#instamood
[zuerst in: Katja Gunkel: »Der Instagram-Effekt. Wie ikonische Kommunikation in den Social Media unsere visuelle Kultur prägt«, Transcript Verlag, Bielefeld 2018.]
Einer Statistik auf der Instagram-Metaseite Webstagram zufolge zählt #instamood zu den 35 populärsten Hashtags innerhalb der Social-Media-Anwendung.[1] Das Hashtag steht in Verbindung mit dem gleichnamigen Instagram-Account @instamood,[2] stellt jedoch nicht zwangsläufig einen Verweis auf jenes Profil dar; vielmehr dient #instamood der Typisierung bzw. adäquaten Verschlagwortung wie Verortung von ‚Stimmungsbildern‘: „You’re supposed to use the #instamood hashtag if the photo you’ve taken reflects your mood.“[3]
Da sich jeder Aufnahme eine bestimmte Form von Stimmung zuordnen lässt, ist #instamood potentiell auf sämtliche Bilddateien anwendbar und wird communityintern dementsprechend inflationär und motivisch undifferenziert, zumeist als Floskel bzw. automatisch in Hashtagverbünden mitzitiertes Füllwort, verwendet. Neben Phrasen wie #instagood und #instalikes dient auch #instamood vorrangig dazu, die Reichweite und folglich die Resonanz eines Bilds zu vergrößern.[4]
Nimmt man das titelgebende Hashtag beim Wort, impliziert jene Chiffre zugleich multiple Lesarten und somit Bedeutungsvariationen: Erstens eine – wie auch immer konkret geartete – Stimmung, die kennzeichnend für die mobile Mediensoftware und deren Bildpraxis ist; sozusagen die spezifische Insta(gram)-mood als Wesensmerkmal. Analog zur eingangs zitierten Definition könnte das Hashtag zweitens auch die momentane Stimmung, die insta(nt) mood, des Nutzers kennzeichnen oder, drittens, auf den vorgefertigten, apparativ in der Funktion Grafikfilter zur sofortigen One-Click-Anwendung bereitliegenden Stimmungseffekt, quasi den insta(nt) mood (filter), abzielen. Dass alle drei Bedeutungsebenen passend sind, wird nachfolgend anhand eines Internetbilds beschrieben, das sich auf knowyourmeme.com im dort angelegten Bildpool zu Instagram finden lässt.
Bei der schwarzweiß gehaltenen, reduzierten Strichzeichnung handelt es sich um eine stilisierte Darstellung des Bildbearbeitungsmenüs von Instagram. Zum Zwecke der Bildaussage wurde das tatsächliche Interfacelayout des betreffenden Menübildschirms leicht abgewandelt, so dass alle verfügbaren Filter unmittelbar auf jener Startseite sichtbar sind. Die quadratische Rahmenlinie demarkiert die zu bearbeitende Aufnahme: Deren Inhalt liegt jedoch nicht als Bild vor, sondern wird vielmehr verbal als „my current situation“ beschrieben. Jene aktuelle Lagebestimmung des antizipierten Instagram-Nutzers ist demnach ganz offensichtlich motivindifferent. Für die Intention des Zeichners ist somit weder entscheidend, um welche Situation es sich konkret handelt, noch wie diese bildlich umgesetzt wird; von Relevanz ist einzig die gegenwärtige Gültigkeit der Selbstaussage. Als deren Platzhalter fungiert der formatfüllend zentriert gesetzte handschriftliche Text.
Durch die Applikation einer weiteren Bedeutungsebene ermöglichen die zweizeilig unterhalb des eigentlichen Bilds aufgereihten Effektfilter eine nähere Charakterisierung jener dargestellten bzw. in den Bildrahmen gesetzten temporären Subjektposition. In der gewählten künstlerischen Interpretation des Bildbearbeitungsprinzips von Instagram handelt es sich bei sämtlichen Filternamen um Adjektive, welche die Gemütsverfassung des kommunizierenden Subjekts genauer beschreiben: I am – im Geiste addiert – silly, dramatic, horny, envious, deeply contemplative usw. – oder auf die sprachliche Formel gebracht: „I am […] now.“ Die Lücke lässt sich je nach Gusto mit einem der softwareseitig bereitgestellten prädikativen Adjektive füllen. Hierdurch ändert sich die inhaltliche Aussage des Satzes und, übertragen auf die eigentlich von Instagram verarbeiteten bildbasierten Mediendateien, folglich die Bildbedeutung.
Gemäß der beschriebenen künstlerischen Auslegung der Programmlogik ist in jedem Filtereffekt ein ‚Stimmungsbegriff‘ codiert. Die Auswahl des situativ zutreffenden Grafikfilters dient demnach als Instrument, um die subjektiv-gefühlsmäßige, aktuelle Situation näher zu charakterisieren. Ergo besteht die Aussagefunktion nicht in einer Standortbestimmung der äußeren Realität – diese Funktion erfüllt das Geotagging – vielmehr ist die qua Grafikfilter bildsprachlich zu spezifizierende Lage eine innerliche.
Nie zuvor versprach ikonische Artikulation mehr Spontaneität und Unmittelbarkeit als in der Fusion von Social Media und internetfähigem Mobilgerät, basiert deren temporale Logik infolge maximaler mobiler Internetnutzung doch gerade auf Echtzeitlichkeit. Speziell im Kontext von Instagram beziehen Bilder ihre Relevanz vorrangig aus ihrer Aktualität bzw. unmittelbaren Teilhabe. In Kombination mit der integrierten Kamera bieten Smartphones erstmalig die Möglichkeit einer instantanen ikonischen Kommunikation über räumliche Grenzen hinweg. Im Kontext zeitgenössischer mobiler digitaler Bildproduktion wandelt sich das von Roland Barthes formulierte Noema der Fotografie „Es-ist-so-gewesen“[5] laut Ullrich zu einer situativen Ich-Botschaft mit stark begrenzter Halbwertszeit, einer im Präsens formulierten subjektiven Aussage: Es-ist-bei-mir-gerade-so.[6] Seinen Wahrheitsanspruch beziehe das mobile digitale Bild demzufolge aus seinem Status als Live-Erlebnis.[7] Jene Gegenwärtigkeit der Aufnahme, die auf der Annahme einer nahtlos anschließenden Veröffentlichung basiert und mithin an die „Ideologie der Realzeit-Verfügbarkeit von Internetmedien“[8] andockt, dient somit als deren authentifizierendes Signum. Dass Instagram in der kollektiven Vorstellung mit unverzüglicher ikonischer Kommunikation assoziiert wird, lässt sich auch an den Konventionen im Bereich des social tagging ablesen: So sind Mediendateien, die nicht unmittelbar nach ihrer Aufnahme in das kontinuierlich wachsende Bildarchiv von Instagram eingespeist werden, sprachlich als solche zu kennzeichnen. Signifikanten zeitlicher Asynchronizität sind hierbei Hashtags wie #latergram oder #throwbackthursday; usergenerierte Schlagwörter, deren etablierte Verwendung innerhalb der Online-Community bereits indiziert, dass jedwede Nachträglichkeit, jedes post festum veröffentlichte Dokument eine Abweichung von der Norm, d.h. von der kollektiv gängigen Bildpraxis darstellt und folglich als solche zu deklarieren ist.[9]
Die allenthalben proklamierte und derart normative Instant-Kommunikation steigert den Authentizitäts-(ein-)druck der Bilder und lässt fotografische Aufnahmen erwarten, die durch ihre vorgeblich unmittelbare Veröffentlichung wie ‚aus dem Leben gegriffene‘ Realien erscheinen. Irritiert wird jener Authentizitätstopos jedoch durch die stark stilisierte Bildsprache der fotografischen (Selbst-) Darstellungen auf Instagram, vermittels welcher die softwaregestützte grafische Nachbearbeitung offenkundig zutage tritt. Hierdurch scheint jedoch weder die Glaubwürdigkeit der Aufnahmen, geschweige denn deren Suggestivkraft nennenswert Schaden zu nehmen. Authentizität beziehen die Bilder folglich nicht aus ihrem dokumentarischen Charakter, sondern, mit Ullrich übereinstimmend, aus ihrem „emotionale[n] Erlebniswert“.[10] Die Bildbearbeitung diene, so Ullrich weiter, daher primär dazu, den „akut richtigen Stimmungswert[ ]“[11] hervorzuheben bzw. diesen bisweilen gar unter Berücksichtigung der anvisierten Adressaten individuell zu gestalten. Indem eine bestimmte Kombination aus schablonierten Stilelementen – im Fall von Instagram namentlich Farbe, Gradation und Struktureffekte – im jeweiligen Grafikfilter zur Anwendung bereitsteht, erfüllt dieses semiotische Konglomerat, Ullrichs Argumentation gemäß, den Zweck einer atmosphärischen Intensivierung der fotografischen Botschaft: Dem Sujet könne „im Moment des Fotografierens […] die gegenwärtige eigene Stimmung [aufgepfropft werden].“[12]
Sprachliche Wendungen wie ‚Weltanschauung‘ oder ‚Färbung des Gemütszustandes‘ bedienen sich zur Beschreibung von Effekten sowie Wirkweisen der Stimmung gehäuft optischer Metaphern, insbesondere aus dem Bereich der Farbwahrnehmung. Jener Nexus zwischen dem Polysem Stimmung und dem ästhetischen Phänomen Farbe ist im alltäglichen Sprachgebrauch fest verankert.[13] Als wahrnehmungspsychologische Variable verstanden, wird Stimmung daher vornehmlich durch das Stilmittel Farbe bedingt bzw. sinnbildlich repräsentiert.[14] Dementsprechend mag es kaum verwundern, dass Farbe sowohl für die Funktion Grafikfilter in Instagram als auch für die in Hipstamatic formalisierten visuellen Effekte als wesentliche gestaltende Komponente gelten kann.
