nach §123 und §167 StGB, wobei auch Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren drohen können. Bislang wurden solche Taten jedoch als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Die detaillierten Beschreibungen aller Performances sollen auch verdeutlichen, dass diese Performance der Gruppe Pussy Riot provokativ und politisch sowie für die anwesenden Gläubigen als beleidigend zu deuten ist, aber nicht aus Hass gegen die russisch-orthodoxe Kirche und die Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft entstanden sind. Es wurde weder die Kirche entweiht noch eine liturgische Handlung gestört. Ebenfalls sei anzumerken, dass die russisch-orthodoxe Kirche auch keine Anzeige erstattet hat. Wenn von Handlungen, die durch religiösen Hass motiviert sind, die Rede sein soll, dann gehören wohl eher das Beschmieren jüdischer Grabmale oder das Urinieren in Weihwasserbecken dazu und nicht die Performance der Gruppe Pussy Riot. Siehe eine Auflistung antisemitisch motivierter Straftaten: Peters, K. (2012): Antisemitische Angriffe. Beleidigungen, Randale, Prügel in Spiegel-online vom 05.12.2012, online: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/antisemitismus-gewalt-gegen-juden-in-deutschland-a-871133.html [abgerufen am 02.01.2013]. Siehe zu Urinieren in ein Weihwasserbecken: Kronewitter, Th. (2011): Kirchengemeinde verzweifelt in: Süddeutsche Zeitung vom 25.07.2011, online: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/vandalismus-in-milbertshofen-kirchengemeinde-verzweifelt-1.1124099 [abgerufen am 02.01.2013].

[14] Siehe: Lebedev, V. M. und Demidov V. V. (2007): Postanovlenie Plenuma Verchovnogo Suda Rossijskoj Federacii ot 15 nojabrja 2007 g. N 45 g. Moskva in: Rossijskaja Gazeta, Moskau, Nr. 4523, 21.11.2007. online: http://www.rg.ru/2007/11/21/sud-dok.html [abgerufen am 25.09.2012].

[15] Ein herzlicher Dank gilt von Gall für den Hinweis auf die Modifizierung des Gesetzes über das Rowdytum. Die juristische Analyse des Falls, in der auch auf die Nähe zum Extremismusgesetz Artikel 282 eingegangen wird, kann hier eingesehen werden: v. Gall, C. (2012): Vorerst gescheitert : »Pussy Riot« und der Rechtsstaat in Russland in: Russlandanalysen, Nr. 246 vom 02.11.2012, Bremen, 2012, S. 2-5

[16] Innerhalb des orthodoxen Glaubens nimmt die Gottesgebärerin und Jungfrau Maria wie in der katholischen Kirche eine besondere Stellung ein, wobei jedoch nicht die Vorstellung der unbefleckten Empfängnis geteilt wird. Die Reliquie Mariens zählt zu den biblischen Reliquien und ist somit im besonderen Maße verehrungswürdig. Dem Cingulum Mariens wird unter anderem das Wunder der Fruchtbarkeit zugesprochen. Zu dieser Reliquie pilgerte auch Putin.