Wie die Analyseergebnisse eindrücklich zeigen, erfährt die Farbigkeit des Ausgangsbilds durch Anwendung eines Filtereffekts in jedem Fall eine Modulation, selbst wenn die zwei weiteren zentralen Gestaltungselemente, Vignettierung und Oberflächenstrukturierung, nicht zum Tragen kommen. Denkt man die vorangehenden Ausführungen mit jener Beobachtung zusammen, lässt dies erstens die Schlussfolgerung zu, dass Stimmung – verstanden als subjektbezogene, durch Ich-Qualität gekennzeichnete ästhetische Größe[15] – im Fall von Instagram in der Funktion Grafikfilter codiert ist.[16] Da Farbe als dessen zentrales Gestaltungselement fungiert, kann die mittels Anwendung eines präfigurierten Effektfilters realisierte Farbtönung der Aufnahme als zentrales Ausdrucksmittel gelten. Die Postproduktion in Instagram fokussiert folglich hauptsächlich jenen Prozess der Umfärbung, welcher – in Übereinstimmung mit Ullrich – die fotografische Botschaft mit dem augenblicklich adäquaten Stimmungston versieht.[17] Auf exakt dieser Beobachtung basiert die nachfolgende Hypothese, welche dem vorliegenden Kapitel gleichsam als Ausgangspunkt dient: In Korrespondenz mit der beschriebenen, auf Konfigurierbarkeit wie Modularität basierenden Logik des (mobilen) digitalen Bilds gründet dessen Dokumentwert nicht auf einer dokumentarisch-objektiven fotografischen Repräsentation der Lebenswelt, sondern auf der echtzeitlichen Kommunikation von individuellen Sinnbildern, die das selbstkommunizierende Subjekt zentrieren.
Farbe als semiotische Ressource und zentrales Element bildhafter (Selbst-)Kommunikation
Das Kunstprojekt #reallifeinstagram des brasilianischen Designers Bruno Ribeiro untermauert nochmals die Relevanz der Farbtönung für die Wiedererkennbarkeit der instagramesken Bildästhetik. Der Titel weist bereits auf das zugrunde liegende Konzept, die Übersetzung der mobilen Mediensoftware in den Realraum, hin. Konkret geschieht dies in Form von Installationen, die in London, Tokyo und anderen Metropolen realisiert werden. Auf Augenhöhe im Hochformat werden hierzu an Straßenlaternen, Bauzäunen und anderen im Stadtraum vorgefundenen Objekten große Schilder aus weiß gestrichener Pappe befestigt. Etwas oberhalb der Mitte befindet sich eine quadratische, in der Breite nahezu formatfüllende Aussparung, in die eine semitransparente Farbfolie eingepasst ist; selbige materialisiert wortwörtlich die stilistische Essenz des Instagram-Looks. Über wie unterhalb dieser gerahmten Folie platziert Ribeiro Grafikelemente, die das Instagram-spezifische Interfacedesign und dessen Layout unverkennbar nachbilden.[18] Die Fensterung des Kartons ermöglicht die Durchsicht auf eine nunmehr farbig getönte und derart homogenisierte Umgebung. Das offene Fenster, als welches Ribeiro das Prinzip Instagram inszeniert, prüft das im Ausschnitt sichtbare Motiv nicht bloß auf seine fotogenen Qualitäten und folglich bildliche Eignung, sondern führt sogleich eine Wahrnehmungsveränderung herbei. Konkret fungiert die Farbfolie als künstlerisches Gestaltungselement der Realitätswahrnehmung. Im übertragenen Sinne und mit Hinblick auf die Bedeutung der Fenstermetapher (fenestra aperta) von Leon Battista Alberti für die visuelle Wahrnehmung wie pikturale Darstellung der Wirklichkeit versinnbildlicht sie zugleich den spezifischen geistigen Hintergrund, aus dem sie hervorgegangen ist.[19]
Mithilfe einer Längsschnittbetrachtung von Instagram lässt sich die Konstanz und demzufolge ungebrochene, gar akzentuierte Relevanz von Farbe als zentrales gestalterisches Mittel mobiler Bildbearbeitung sowohl mit Blick auf die zunehmend elaborierte Bildpraxis professioneller Nutzer als auch hinsichtlich der medienstrukturellen Veränderungen, insbesondere der softwareseitig angebotenen Bildbearbeitungsmöglichkeiten und des hierin implementierten Bildprogramms, belegen. Beide Aspekte greifen dabei fraglos ineinander und beeinflussen sich dementsprechend wechselseitig.
Aus praxeologischer Perspektive kann zum einen festgehalten werden, dass Instagram-Nutzer mit zunehmender Routine in der Verwendung des mobilen Bildmediums auf den Gebrauch der optional angebotenen Bildrahmen verzichten.[20] Zum anderen findet eine Abkehr von stark stilisierten Filtereffekten, welche sich mimetisch an vorgängige Medientechnologien und deren Stofflichkeit anlehnen, statt. Ein derart übersteigert-artifizieller ‚Retro-Look‘ spielt in der Bildsprache augenscheinlich kaum mehr eine Rolle. Vielmehr haben sich jener ursprüngliche instagrameske Bildstil und die hieraus resultierende ästhetische Uniformität der Bilder, deren Stilelemente vor allem für die verwendete App charakteristisch waren, über die Zeit immer weiter ausdifferenziert. Der Programmstil der Anfänge ist, so die These, einem Individualstil gewichen: Insbesondere professionelle Instagram-Nutzer, die innerhalb der Social-Media-Anwendung ökonomische Interessen verfolgen, versuchen einen signature look für ihre Bilder zu kreieren, um im besten Fall optische Wiedererkennbarkeit über eine konstante wie signifikante Bildsprache zu gewährleisten. Als bedeutsame zeitgenössische Werbefiguren wie -träger sind speziell Blogger bzw. ‚Influencer‘ allein schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit Profis im Bereich medialer Selbstinszenierung und distinguierter Mediennutzung.[21] Deshalb kann die ihrerseits etablierte Bildpraxis wie -sprache als richtungsweisend für eine finanziell verwertbare Mainstreamästhetik eingestuft werden. Innerhalb einer „Ökonomie der Sichtbarkeit“[22] dienen consistency filter der visuellen Selbstcharakterisierung wie Distinktion gleichermaßen, gilt es doch, sich von der einförmigen ästhetischen Sauce des Feeds abzuheben bzw. aus dieser prägnant herauszustechen, um derart bestenfalls das kontinuierliche Scrolling nicht bloß zu verlangsamen, sondern zugunsten einer eingehenderen Betrachtung des Einzelbilds zu unterbrechen.
Konsistenz gilt im Kontext des Social-Media-Marketing als zentrale Ingredienz eines erfolgreichen Firmen-, Marken-, Produkt- oder Personenauftritts. Hierbei spielt auch die Wahl der Bildbearbeitung eine entscheidende Rolle. Neben anderen Faktoren, wie beispielsweise ritualisierten Abläufen, empfehlen Werbestrategen unisono die Beibehaltung eines Farbschemas, um Wiedererkennbarkeit zu gewährleisten und das Gefühl von Wertbeständigkeit zu suggerieren.[23] Grafikfilter in Instagram stellen hierbei ein stark vereinfachtes und daher maximal benutzerfreundliches Hilfsmittel zur formal-ästhetischen Integration des Einzelbilds in das plurale Bildensemble der Profilansicht zur Verfügung. Durch ein Set gleichbleibender stilistischer (Bildbearbeitungs-)Parameter werden die Einzelbilder zu einem konsistenten ‚atmosphärischen Ganzen‘,[24] der visuellen Selbstinszenierung, vereinigt.
Persönlichkeit wird zunehmend über Farbschemata transportiert und der Aufnahme – um in der Photoshop-Metaphorik zu bleiben – in Form einer zusätzlichen Bildebene, dem eigens abgemischten Kolorit, appliziert. Die Art und Weise der Medienverwendung, vor allem jedoch die individuelle Bildbearbeitung, dient folglich indirekt der Artikulation von Identität, die im Kontext von Social Media selbst warenförmig zugerichtet wird.[25] Die schwedischstämmige Bloggerin Jenny Mustard legt auf Nachfrage ihrer Follower per YouTube-Video die einzelnen Arbeitsschritte ihres mobilen Bildbearbeitungsworkflows[26] sowie ihre konzeptuellen Erwägungen bei der Gestaltung ihrer cleanen, farblich reduzierten Bildsprache offen: „[…] how i manage my minimalist theme – with mostly black, white, and greys, a cool tone and without cluttering my feed.“[27] Direkt zu Beginn des Videos weist Mustard auf das anvisierte Darstellungsziel, eine möglichst große stilistische Kohäsion des eigenen Profiltableaus hin – „the most cohesive it [the theme; K.G.] is, the better.“[28] Im Mittelpunkt des gestalterischen Interesses steht die Entwicklung einer eigenen, bestenfalls unverkennbaren Bildsprache, welche aufgrund ihrer Kohärenz wie Konsistenz – „be consistent“[29] – in der Lage ist, als signature look ihrer Urheberin zu fungieren.
Sowohl die Bildnachbearbeitung als auch die Gestaltung bzw. formal-ästhetische wie inhaltliche Leitmotiventwicklung des profileigenen Bildensembles – theme genannt – sind gefragter Betreff von Videotutorials. Unter instagram edit und instagram theme haben sich auf YouTube in den letzten Jahren eigenständige Genres entwickelt, die laut Ergebnisanzeige jeweils bereits Uploads im zweistelligen Millionenbereich umfassen. Neben dem Bewegtbildformat des Erklärvideos auf YouTube existiert auch unter Pinterest-Nutzern ein reger Austausch über mobile Bildstile. Jene überwiegend unter Verwendung von VSCO[30] erstellten customized presets werden zumeist streng schematisch mithilfe von vier im Hintergrund platzierten Vorschaubildern visualisiert.
Im Bemühen um eine signifikante Bildsprache fallen die Farbschemata einzelner Blogger bzw. ‚Influencer‘ auffallend unterschiedlich aus: Während der gewählte Ausschnitt aus dem Profiltableau von @love_aesthetics von weiß dominiert wird und ausschließlich unbunte Farbwerte umfasst, nimmt das – ebenfalls weitgehend achromatische – Farbschema von @mija_mija verschiedene Helligkeitsabstufungen eines orangenen Farbtons hinzu.
Das entsprechende Farbprofil des Fragmentes aus dem Profiltableau von @fabianhart verzichtet demgegenüber komplett auf eine signifikante Verwendung von Reinweiß. Charakteristisch für den gewählten Ausschnitt seines Tableaus sind Pastelltöne; unter diesen stechen Cremebeige und Puderrosa, das sogenannte ‚Millenial Pink‘,[31] besonders hervor.
In Abhängigkeit zur Nutzungsdauer und der hierdurch zunehmenden Souveränität im Umgang mit mobiler Bildproduktion macht sich folglich eine steigende Individualisierungstendenz bemerkbar. Bezogen auf die Ich-Bildung qua Apps, dient die mobile digitale Bilddatei nunmehr als sprichwörtliches Containerformat für eine im Idealfall einmalige und in ihrer Originalität wiedererkennbare Bildsprache. Diese ist zu einem wesentlichen Teil durch die individuelle Kombination vorgefertigter, standardisierter und apparativ verfügbarer Effektschablonen, die derart selbst Warencharakter besitzen, gekennzeichnet. Obgleich weitaus weniger offensichtlich ist das aus jenem spezifischen Workflow hervorgegangene Bild dadurch ebenfalls ein aus warenförmigen Filtereffekten zusammengesetztes Zeichenensemble im Dienste der persönlichen Distinktion.[32] Ablesbar wird diese Trendentwicklung beispielsweise am Werbeslogan der mobilen Mediensoftware Mextures.[33] Wie anhand der Werbetexte von Hipstamatic und Instagram herausgearbeitet, galt Schönheit dem initialen Werbespruch von Mextures – „Never has beautiful been so easy“ – ebenfalls als schlagendes Verkaufsargument. Mit unique verschiebt sich der Fokus der werbeträchtigen Losung von der bereits beschriebenen Instant-Ästhetisierung zu einer softwaregestützten, ‚beispiellos einfachen‘ Individualisierung – „[…] create something unique.“[34]
Mobile Kamera-Apps liefern demzufolge konfektioniertes, semiotisches Rohmaterial zur Gestaltung eines personalisierten Bedeutungskomplexes. Ensemblebildung dieser Art ist Schwer zufolge charakteristisches Merkmal der Identitätsarbeit innerhalb einer stark ausdifferenzierten Konsumkultur.[35]
Neben jenen beobachtbaren Veränderungen in der Bildpraxis wird diezunehmende Fokussierung des Stilmittels Farbtönung auch mit Blick auf die Weiterentwicklung der Grafikfilter-Palette deutlich. In Version 7.3.0 wurden die bereits bekannten 19 Presets um acht weitere ergänzt.
Fünf davon verändern lediglich den Farbton des Ausgangsbilds und dies auch nur minimal. Wie die mit Adobe Color CC[36] extrahierten Farbschemata der einzelnen Grafikfilter veranschaulichen, führen die verbleibenden drei – Slumber (#4), Ludwig (#6) und Perpetua (#8) – zwar eine Auffächerung der Tonwerte herbei; deren Effekt fällt bei den beiden erstgenannten jedoch so dezent aus, dass er sich mit bloßem Auge kaum wahrnehmen lässt. Aufgrund eines deutlich sichtbaren horizontalen Farbverlaufs – von einem graustichigen Cyan in der oberen Bildhälfte zu Graugelb in der unteren – springt aus diesen acht Effektschablonen einzig Perpetua heraus.