[17] Das Dokument war zunächst nicht zugänglich, allerdings hatte einer der Rechtsanwälte Mark Fejgin in seinem Webblog auf der Webseite LiveJournal einen Scan des Gutachtens hochgeladen. Somit konnte die Echtheit nicht vollständig verifiziert werden. Gleichzeitig wurde der Text jedoch auch in der konservativen Tageszeitung Russkaja narodnaja linija veröffentlicht, wodurch eine gewisse Sicherheit gegeben ist, dass dieses Expertise auch den abgedruckten Wortlaut besitzt. Ebenfalls kann die Expertise mittlerweile auf der Webseite des Instituts für staatlich-konfessionelle Beziehungen und Recht (Institut gosudarstvenno-konfessional’nych otnošenij i prava) abgerufen werden.
Siehe: Abramenkova, V. V., Ponkin, I. V., Troickij, V. Ju. (2012): Zaključenie Komissii ėkspertov po delu «Pusi Rajt» in: Russkaja narodnaja linija, 24.10.2012, online: http://ruskline.ru/analitika/2012/10/24/zaklyuchenie_komissii_ekspertov_po_delu_pusi_rajt/#_ftnref16, abgerufen am 25.10.2012.  Und siehe die gescannte Version in dem Weblog von M. Fejgin, 25.06.2012: http://mark-feygin.livejournal.com/89127.html, abgerufen am 25.09.2012. Siehe weiter die durch I. V. Ponkin autorisierte und unter der Rubrik „Extremismus“ zu findende Version: „Conclusion de la Comission d’experts (expertise judiciaire complexe psychologique-linguistique pour l’affaire criminelle du pank-groupe ‚Pussy Riot‘)“, online: http://state-religion.ru/extremism/39-conclusion-de-la-comission-dexperts-expertise.html, abgerufen am 02.01. 2013.

[18] Siehe: Abramenkova, V. V., Ponkin, I. V., Troickij, V. Ju. (2012): Zaključenie Komissii ėkspertov po delu «Pusi Rajt» in: Russkaja narodnaja linija, 24.10.2012, online: ttp://ruskline.ru/analitika/2012/10/24/zaklyuchenie_komissii_ekspertov_po_delu_pusi_rajt/#_ftnref16 [abgerufen am 25.10.2012]: „Analiz teksta issleduemoj pesni učastnic gruppy ‚Pussy Riot’ v celom pozvoljaet vyjavit’ javnuju iskusstvennost’, logičeskuju neobosnovannost’ vključenija v pesnju, ischodja iz ee obščej smyslovoj kompozicii, sledujuščego ee tekstovogo fragmenta, razmeščennogo v načale teksta pesni i povtorennogo v ee konce: «Bogorodica, Devo, Putina progoni | Putina progoni, Putina progoni».“

[19] Siehe: Levinskaja, I. A.  und Uzunova, V. G. (2012): K voprosu ob ėkspertize dejstvij gruppy «Pussy riot».V zaščitu naučnoj issledovatel’skoj dejatel’nosti.Ėkspertiza v karatel’nom stile, 20.07.2012, online: http://www.spass-sci.ru/news/detail.php?ID=300 [abgerufen am 25.09.2012].

[20] Die apostolischen Regeln sind in den orthodoxen Kirchen umfangreicher als in der katholischen Kirche. Die hier angesprochene Regel Nr. 9 des apostolischen Rechts bezieht sich darauf, dass niemand die Gebete oder den Gottesdienst zu stören habe. Als Konsequenz solle die- oder derjenige exkommuniziert werden. Formal hat also die orthodoxe Kirche die Möglichkeit, die Mitglieder der Gruppe Pussy Riot aus der Gemeinschaft der Gläubigen auszuschließen, sofern sie orthodoxen Glaubens sind. (Gleichzeitig ist fraglich, ob diese Regeln heutzutage alle streng eingehalten werden, denn die Regeln 69, 70 und 71 verbieten beispielsweise den Besuch einer Synagoge. Allerdings war der Patriarch Jerinej der autokephalen, serbisch-orthodoxen Kirche (der russisch-orthodoxen Kirche gleichrangig) bereits am 08.12.2010 anlässlich des Chanukka-Festes in der Belgrader Synagoge.) Siehe Regel 9: Apostol’skie pravila, online: http://www.agioskanon.ru/apostol/001.htm#9  [abgerufen am 02.01.2013]: „9. Vsech vernych, vchodjaščich v cerkov’, i pisanija slušajuščich, no ne prebyvajuščich na molitve i svjatom pričaščenii do konca, kak bezčinie v cerkvi proizvodjaščich, otlučat’ podobaet ot obščenija cerkovnogo.“