Über den gesamten Forschungszeitraum lässt sich eine zunehmende Konzentration auf die Farbigkeit des Bilds bei gleichzeitiger Abkehr von optischen Struktureffekten beobachten; und das sowohl auf Seiten der usergenerierten Inhalte als auch im Hinblick auf die Softwareentwicklung. Gestaltung und Rezeption von Instagram befinden sich in einem Prozess kontinuierlicher Wechselwirkung – ein zirkulärer Ansatz, der sich mit der heutigen Konsumrealität aktiver Verbraucher – Stichwort prosumer – deckt.[37]
Durch Rekurs auf vorgängige Medienformate und deren -ästhetik verleihen Bildrahmen, Vignettierung und Oberflächenstrukturierung dem mobilen digitalen Bild eine haptische wie historische Qualität. Die Relevanz jener formalen Suggestionsmittel eines vorgängigen technischen Mediums wie Realobjekts verhält sich umgekehrt proportional zur Dauer der Mediennutzung. Je etablierter eine Medientechnologie, d.h. je erfahrener die Nutzer im Umgang mit selbiger werden, desto weniger besteht die Notwendigkeit, bereits Bekanntes im Interface- bzw. Programmdesign mimetisch nachzubilden. Aus diesem Grund nimmt der Abstraktionsgrad der bildlichen Metaphorik deutlich zu.[38]
[…]
„Pictorial Gaze“[39] – Ästhetik des Pittoresken und Instantane Sinn-Bild-werdung der Realität
Mit Slogans wie „Filter your World“[40] oder „a real life photo filter“[41] referiert die schottische Firma tens zur Vermarktung ihrer Sonnenbrillen auf digitale Bildbearbeitung, insbesondere auf das im Bereich von Social Media durch Instagram populär gewordene instant editing mittels vorgefertigter Grafikfilter. Wie bereits an anderer Stelle dargelegt, modifizieren diese digitales Bildmaterial hauptsächlich kraft einer farbigen Tönung. Ihre Funktionsweise ähnelt daher strukturell einer Sonnenbrille, deren getönte Gläser die Farben der durch sie betrachteten Umgebung ebenso entsprechend verändern. Die Wahl des Farbtons basiert hierbei vor allem auf pragmatischen bzw. funktionalen Erwägungen, dient sie doch primär dem Schutz der Augen vor der Schädigung durch direkte Sonneneinstrahlung. Eingefärbte Lichtschutzgläser haben eine lange Tradition und existierten bereits im Römischen Reich. Die Färbung der Gläser veränderte sich jedoch in Abhängigkeit des wissenschaftlichen Kenntnisstandes im Laufe der Jahrhunderte.[42] Das Novum der von tens produzierten und 2014 initial mithilfe von Crowdfunding finanzierten Sonnenbrille besteht laut Selbstaussage des Start-ups in der spezifischen Farbtönung der verbauten Gläser. In wissenschaftlichen Untersuchungen bewiesen, trüge die in jahrelanger Forschung perfektionierte Farbigkeit der Linse – tens lens genannt – dazu bei, die Sinneswahrnehmung zu intensivieren. Sie sei in der Lage, die Produktion des Botenstoffes Endorphin anzuregen und derart Glücksgefühle zu aktivieren. Wo herkömmliche Gläser die Farben leblos und stumpf erscheinen ließen, transformiere tens lens die Wahrnehmung der Umgebung in eine lebendige und bunte Erfahrung, so dass der Alltag unter Zuhilfenahme jener Sonnenbrillen nicht nur sogleich ‚zehn Mal‘ besser aussehe, sondern sich auch nennenswert besser anfühle – „[…] making everyday life look and feel ten times better.“[43] Der Kauf einer tens lens ist für den potentiellen Träger folglich gleich mit zwei Vorteilen verbunden: Einerseits verhilft die Sonnenbrille, wenn getragen, unmittelbar bzw. buchstäblich in der ‚Liveview‘ zu einer Ästhetisierung des Alltags und befreit diesen von seiner Eintönigkeit und Tristesse. Bezogen auf die veränderte Farbwahrnehmung wird der – durch das achromatische, fahl und farblose Grau repräsentierte, mit Langeweile und Monotonie assoziierte – ‚graue Alltag‘ eingefärbt und erhält durch seine Aufwertung via Farbtönung eine besondere, positiv konnotierte Erlebnisqualität.[44] Darüber hinaus hebt ein Blick durch ihre in einem warmen Orangebraun getönten Gläser sogleich die Stimmung und wirkt sich demzufolge positiv auf den Gemütszustand aus.
Das Prinzip tens lens – farbig getönte Brillengläser, die über ihre Lichtschutzfunktion hinausgehenden physiopsychischen Nutzen versprechen – lässt sich im 21. Jahrhundert allein schon aufgrund der immensen Diversität verfügbarer Brillenmodelle schwerlich als Innovation bezeichnen; zumal dieses Verkaufsargument über eine lange Historie verfügt, sagte man dem Blick durch farbige Edelsteine bereits im Römischen Reich eine positive, entspannende Wirkung nach.[45] Im 19. Jahrhundert wurden blau getönte Lichtschutzgläser sogar explizit als ‚Erholungsbrillen‘ vermarktet.[46] Der Erfolg und die Nachfrage von tens lens ist somit weniger ein Verdienst der faktischen Originalität des Produktes. Auch das Design des Brillengestells stellt keine Reform dar – im Gegenteil. Vielmehr greift es offensichtlich die ikonische Form des Kultstatus genießenden Sonnenbrillenmodells Wayfarer von Ray-Ban auf und macht somit von dessen Popularität Gebrauch. Orientiert wird sich demzufolge am zeitgenössischen Modegeschmack des Mainstreams, dem die Wayfarer als Konsens gilt.
Indem tens ihr Produkt jedoch bereits im Slogan direkt mit Instagram in Verbindungen bringen, profitieren sie wie viele andere erfolgreiche Crowdfunding-Projekte[47] unmittelbar vom Hype um die App und ihre unverkennbare – bereits zu dem Zeitpunkt ikonisch gewordene – Bildästhetik, die auf der Bildbearbeitung mittels schablonierter Filtereffekte basiert. Das Prinzip tens lens wird in einem Werbeclip explizit mit Instagram verglichen: Wer selbige sein Eigen nenne, brauche kein Instagram mehr, um den Alltag geschönt wahrzunehmen, allein die richtige Sonnenbrille genüge.[48] Beworben wird die Brille somit als analoger Instant-Beautifier, modisches Accessoires wie optische Prothese, welche die Sichtweise auf die Realität unter ästhetischen Gesichtspunkten transformiert. Veränderung wird hierbei synonym zu Verbesserung verstanden, sozusagen eine permanente Optimierung des optisch Wahrnehmbaren, die ganz ohne Technologie auskommt – „a real life photo filter“.[49]
Das beworbene Ästhetisierungsvermögen der tens lens ähnelt frappierend einem historischen optischen Instrument: dem Claude-Glas. Arnaud Maillet zufolge handelt es sich hierbei um einen runden wie flachen Filter aus sehr dünnem farbigem Glas, der im 18. Jahrhundert bevorzugt zur Landschaftsbetrachtung eingesetzt wurde.[50] Wie die gewählte Abbildung aus einem 1856 veröffentlichten Warenkatalog veranschaulicht, besteht die Verkaufseinheit aus einem Satz verschiedenfarbiger Eingläser, die sich je nach Bedarf wechseln oder miteinander zu einem neuen Farbton kombinieren lassen:
„Each Claude Lorrain glass has a very well-defined color: blue, green, red, yellow,
orange, dark brown, and so on. These filters are mounted on the arms of a fan-shaped protective frame, generally made of horn. The user can unfold the arms one by one or choose combinations in order to vary the effects of the color. […] The Claude glass has at least two arms, each for one different glass (for example, red and green) […].“[51]
Nach Einschätzung von Maillet ist jenes optische Hilfsmittel untrennbar an die im England des 18. Jahrhunderts aufkommende Mode des Pittoresken gebunden, welche die künstlerische Herangehensweise an Naturdarstellungen grundlegend verändert bzw. die bis dato bestehende Logik von Vorbild und Abbild umgekehrt habe. Galt die Landschaft zuvor als Gradmesser für ihre bildliche Repräsentation, wurde sowohl ihre Wahrnehmung im Speziellen als auch die der Natur im Allgemeinen nunmehr durch das Gemälde und somit das Medium der Malerei konditioniert: „[…]‚[W]e are not dealing here with an attempt to reproduce nature in a picture‘ rather ‚the picture is projected onto nature.‘“[52] Ästhetische Vorbildfunktion habe hierbei namentlich der Personalstil des französischen Landschaftsmalers Claude Lorrain (1600-1682) erfüllt. Seine idealisierten Landschaftsbetrachtungen seien insbesondere für ihre weichen und heiteren Farbtöne geschätzt worden: „‚They [the Claude Lorrain glasses; K.G.] are combined of two or three different colors; and if the hues are well sorted, they give the object of nature a soft mellow tinge, like the coloring of that master.‘“[53] Auf diese Weise habe sich die bildliche Repräsentation der lorrainschen Landschaftsmalerei als ästhetisches Ideal etabliert und sei, so Maillet, nachfolgend in andere künstlerisch-kulturelle Bereiche der damaligen Zeit, beispielsweise in die Landschaftsarchitektur, diffundiert.[54]
Aus Sicht von Maillet ist jener ‚malerische Blick‘[55] untrennbar mit dem, seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wachsenden, Interesse an Himmelsphänomenen und Lichtvariationen verknüpft, weswegen die Landschaftsgemälde Lorrains vor allem wegen ihrer brillanten Farbwiedergabe und atmosphärischen Qualitäten gefragt waren.[56] Die Claude-Gläser hätten sich daher nicht nur unter Amateurmalern großer Popularität erfreut, sondern zugleich auch wohlhabende englische Touristen begeistert. Durch die Simulation von Farbveränderungen[57] bei verschiedensten Licht- und Witterungsverhältnissen erlaubte es ihre Verwendung, bestimmte Lichtstimmungen[58] künstlich herzustellen bzw. gezielt zu simulieren: „[…] [T]he Claude glasses especially, allowed tourists – those quickly passing visitors – to discover in an instant the luminous effects produced by nature, for which they would otherwise have to wait.“[59] Reisende betrachteten die landschaftliche Kulisse durch die farbigen Gläser indirekt in Echtzeit, um derart die reale Naturerfahrung zu ästhetisieren bzw. der ästhetischen Erfahrung eine andere, gleichwohl imaginäre Qualität zu verleihen.[60] Indem die Claude-Gläser die wahrgenommene Landschaft mit einem lorrainschen Kolorit überziehen und somit unmittelbar an das malerische Medium angleichen, scheint es gerade so, als ob die Betrachtenden selbst ein Gemälde Lorrains durchwanderten. Das ästhetische Vergnügen einer idealisierten Landschaftsdarstellung werde durch das preiswerte Konsumobjekt der Claude-Gläser demokratisiert.[61] Die Suche nach dem Pittoresken, die Jagd nach seltenen Ansichten, sei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einer weit verbreiteten Freizeitaktivität avanciert.[62]
Die vordefinierten Effektfilter bildbasierter mobiler Mediensoftware, jedoch insbesondere deren Weiterentwicklung in Form der Live-Photo-Filter-Funktion proprietärer Kamerasoftware, weisen signifikante Gemeinsamkeiten mit besagtem historischen Artefakt auf, so dass sich von einer Art geistigem Verwandtschaftsverhältnis sprechen lässt. Indem sie verschiedenste Presets anbieten, um digitales Bildmaterial bereits vor der Aufnahme ästhetisch zu optimieren, erfahren die abgebildeten, zumeist profanen und zudem beiläufig aufgenommenen alltäglichen Sujets eine ästhetische Nobilitierung. Jener bildkosmetische Eingriff trägt im doppelten Sinne zu ihrer Veredelung bei: Die Aufnahme und somit das auf ihr Abgebildete wird idealisiert und zugleich probeweise in ein Dokument transformiert. Diese Beobachtung ist Bestandteil eines Phänomens, das Nathan Jurgenson als ‚dokumentarische Sicht(-weise)‘[63] bezeichnet: Der aktive Gebrauch von Social Media zum Zwecke der Selbstdarstellung und Kommunikation kultiviere zunehmend eine neue Art der Realitätswahrnehmung.[64] Latent permanent auf der Suche nach geeigneten Motiven werde die Umgebung auch ohne Kamera als bereits fotografisch repräsentiert betrachtet: „Even without the camera in hand the world becomes transformed into the status of a potential-photograph.“[65] Demnach präge die primär ikonische Kommunikation innerhalb des social web nicht bloß bestimmte formale wie inhaltliche Darstellungskonventionen, sondern konditioniere die Nutzer zudem darauf, flüchtige Ereignisse bzw. Szenerien ihres Alltags immer schon als potentielles visuelles Dokument der eigenen Autobiografie wahrzunehmen bzw. auf ihren Dokumentenwert, ihre Fotogenität zu überprüfen.[66] Jurgenson perspektiviert zeitgenössische mobile Bildpraktiken wiederum auf das optische Hilfsmittel des Claude-Spiegels,[67] welchen er irrtümlich als Claude-Glas bezeichnet. Bei selbigem handelt es sich Jurgensons Lesart zufolge um eine externe Prothese, die eine mediatisierte Liveview der Realität ermögliche, da lediglich die Reflexion der Landschaft im Medium des Spiegels zum Gegenstand der Anschauung und somit des visuellen Erlebens werde. Heutige durch Social Media geschulte Realitätswahrnehmung sei gleichwohl durch Mediatisierung gekennzeichnet, jedoch mit dem signifikanten Unterschied, dass das hierfür erforderliche Medium bereits durch Konditionierung inkorporiert worden sei: Die Sichtweise der Digital Natives habe die apparative Optik des fotografischen Kameraauges vollständig adaptiert. In beiden Fällen entspreche die eingenommene Perspektive auf die Realität, so schlussfolgert Jurgenson aus dem historischen Vergleich, bereits einer idealisierten Dokumentation.[68] Gleichsam wie die Claude-Gläser zielt laut Maillet auch der Claude-Spiegel auf eine idealisierte Landschaftsbetrachtung: „The Claude mirror eliminates particular details and imperfections. This removal of triviality brings forth an abstraction, that of ideal beauty.“[69]
Integraler Bestandteil des Internetdiskurses über softwarebasierte Ästhetisierungsprozesse und den fragwürdigen Dokumentwert des mobilen digitalen Bilds ist der Memkomplex internet vs. real life. Zwei Bilder werden zueinander in Beziehung gesetzt mit der Absicht, die geschönte, realitätsverzerrende (Selbst-)Darstellung innerhalb Social Media zu parodieren. Im gewählten Bildbeispiel wurden hierfür zwei Portraits von Britney Spears verwendet. Inszeniert die linke Fotografie die Sängerin mit leicht geöffnetem Mund, einem durchdringenden Blick aus schwarz umrandeten Augen und offenen, über die nackten Schultern wallenden Haaren als verführerische Femme fatale, zeigt das rechte Portrait eine bebrillte, pausbäckige und vermutlich auch jüngere Version von Spears mit deutlich breiterer Nase und Schulmädchenzöpfen. Der Begleittext „There’s nothing a little Valencia can’t fix“ verweist auf den gleichnamigen Instagram-Grafikfilter, der in seiner bildkosmetischen Funktion als ‚Instant-Beautifier‘ zur idealisierten, in dem Fall offenkundig erotisierten Selbstdarstellung verhilft. Als Lebensweisheit bzw. Geheimtipp der besten Freundin gewandet und somit die Werberhetorik von Frauenzeitschriften aufgreifend, implizieren die zur Gegenüberstellung gewählten Portraits des Popstars dabei gleichermaßen eine sexistische Lesart: die (Notwendigkeit der) Zurichtung des nunmehr verdinglichten ‚Weiblichen‘ im Sinne des male gaze.