[21] Die Trullanische Synode wurde im Jahre 691 einberufen, um weitere Regeln und Verbote zu erlassen, die den Regelkanon der vorherigen Konzile vervollständigen sollten. Der Kanon 62 bezieht sich auf die Festlichkeiten zu Ehren des Pan und des Bacchus. Den Christen wurde verboten, an diesen Feiern teilzunehmen, zu tanzen oder sich zu verkleiden. Der Kanon 75 bezieht sich auf das adäquate Singen in der Kirche und ist vielmehr der Frage geschuldet, ob die Psalter gesungen werden können oder besser gelesen werden. Siehe dazu den genauen Wortlaut der 62. und 75. Regel in englischer Übersetzung: Schaff, Ph. (o. J.): The Canons Of The Council in Trullo; Often Called The Quintisext Council. in: The Seven Ecumenical Councils, online: http://www.ccel.org/ccel/schaff/npnf214.html [abgerufen am: 02.01.2013]: xiv.iii. lxii et lxxvi: Canon LXII:
„The so-called Calends, and what are called Bota and Brumalia, and the full assembly which takes place on the first of March, we wish to be abolished from the life of the faithful. And also the public dances of women, which may do much harm and mischief. Moreover we drive away from the life of Christians the dances given in the names of those falsely called gods by the Greeks whether of men or women, and which are performed after an ancient and un-Christian fashion; decreeing that no man from this time forth shall be dressed as a woman, nor any woman in the garb suitable to men.  Nor shall he assume comic, satyric, or tragic masks; nor may men invoke the name of the execrable Bacchus when they squeeze out the wine in the presses; nor when pouring out wine into jars [to cause a laugh], practising in ignorance and vanity the things which proceed from the deceit of insanity. Therefore those who in the future attempt any of these things which are written, having obtained a knowledge of them, if they be clerics we order them to be deposed, and if laymen to be cut off.“
Und Canon LXXV: „We will that those whose office it is to sing in the churches do not use undisciplined vociferations, nor force nature to shouting, nor adopt any of those modes which are incongruous and unsuitable for the church: but that they offer the psalmody to God, who is the observer of secrets, with great attention and compunction. For the Sacred Oracle taught that the Sons of Israel were to be pious.“

[22] Das Konzil von Laodicea war eine auf Asia minor beschränkte Synode, die insgesamt 60 Regeln bestimmte. Die Regel 15 verbat der Gemeinde in der Kirche zu singen. Dies ist heutzutage in den orthodoxen Kirchen nicht gültig. Siehe den genauen Wortlaut in englischer Übersetzung: Schaff, Ph. (o. J.): Synod of Laodicea in The Seven Ecumenical Councils, online: http://www.ccel.org/ccel/schaff/npnf214.html [abgerufen am: 02.01.2013] viii.vii.iii.xv: Canon XV: „No others shall sing in the Church, save only the canonical singers, who go up into the ambo and sing from a book.“

[23] Siehe: V. Abramenkova, I. Ponkin, V. Troickij (2012): Zaključenie Komissii ėkspertov po delu «Pusi Rajt» in: Russkaja narodnaja linija, 24.10.2012, online: http://ruskline.ru/analitika/2012/10/24/zaklyuchenie_komissii_ekspertov_po_delu_pusi_rajt/#_ftnref16, abgerufen am 25.10.2012: „Faktičeski slovosočetanie «sran’ Gospodnja» obladaet «bogochul’nym», «koščunstvennym» smyslom, imeja ob‘‘ektom posjagatel’stva pravoslavnych verujuščich, ich prava. Publičnoe proiznesenie ėtogo slovosočetanija, s učetom mesta soveršenija ėtogo dejanija, javljaetsja grubym narušeniem obščestvennogo porjadka.“ Scharfe Kritik an der Expertise und der Anklageschrift übte auch der russisch-orthodoxe Diakon Andreja Kuraev in seinem Blog. Insbesondere der Vorwurf, dass das Auftreten auf dem Ambon/Solea gotteslästerlich sei, wird Gegenstand seiner Polemik. Siehe: Kuraev, A. (o. J.): Novoe o večnych ustojach (Eine Neuigkeit zu den ewigen Grundsätzen), online: http://diak-kuraev.livejournal.com/337400.html, abgerufen am 02.01.2013.