In Übereinstimmung mit Jurgenson ergeben sich mehrere Parallelen zur mobilen Bildproduktion der Gegenwart: einerseits die Beschönigung des Wahrgenommenen, das andererseits bereits während der Betrachtung auf seinen Dokumentwert geprüft bzw. probehalber in ein Dokument verwandelt wird. Diese Bildpraxis steht im Dienste autobiografischer Selbststilisierung und lässt sich demnach, Jurgenson zufolge, als „[d]igitally [p]icturesque“[70] beschreiben.
Im Unterschied zu der Klaviatur an verschiedenen Farbtönen, die Instagram nunmehr virtuell zur Verfügung stellt, ist das mittels der Claude-Gläser eingefärbte und derart ästhetisierte Bild der Wirklichkeit ephemer, sein Anblick lässt sich nicht konservieren. Im Dienste der modulierbaren ‚atmosphärischen‘ Naturwahrnehmung werden die gewünschten Lichtstimmungen in spezifischen, am Darstellungsideal der Malerei orientierten Farbtönungen codiert und, auf diese Weise standardisiert, in eine Warenform bzw. ein Readymade[71] überführt.
Zwar ermöglicht die doppelte Logik der Archivstruktur von Instagram und anderen sozialen Medien die Verstetigung und Sammlung der eigenen Bilddokumente im Profiltableau, die Medienstruktur des auf Echtzeitlichkeit basierenden Newsfeeds ist demgegenüber jedoch maximal ephemer und daher durchaus mit dem historischen Vorgänger vergleichbar. Wie die Claude-Gläser zielt auch die als unmittelbar angenommene bildliche Kommunikation in Instagram gerade auf eine Intensivierung des Präsenzerlebens, des unmittelbar Gegenwärtigen ab.
Anmerkungen
[1] In 184.423.486 Posts verwendet, rangiert es zum Abfragezeitpunkt am 30.06.2017 auf Platz 34. Mittlerweile ist die Rangliste der 100 beliebtesten Hashtags auf Webstagram nicht mehr verfügbar. Vgl. http://websta.me/hot (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018). Eine hashtagbasierte Suche in Instagram selbst verzeichnet am 01.06.2018 „202.824.239 öffentliche Beiträge“.
[2] Unter dem Slogan „Mood & Tone of Everyday Life“ werden hierauf in erster Linie fotografische Naturaufnahmen – gehäuft Fotografien von Sonnenuntergängen, Nahaufnahmen von Pflanzen, insbesondere Blüten, sowie Tieren – veröffentlicht. Vgl. https://www.instagram.com/instamood/ (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[3] Lancet, Yaara: The Complete Guide to Cryptic Instagram Hashtags No One Understands, http://www.makeuseof.com vom 01.11.2013, http://www.makeuseof.com/tag/ the-complete-guide-to-cryptic-instagram-hashtags-no-one-understands/ (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[4] Vgl. hierzu bspw. Kobilke, Kristina: Das muss man über Hashtags bei Instagram wissen, http://www.gruenderszene.de vom 15.05.2015, http://www.gruenderszene.de/all gemein/instagram-hashtags-buch (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[5] Barthes, Roland: Die helle Kammer. Bemerkung zur Photographie, Frankfurt a.M. 1985, S. 87.
[6] „‚Es-ist-gerade-So[sic!]‘“ im Original. Ullrich: Die Rückkehr der Aura in der Handy-Fotografie, o.S; Herv. i.O.
[7] Vgl. a.a.O.
[8] Becker, Ilka: Fotografische Atmosphären. Rhetoriken des Unbestimmten in der zeitgenössischen Kunst, München 2010, S. 105.
[9] Der Absatz wurde in Teilen dem folgenden Aufsatz entnommen: Gunkel/Richard: Feiern bis das Bild kommt.
[10] Ullrich: Die Rückkehr der Aura in der Handy-Fotografie, o.S.
[11] A.a.O.
[12] A.a.O.
[13] Vgl. Welsch/Liebmann: Farben, S. 3.
[14] Als wegweisend für das Interesse am optischen Phänomen Farbe als Sinneswahrnehmung gilt Johann Wolfgang von Goethes 1810 veröffentlichte Abhandlung Zur Farbenlehre. Goethes Motivation für die Anfertigung dieses umfassenden Kompendiums sind seine Untersuchungen des subjektiven Farbempfindens. Triadisch aufgebaut liegt der inhaltliche Schwerpunkt auf dem „didaktischen Teil“, der unter anderem Goethes Vorstellungen von der „sinnlich-sittlichen Wirkung“ der Farbe beinhaltet: „Die Erfahrung lehrt uns, daß die einzelnen Farben besondre Gemütsstimmungen geben.“ Goethe, Johann Wolfgang von: Didaktischer Teil, in: Manfred Wetzel (Hg.): Zur Farbenlehre. Das gesamte Hauptwerk von 1810, Frankfurt a.M. 1991, S. 21-294, hier S. 248, Nr. 762. Goethe schreibt „Gelb, Rotgelb (Orange), Gelbrot (Mannig, Zinnober)“ eine positive psychische Wirkung zu, da die Farben das Gemüt „regsam, lebhaft, strebend“ stimmten. Ebd., Nr. 764. Negative Effekte provozierten demgegenüber „Blau, Rotblau und Blaurot. Sie stimmen zu einer unruhigen, weichen und sehnenden Empfindung“. Ebd., S. 252, Nr. 777. Goethe formulierte derart erstmalig die Idee von Farbe als primär gefühlsbezogen. Demzufolge geht der Konnex von Farbe und Emotion, d.h. das Interesse an der psychophysiologischen Wirkungsästhetik der Farbe, auf seine Farbtheorie zurück. Diese bedient sich der Stimmung als subjektbezogene, den Charakter grundlegend formende und determinierende Kategorie. Vgl. hierzu Leeuwen, Theo van: The Language of Colour. An Introduction, New York [u.a.] 2011, S. 22 f. sowie Gage, John: Kulturgeschichte der Farbe. Von der Antike bis zur Gegenwart, Ravensburg 1994, S. 201.
[15] Diese Minimaldefinition bezieht sich auf eine von zwei grundlegend verschiedenen Sinndimensionen, die David Wellbery zufolge simultan Bestandteil des Stimmungsbegriffs sind: besagte subjektbezogene sowie eine subjektunabhängige Seite. Gemäß Wellbery unterminiert jene semantische Offenheit eine eindeutige Klassifikation entlang binärer Kategorien wie innen/außen oder Subjekt/Objekt. Obgleich die Begriffsgeschichte der Stimmung selbst innerhalb der wenig differenzierten Ästhetischen Theorie durch heterogene Sinnzuschreibungen und Bedeutungswandel geprägt sei, ließen sich im Phänomenbereich des Stimmungsbegriffs dennoch drei distinkte Verwendungszusammenhänge – namentlich „Ichbezug, Integrationspotential [sowie ihre; K.G.] kommunikative Wirksamkeit“ – identifizieren. Alle drei weisen „einen präreflexiven Charakter“ auf, d.h. „[d]ie jeweilige Leistung der Stimmung vollzieht sich vorthematisch.“ Wellbery, David E.: Stimmung, in: Karlheinz Barck/Friedrich Wolfzettel (Hg.): Postmoderne – Synästhesie (= Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden, Band 5), Stuttgart [u.a.] 2010, S. 703-733, hier S. 705. Vgl. hierzu auch Gisbertz, Anna-Katharina: Wiederkehr der Stimmung? in: Dies. (Hg.): Stimmung. Zur Wiederkehr einer ästhetischen Kategorie, München 2011, S. 7-13 sowie Wetz, Franz Josef: Stimmung, in: Joachim Ritter/Karlfried Gründer/Gottfried Gabriel (Hg.): St – T (= Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 10), Basel 1998, S. 173-176.
[16] Bezüglich Hipstamatic verhält es sich etwas anders, da der endgültige visuelle Effekt aus der funktionalen Trias Linse – Film – Blitz und den jeweils hierin verbauten Grafikelementen resultiert. Die finale bildverändernde Matrize ergibt sich folglich erst im Zuge einer nutzerseitig definierten Kombinatorik und liegt demnach nicht a priori als Schablone zur Anwendung bereit.
[17] Vgl. Ullrich: Die Rückkehr der Aura in der Handy-Fotografie, o.S. Ilka Becker weist ebenfalls darauf hin, dass es sich bei Farbtönung um ein integrales Element bzw. „eine zentrale Eigenschaft […] atmosphärischer Zeichenumgebung“ handelt. Becker: Fotografische Atmosphären, S. 97.
[18] Das kreisförmige Selbstportrait nebst Usernamen, in seinem Fall das Alias nitchows, ein Geotag, das in #reallifeinstagram mit der Position der jeweiligen Folie im Stadtraum korrespondiert, sowie Likes und Hashtags – Funktionen, welche durch die Überführung ins Materielle ihre Funktionalität einbüßen.
[19] Vgl. Kümmerling, Franziska: Bildmetaphern des Sehens, in: Stephan Günzel/Dieter Mersch (Hg.): Bild. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart 2014, S. 32-39, hier S. 33 f. sowie Kittler: Optische Medien, S. 70 f.
[20] Wie anhand der Analyse von Interfacedesign und Medienstruktur dargelegt, lässt sich das plurale Bildensemble des Profiltableaus als kohärentes Identitätsnarrativ einer Person lesen (vgl. Kap. 3.2.3). Mit Zunahme medienspezifischer Bildkompetenz besteht jene Kohärenz nicht nur nominell, sondern wird insbesondere formal aktiv mittels einer veinheitlichenden Gestaltung der gerasterten pluralen Bildform erzeugt.
[21] Ihr ökonomisches Kapital bemisst sich an ihrer Reichweite im social web, das wiederum die Haupteinnahmequelle darstellt.
[22] Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt a.M. 1994, S. 241.
[23] Vgl. hierzu bspw. Craftsposure: A Guide to Crafting a Beautiful Instagram Feed, https://www.craftsposure.com, o.D., https://www.craftsposure.com/blog/crafting-a-be autiful-instagram-feed oder Lui, Lesya: How to Craft a Strong Instagram Branding, https://lesyalui.com, o.D., https://lesyaliu.com/craft-strong-instagram-branding/. Alle Internetquellen zuletzt aufgerufen am 01.06.2018.
[24] Laut Wellbery befasst sich der zweite Diskursstrang des Stimmungsbegriffs innerhalb der Ästhetischen Theorie mit Atmosphären der äußeren Umgebung. Das Zusammenspiel verschiedenster, als ‚stimmig‘ empfundener Elemente generiere demzufolge eine kohärent erlebte Stimmungskomplexion. In diesem Sinne erfülle „Stimmung gegenüber den Gegenständen und ihren Eigenschaften eine integrative Funktion, vereinigt sie zu einer in sich geschlossenen Ganzheit, ohne daß sich Regeln für diese Zusammenfügung angeben ließen.“ Wellbery: Stimmung, S. 705.
[25] Blogger sowie ‚Influencer‘ stehen hierbei prototypisch für zeitgenössische Selbstökonomisierung, geht es doch darum, das auf Basis der eigenen Person geschaffene Image bestenfalls als lukrative Marke zu etablieren.
[26] Neben der Bildbearbeitungsfunktion von Instagram verwendet sie laut Eigenaussage zusätzlich die Apps Facetune und VSCO.
[27] How I edit my Photos + my minimal white theme (2016, Jenny Mustard), 6:46 min., https://www.youtube.com vom 19.05.2016, https://www.youtube.com/ watch?v=y1TibvXgR34. Textzitat aus dem Begleittext in der Infobox (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[28] Ebd., 0:42 min.
[29] Ebd., 0:53 min.
[30] Wie Instagram ist auch das 2011 erstveröffentlichte VSCO ein mobiler Softwarehybrid mit Kamera- sowie Bildbearbeitungsfunktion und einer angeschlossenen Community. VSCO bietet ebenfalls teils kostenpflichtige Grafikfilter zur Bildbearbeitung an, mit diesen lassen sich differenziertere und weit weniger ‚dramatische‘ Stilisierungseffekte erzielen. Ursprünglich für professionelle Fotografen und Grafikdesigner konzipiert sind Qualität wie Originalität Gütekriterien zur Beurteilung einer Aufnahme. So unterliegt die kuratierte Zusammenstellung communityintern veröffentlichter Fotografien im sogenannten VSCO grid beispielsweise nicht etwa einer algorithmischen Selektion anhand aufmerksamkeitsökonomischer Parameter, sondern wird durch ein fotografisch geschultes Team an Mitarbeitern vorgenommen. Vgl. Marikar, Sheila: VSCO Cam. Filtered Photos, No Emojis Allowed, https://www.nytimes.com/ vom 20.02.2015, https://www.nytimes.com/2015/02/20/fashion/vsco-cam-filtered-photos-no-emojis-allowed.html?_r=0 (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[31] Vgl. hierzu Kohout, Annekathrin: Clean-Pop als ‚SafeSpace‘ der Mode, in: POP. Kultur und Kritik (#6) 2 (2017), S. 10-14.
[32] Vgl. Habermas: Geliebte Objekte, S. 190.
[33] Der Neologismus aus den englischen Begriffen mix und textures deutet bereits auf die zentrale Funktion der App hin: Ursprünglich als reine „texture overlay app“ konzipiert wurde Mextures mit der am 09.04.2014 veröffentlichten Version 2.0 zu einem vollwertigen Bildbearbeitungsprogramm weiterentwickelt. Das Kernprinzip der App basiert jedoch weiterhin auf der Suggestion verschiedenster Medienmaterialitäten des chemo-physikalischen fotografischen Abzugs. Vgl. https://www.mextures.com/ (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[34] Ebd., o.S.
[35] Vgl. Schwer: Produktsprachen, S. 155.
[36] Unter Zuhilfenahme der mobilen, vormals Adobe Kuler genannten Anwendung Adobe Color CC lassen sich entweder aus zuvor aufgenommenen Rastergrafiken oder aus in der Liveview erfassten Szenarien dynamisch Farbkombinationen extrahieren. Die derart isolierten abstrakten Farbschemata dienen im Anschluss üblicherweise als Grundlagen für weitere Layout- bzw. Designarbeiten. Vgl. https://www.adobe.com/mt/
products/color.html (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
Um das signifikante Farbthema des jeweiligen Grafikfilters zu erhalten, wurden die einzelnen Testbilder, welche aus Anwendung der Grafikfilter (Instagram – Version 7.3.0) auf Referenzbild III resultieren (vgl. Abb. 20), nacheinander in die kostenlose App Adobe Color CC – Version 1.1 importiert. Ein mithilfe von Adobe Color CC generiertes Farbprofil ist auf insgesamt fünf diskrete Farbwerte beschränkt. Weiß umrandete Kreise markieren die Bildstellen, an denen die Farbinformationen entnommen wurden. Jene fünf Farbwerte, die schlussendlich Eingang in das Farbschema finden, lassen sich nach verschiedenen Kriterien definieren: Farbig, Hell, Stumm, Tief, Dunkel und Benutzerdefiniert. Zur Weiterarbeit wird nachfolgend die Voreinstellung Farbig verwendet, da diese die fünf Farbwerte nach größtmöglicher Differenz auswählt; auf solche Weise lässt sich folglich das am breitesten gefächerte Farbspektrum erzielen.