[24] Siehe: Levinskaja, I. A. und Uzunova, V. G. (2012): K voprosu ob ėkspertize dejstvij gruppy «Pussy riot».V zaščitu naučnoj issledovatel’skoj dejatel’nosti.Ėkspertiza v karatel’nom stile, 20.07.2012, online: http://www.spass-sci.ru/news/detail.php?ID=300, abgerufen am 25.09.2012: „Ėtot frazeologizm polučil nekotoroe rasprostranenie v sovremennom russkom jazyke čerez dublirovanie amerikanskich fil’mov kak perevod amerikanskoj idiomy Holy shit (v diskussijach o perevode amerikanskich fil’mov v internete v kačestve avtora perevoda ėtoj idiomy kak «sran’ Gospodnja» nazyvajut L. V. Volodarskogo).“

[25] Siehe: Beljakova, N. (2009): Kontrolle, Kooptation, Kooperation. Sowjetstaat und Orthodoxe Kirche, in: Osteuropa, 6, Berlin, 2009, nur online verfügbar, online: http://www.osteuropa.dgo-online.org/issues/issue.fulltext.2009.1245747480000.14 [abgerufen am 02.01.2013]: „So waren einerseits alle kirchlichen Mitarbeiter, denen wirtschaftlich-organisatorische Tätigkeiten der verschiedensten Art oblagen, immer angreifbar – man konnte sie wegen ihrer Rechtsverletzungen immer zur Verantwortung ziehen -, andererseits waren sie mit der lokalen Nomenklatura ‚verwoben‘, die materielle Zuwendungen erteilte. Die Kirche hatte ihren festen Platz in der Schattenökonomie, weswegen sie später schnell mit dem System der ökonomischen Beziehungen verschmelzen konnte, das in der späten Perestrojka-Zeit begann. […] Die orthodoxe Kirche wurde nicht zu einer oppositionellen Kraft im Land, das ‚polnische Szenario‘ wiederholte sich in der Sowjetunion nicht, der orthodoxe Klerus handelte ‚im Geiste von Staatlichkeit und Patriotismus‘. […] Die Zusammenarbeit mit dem KGB war eine von vielen Aktivitäten zugunsten des sowjetischen Staates, dessen Patrioten die geistlichen Würdenträger waren. ‚In den bloßen Kontakten zum KGB sehe ich nichts Verwerfliches: Der KGB war ein Staatsorgan, und wir waren Bürger des Staates‘, sagte in einem Interview 2002 ein äußerst „liberaler“ Würdenträger der ROK, Metropolit Chrizostom (Martiškin). Wie sich die Zusammenarbeit gestaltete, war die Sache des Einzelnen: ‚Ich selbst hatte Kontakte zum KGB, habe aber niemanden verpfiffen. Ohne die Kontakte ging es nicht, so war das System. Und ich bin davon überzeugt, dass die allermeisten geistlichen Würdenträger ebenfalls gezwungen waren, Kontakte zum KGB zu unterhalten. Es geht lediglich darum, welcher Art diese Kontakte waren‘. Ähnlich äußert sich auch Metropolit Mefodij (Nemcov) . […] Die in der modernen russischen Tradition existierende ausschließliche Vorstellung von einem Modell der Symphonia weltlicher und kirchlicher Macht, die auch in die ‚Sozialkonzeption der ROK‘ Eingang gefunden hat, verhindert eine ernsthafte kirchliche Diskussion. […] So schildert der damalige stellvertretende Leiter der kirchlichen Auslandsabteilung, Priester V. Čaplin: ‚Einige Geistliche lieferten wirklich Informationen über ihre Amtsbrüder, manche aus Bosheit, andere, um Konkurrenten zu beseitigen, dritte, um eigene Rechnungen zu begleichen. Das ist, im Gegensatz zum natürlichen Kontakt, den die Kirche mit jeder staatlichen Macht unterhalten muss, wirklich Sünde. Aber diese Sünde ist kein Phänomen der Sowjetzeit: Es gab sie zu Zarenzeiten und es gibt sie heute (sowohl in Russland als auch im Westen), und es wird sie vermutlich immer geben. So lange, wie Machthaber Denunziationen Gehör schenken.‘“

[26] Dies stimmt auch mit der Eigenaussage der Pussy-Riot in ihrem Blog überein, wo sie ihre politischen Überzeugungen aufzählen: Feminismus, den Kampf mit den Strafverfolgungsbehörden, der Schutz der LGBT-Gemeinschaft, der Antiputinismus, die radikale Dezentralisierung der Regierungsbehörden, die Rettung des Chimki-Waldes und die Umsiedlung der Hauptstadt der Russischen Föderation nach Ostsibirien. Siehe: Pussy Riot (2011): O Gruppe Pussy Riot. , 07.11.2011, online: http://pussy-riot.livejournal.com/5497.html [abgerufen am 02.01.2013]: „Kakie u učastnikov gruppy političeskie ubeždenija? Političeskie interesy učastnic i učastnikov gruppy – feminizm, bor‘ba s pravoochranitel‘nymi organami, zaščita LGBT, antiputinizm i radikal‘naja decentralizacija organov vlasti, spasenie Chimkinskogo lesa i perenos stolicy RF v Vostočnuju Sibir‘.“

[27] Siehe: Hausmann, R. u. a. (2012): The Global Gender Gap Report 2012, Genf, S. 302-303.

[28] Siehe: Johnson, S. (1991): Spontaneous privatisation in the Soviet Union. How, Why and for whom?, Cambridge (USA), S. 11: „Nevertheless, we can tentatively identify some of the Soviet winners in spontaneous privatization, particularly the people gaining property rights. The process is clearly initiated in most cases by managers seeking greater residual rights of control, and often with a clear idea of what they would like to do with this autonomy. […] Lower level bureaucrats [hier gemeint die Komsomols] and managers together have the information necessary to control the use of productive assets, and they are most likely to be the principle winners.“

[29] Siehe: Timakova, N.; Aksenov, S. (1997): Tetja iz Zelenograda“ in „Kommersant-Vlast‘, Nr. 44, 250, 02.12.1997, S. 20-23.

[30] Siehe: Bridger, S. u. a. (1996): No more Heroines?. Russia, women and the market., New York, S. 30: “As the sex industry developed apace, with prostitution becoming an increasingly visible aspect of big city life and both imported and homemade pornography becoming widely available, the protests which came were inevitably on moral grounds. Larisa Kuzetsova, a regular writer on women’s issues. Complained in 1990 that of all the many letters received by the press in response to articles about pornography, not one had come from a woman condemning the way that women were portrayed.”

[31] Siehe eine Analyse der Rolle der organisierten Kriminalität in den 90er Jahren: Hancock, M. D. u. Logue, J. (2000): „Transitions to capitalism and democracy in Russia and Central Europe“, Westport, Conn., S. 305: “The criminalization of Russian society and the Russian state leaves little doubt that the Mafia clans, at least thus far, have emerged as the real winners and victors in the potential struggles of the transition from communism zo post-communism. […] Already in 1995, according to calculations of the Analytical Centre of the Russian Academy of Sciences, they controlled 35 percent of the capital and 80 percent of the voting shares in the country. […] No country in the region, however, faces a problem of organized crime on a scale comparable to that of Russia. […] While much of the income of Ukrainian organized crime groups comes from car smuggling, Ukraine has also become a major transit country for drug trafficking, prostitution, and illegal immigration, reaching from Southeast Asia to Belgium.”