[37] Vgl. Schwer: Produktsprachen, S. 217. Zur Begriffsprägung prosumer vgl. Toffler, Alvin: The Third Wave, London [u.a.] 1980, S. 11.
[38] Vgl. hierzu auch die u.a. in Kapitel 3.1.3 skizzierte Trendwende in der visuellen Gestaltung grafischer Benutzeroberflächen und deren Elemente weg vom skeuomorphistischen Designstil hin zu einer abstrakten Bildsprache, die maßgeblich über zweidimensionale Farbflächen arbeitet.
[39] Maillet, Arnaud: The Claude Glass. Use and Meaning of the Black Mirror in Western Art, New York 2004, S. 141.
[40] https://us.tenslife.com/ (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018). Vgl. auch Tens: Filter Your World (2016, tens), 1:17 min., https://www.youtube.com/ vom 31.03.2016, https://www.youtube.com/watch?v=DhCJmfw3xEk (zuletzt aufgerufen am 01.06. 2018).
[41] Kap. 9, Txt. 25, S. 420 f.
[42] Vgl. hierzu Buck, Susanne: Der geschärfte Blick. Eine Kulturgeschichte der Sonnenbrille seit 1850, Frankfurt a.M. 2006 sowie Hartewig, Karin: Der verhüllte Blick. Kleine Kulturgeschichte der Sonnenbrille, Marburg 2009.
[43] Kap. 9, Txt. 25, S. 420.
[44] Bezüglich der genannten Farbassoziationen vgl. bspw. Heller, Eva: Wie Farben auf Gefühl und Verstand wirken, München 2000.
[45] Vgl. Hartewig: Der verhüllte Blick, S. 9.
[46] Vgl. Buck: Der geschärfte Blick, S. 50.
[47] Bspw. Projecteo – The Tiny Instagram Projector (https://www.getprojecteo.com/) oder die Socialmatic Camera (http://shop.social-matic.com/). Alle Internetquellen zuletzt aufgerufen am 01.06.2018.
[48] „Prepare for a non-stop vacation. Buy tens today and experience a cellular free summer. Filter users are down, tens users are up. What the fuck is Instagram anyway.“ Instant Summer Vision – VHS INFOMERCIAL (2015, tens), 2:30 min, https://vimeo.com vom 14.05.2015, https://vimeo.com/127855240, ab 1:17 min (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[49] Kap. 9, Txt. 25, S. 421.
[50] Vgl. Maillet: The Claude Glass, S. 32.
[51] A.a.O.
[52] Baltrušaitis, Jurgis: Aberrations. An Essay on the Legend of Forms, Cambridge/Mass. [u.a.] 1989, S. 157 zit. n. ebd., S. 140.
[53] Gilpin, William: Particularly the Highlands of Scotland (= Observations, Relative Chiefly to Picturesque Beauty, Made in the Year 1776, on Serveral Parts of Great Britain, Band 1), London 1789, S. 124 zit. n. ebd., S. 34; Herv. K.G.
[54] Vgl. Maillet: The Claude Glass, S. 139.
[55] „[P]ictorial gaze“ in der engl. Fassung des franz. Originaltexts. Ebd., S. 141.
[56] Vgl. ebd., S. 141 f.
[57] Beispielsweise hinsichtlich Farbton, Sättigung und Helligkeit.
[58] Zum Beispiel Mondlicht, Mittags- oder Abendsonne usw.
[59] Maillet: The Claude Glass, S. 142.
[60] Vgl. Eine Kurzbeschreibung auf der Homepage des Victoria and Albert Museums in London, N.N.: Drawing Techniques. The Claude Glass, http://www.vam.ac.uk, o.D., http://www.vam.ac.uk/content/articles/d/drawing-techniques/ (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[61] Vgl. Maillet: The Claude Glass, S. 141.
[62] Vgl. ebd., S. 167.
[63] „[D]ocumentary vision“ im engl. Originaltext. Jurgenson, Nathan: Life Becomes Picturesque. Facebook and the Claude Glass, http://thesocietypages.org vom 25.07. 2011, http://thesocietypages.org/cyborgology/2011/07/25/life-becomes-picturesque-fa cebook-and-the-claude-glass/ (zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
[64] Vgl. a.a.O.
[65] A.a.O.
[66] Vgl. a.a.O.
[67] Maillet weist darauf hin, dass die Bezeichnung Claude-Glas für zwei verschiedene optische Instrumente verwendet wird, die bis heute verwechselt bzw. irrtümlicherweise für ein und dasselbe gehalten würden. Hierbei handelt es sich um die bereits beschriebenen fächerartig angeordneten wie verschiedenfarbigen Claude-Gläser sowie um den – von Jurgenson gemeinten – Claude-Spiegel. Dieser habe, ebenfalls im 18. Jahrhundert, wiederum als Hilfsmittel zur Umsetzung von Landschaftsgemälden gedient, da er Ernst Gombrich zufolge „die Umwandlung von Lokalfarbe […] in eine Serie abgestufter Tonwerte“ erleichterte. Gombrich, Ernst H.: Kunst und Illusion. Zur Psychologie der bildlichen Darstellung, 2. Aufl. der 6. dt. Ausg. von 2002, Berlin 2004 [2002], S. 40 (dt. Erstausgabe von 1967, Berlin [u.a.]).
Der Blick in den handlichen Spiegel, dessen Name ebenfalls Claude Lorrain huldigt, sollte es Malern ermöglichen, eine landschaftliche Szenerie unmittelbar vor Ort auf ihre Bildfähigkeit hin zu überprüfen, d.h. sie direkt als Gemälde sehen und derart vorab ihre pittoreske Eignung unter ästhetischen Gesichtspunkten beurteilen zu können. Zentrales Qualitätsmerkmal dieses bildgebenden Instruments ist laut Maillet das Reflexionsvermögen des eingelassenen Spiegels, dessen tiefschwarze Oberfläche zur Vermeidung von unerwünschten Doppelspiegelungen so opak und makellos hochglänzend wie möglich zu sein hatte. Vgl. Maillet: The Claude Glass, S. 16.
[68] Jurgenson ordnet diese einer ‚Nostalgie für die Gegenwart‘ zu und stellt sich die Frage, ob das zeitgenössische Streben nach der idealisierten Repräsentation des eigenen Lebens die Menschen von selbigem entfremde. „[N]ostalgia for the present“ im engl. Originaltext. Jurgenson: Life Becomes Picturesque, o.S.
[69] Maillet: The Claude Glass, S. 143.
[70] Jurgenson: Life Becomes Picturesque, o.S.
[71] Vgl. hierzu Temkin, Ann: Color Chart. Reinventing Color – 1950 to Today, New York 2008, S. 16-27.
[zuerst in: Katja Gunkel: »Der Instagram-Effekt. Wie ikonische Kommunikation in den Social Media unsere visuelle Kultur prägt«, Transcript Verlag, Bielefeld 2018.]
Katja Gunkel (Dr. phil.), geb. 1981, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Neue Medien am Institut für Kunstpädagogik der Goethe-Universität Frankfurt am Main.