[32] Siehe: Romani, P. (2008): Die Frauenhandelsströme und -routen aus Osteuropa in Frauenhandel. Diskurse und Praktiken., Nautz, J. und Sauer, B. (Hg.), Göttingen, S. 65-80. Die aktive Bekämpfung des Menschenhandels in Europa ist bislang immer noch nicht gelöst worden: Auf der Internetseite Stop Violence against Women, www. Stopvaw.org/Stop_Violence_Against_Women, ist eine Länderdokumentation zu finden, die den Kampf gegen den Frauenhandel in der Russischen Föderation als desaströs beschreibt. Es ist jedoch kein alleiniges russisches Problem, da es nicht einseitig betrachtet werden darf, denn in den „Ländern der Freier“ werden ebenfalls nicht genug Mittel zur Bekämpfung aufgebracht.  Siehe dazu: o. V. (2010): Neue Schmiergeld-Affäre im Auswärtigen Amt in: Spiegel-online vom 18.12.2010, online: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/visa-vergabe-neue-schmiergeld-affaere-im-auswaertigen-amt-a-735435.html [abgerufen am 02.01.2013]: „Mitarbeiter mehrerer deutscher Botschaften stehen im Verdacht, im Auftrag internationaler Schleuserringe Hunderte erschlichener Visa ausgestellt und Schmiergelder kassiert zu haben. Nach Hinweisen aus dem Auswärtigen Amt ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin in acht Tatkomplexen wegen des Verdachts der bandenmäßigen Schleusung und Bestechlichkeit. […] 2004 war im Rahmen eines Schleuserprozesses eine ähnliche Praxis aufgeflogen. Im Zentrum stand damals die deutsche Botschaft in Kiew, die mehrere tausend erschlichene Visa erteilt hatte.“

[33] Ein weiteres großes Desiderat des gesamten Kontinents Europa ist in diesem Kontext die Anerkennung aller Frauen als menschliche Wesen unabhängig ihrer Herkunft, denn ohne Freier, die „Konsumenten“, die dies dulden, könnte es eigentlich keine illegale Prostitution geben.

[34] Vojna wurden durch ihre skandalträchtigen und gefährlichen Performances international bekannt. So projizierten sie einen Schädel mit Knochen auf das Weiße Haus in Moskau, dem Amtssitz der russischen Regierung. Sie verriegelten ein Restaurant namens Opričnik. Ebenfalls zeichneten sie einen 65m langen Phallus auf eine Hängebrücke gegenüber dem FSB-Gebäude. Alle ihre Aktionen können auf ihrer englischsprachigen Internetseite nachgelesen werden. Siehe: http://en.free-voina.org.

[35] Siehe: o.V. (2012): Sud protiv geev iz buduščego: zapret na parady seks-men’šinstv v Moskve do 2112 goda priznan zakonnym in Novosti Rossii online vom 07.07.2012, online: http://www.newsru.com/russia/07jun2012/hey100.html, abgerufen am 02.01.2013.

[36] Siehe dazu: Vojna: „Moscow lynching of 2 gays and 3 immigrants by Vojna group“, online: http://www.viddler.com/v/b9c8657c [abgerufen am 01.02.2013].

[37] Siehe dazu: o. V. (2007): Moskau: OB Luschkow bezeichnet Schwulen-Parade als Satansshow in: Ria novosti online vom 29.01.2007, online: http://de.rian.ru/society/20070129/59848474.html, abgerufen am 02.01.2013.

[38] Siehe: o. V. (2010): Prigovor organizatoram vystavki „Zapretnoe iskusstvo“ vstupil v silu in: Interfaks online vom 04.10.2010, online: http://www.interfax-religion.ru/?act=news&div=37634 [abgerufen am 02.01.2013].

[39] Kaplan, Janet A. (1999): Deeper and Deeper: Interview with Marina Abramovic, in: College Art Association (ed.): Art Journal, Vol 58, No. 2 (Summer, 1999), 7-21, S. 13.

[40] Siehe hierzu unter anderem Avrich, Paul (1973): The Anarchists in the Russian Revolution, London und Avrich, Paul (1978): The Russian Anarchists, New York.

[41] Ganz explizit rekurrieren sie, wie bereits erwähnt, auf die Zusammenführung von Kunst und Leben beispielsweise in der Performance Gruppa Pussy Riot žžet putinskij glamur in der der Anspruch von Kunst als Lebenspraxis expressis verbis auf dem Glaskasten in der Formulierung Život kak iskusstvo („Leben als Kunst“) zu lesen ist.

[42] Vgl. Bürger, Peter (2007): Theorie der Avantgarde, Frankfurt am Main, S. 72f.

[43] Almhofer, Edith (1986): Performance Art, Die Kunst zu leben, Wien / Köln / Graz, S. 138.

[44] Die Gruppe Pussy Riot wird gemeinhin in den deutschsprachigen Printmedien ebenso wie im deutschsprachigen Wikipedia als Punkband bezeichnet. Eine Zuordnung zur Performance-Kunst bleibt jedoch aus. Siehe hierzu beispielsweise: http://www.spiegel.de/politik/ausland/marija-aljochina-pussy-riot-mitglied-beendet-hungerstreik-a-903267.html u. http://en.wikipedia.org/wiki/Pussy_Riot.

[45] Vgl. Krämer, Sybille (2005): Performance und Zeugenschaft, Vortrag im Rahmen der performance art Konferenz, 16. Juli 2005, Berlin, in: http://www.formatlabor.net/blog/?p=162, 42-minütiger Videostream, 27.12.2008.

[46] Vgl. Goldberg, RoseLee (1988): Performance Art, From Futurism to The Present, überarbeitete und erweiterte Auflage, London, S. 9.

[47] Stiles, Kristine (1996): Performance Art, in: Stiles, Kristine / Selz, Peter (ed.): Theories and Documents of Contemporary Art, A Sourcebook of Artists’ Writings, Berkeley / Los Angeles / London, 679-694, S. 694.

[48] Vgl. Carlos, Laurie (2004): Introduction, Performance art was the one place where there were so few definitions, in: Goldberg, RoseLee: Performance, live art since the 60s, New York, S. 9.

[49] Vgl. Fischer-Lichte, Erika (2004): Ästhetik des Performativen, Frankfurt am Main, S. 30f.

[50] Žižek, Slavoj (2012): The True Blasphemy, in: http://chtodelat.wordpress.com/2012/08/07/the-true-blasphemy-slavoj-zizek-on-pussy-riot/

[51] Zu den juristischen und medialen Auswirkungen der Aktionen der Wiener Aktionisten im Rahmen der Veranstaltung „Kunst und Revolution“, die 1968 in Kooperation mit dem sozialistischen österreichischen Studentenbund in einem Hörsaal der Wiener Universität stattfand und die die Anklage und Inhaftierung einiger beteiligter Künstler nach sich zog, siehe: Raunig, Gerald (2005): Kunst und Revolution, Künstlerischer Aktivismus im langen 20. Jahrhundert, Wien, S. 179ff.

[52] Meyer, Helge (2008): Schmerz als Bild, Leiden und Selbstverletzung in der Performance Art, Bielefeld S. 182.

[53] Vgl. Almhofer (1986): 7.

[54] Abramović, Marina, in: Drathen, Doris von (1992): Kunst als Überwindung von Kunst, in: Romain, Lothar / Bluemler, Detlef (Hrsg.): Künstler, Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, Ausgabe 17, München, S. 3.

 

 Literatur

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„Pussy Riot na Krasnoj ploščadi – pesnja Putin zassal“, youtube, http://www.youtube.com/watch?v=7kVMADLm3js, abgerufen am 25.09.2012

„Pank-moleben „Bogorodica, Putina progoni“ Pussy Riot v Chrame“, youtube, http://www.youtube.com/watch?v=GCasuaAczKY, abgerufen am 25.09.2012

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