Véronique Sina

Kurzbio


Dr. Véronique Sina ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt, wo sie ab Oktober 2022 das von der DFG geförderte Forschungsprojekt „Queering Jewishness – Jewish Queerness. Diskursive Inszenierungen von Geschlecht und ‚jüdischer Differenz‘ in (audio-)visuellen Medien“ leitet. Im Sommersemester 2022 hat sie die Professur für „Medienakteure und Medienöffentlichkeit unter besonderer Berücksichtigung von Gender“ am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum vertreten. 

Zuvor war sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Postdoc) an den medienwissenschaftlichen Instituten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Universität zu Köln, der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Ruhr-Universität Bochum tätig. Zudem war sie Koordinatorin an der zentralen wissenschaftlichen Einrichtung GeStiK (Gender Studies in Köln). Darüber hinaus hat sie am Institut für Medienwissenschaft der Philipps Universität Marburg, in der Fachgruppe Medienwissenschaft der Universität Bayreuth, am Institut für Medien der Kunstuniversität Linz (Abteilung für Medientheorie) sowie am Institut für Medien- und Kulturwissenschaft der Heinrich Heine Universität Düsseldorf gelehrt.

An der Ruhr-Universität Bochum hat sie am Institut für Medienwissenschaft mit einer Arbeit zu „Comic – Film – Gender. Zur (Re-)Medialisierung von Geschlecht im Comicfilm“ promoviert, die 2016 im transcript Verlag erschienen ist. 

Von 2017 bis 2019 war sie als Postdoc am DFG-Graduiertenkolleg „Das Dokumentarische. Exzess und Entzug“ assoziiert. Seit 2020 ist sie an der Siegener Forschungsstelle „Queery/ing Popular Culture“ sowie am SELMA STERN ZENTRUM für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg assoziiert. Zudem ist sie Mitglied im DFG-Netzwerk „Gender, Medien und Affekt“. Sie ist Initiatorin und Mitbegründerin der AG Comicforschung der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM) sowie Mitherausgeberin der interdisziplinären Publikationsreihe „Comicstudien“, die im de Gruyter Verlag erscheint.


Projekt

Queering Jewishness – Jewish Queerness. Diskursive Inszenierungen von Geschlecht und ‚jüdischer Differenz‘ in (audio-)visuellen Medien

Ausgehend von der Frage, welche geschlechtlich codierten Vorstellungsbilder (Lowry 1999, Dyer 2003) von ‚Jüdischsein‘ in (audio-)visuellen Medien hervorgebracht und verhandelt werden, untersucht das an der Schnittstelle von Medienwissenschaft, Visual Studies, Jewish Cultural Studies, Gender- und Queer Theory angesiedelte Forschungsvorhaben, die wechselseitigen Bedingtheiten von Medialität, Jewishness und Queerness in grafischen, filmischen und televisuellen Bildern. Vor der Folie des noch jungen interdisziplinären Feldes der Jewish Visual Culture Studies wird die bis ins 19./20. Jh. zurückreichende Traditionslinie antisemitischer Körper- und Geschlechterbilder (A.G.Gender-Killer 2005, Jütte 2020) in den Blick genommen und das problematische Verhältnis zwischen Aufklärung, Sichtbarmachung und Ausstellen geschlechtlich codierter kultureller jüdischer Identität(en) in populären Medienformaten analysiert.

Entlang ausgewählter Medienbeispiele wird im Rahmen einer sowohl intersektionalen als auch gender- und queertheoretischen Diskursanalyse der wirklichkeitskonstituierenden Macht des Visuellen nachgegangen (Stiegler 2014, Landwehr 2018) und die (Re-)Produktion ‚jüdischer Differenz‘ in medialen Gefügen untersucht, die stets mit der Aus- und Verhandlung geschlechtlicher Identitäten verbunden ist (Silverman 2011). Mittels differenzierter Medienanalysen werden neben Kontinuitäten auch Brüche herausgearbeitet und exemplarisch aufgezeigt, inwiefern zeitgenössische Vorstellungsbilder ‚des Jüdischen‘ diskriminierende Zuschreibungen von Jewishness als Form sexueller Devianz fortschreiben bzw. wann, wie und unter welchen Umständen sie antisemitische ‚Zerrbilder‘ des 19./20. Jh. konterkarieren, verque(e)ren und produktiv unterlaufen.

Innerhalb des Projekts werden Jewishness und Queerness als intersektionale, miteinander verwobene Kategorien betrachtet und verdeutlicht, wie im Nexus von Fremd- und Selbstzuschreibung die (Re-)Produktion und Verhandlung eines Wissens von ‚Jüdischsein‘ in (audio-)visuellen Medien von geschlechtlich codierten und zugleich rassifizierten Vorstellungen geprägt ist. Im Rahmen eines Queering Jewishness werden ‚Geschlecht‘ und ‚Sexualität‘ als zentrale wirklichkeitsstrukturierende Kategorien offengelegt, heteronormative Regime der diskursiven Repräsentation und (Un-)Sichtbarkeit kritisch hinterfragt und so das mediale (Abhängigkeits-)Verhältnis von Jewishness und Queerness näher bestimmt.

Die gesellschaftspolitische Relevanz des Projekts liegt dabei in der Analyse und Sichtbarmachung wiederkehrender diskriminierender Motive und Identitätszuschreibungen, die im Spannungsfeld von explizitem und implizitem Antisemitismus Ungleichheiten und Ausschlüsse (re-)produzieren. Indem Brüche und Dissonanzen aufgezeigt sowie (hetero-)normative Zuweisungen hinterfragt werden, trägt das Projekt darüber hinaus zu einem herrschafts- und machtkritischen Verqu(e)eren sowohl antisemitischer als auch hegemonialer Vorstellungsbilder ‚des Jüdischen‘ bei.


Projektbezogene Publikationen

Jüdische Familiengeschichten. Die generations- und grenzüberschreitenden Comics von Aline Kominsky-Crumb, Diane Noomin und Shira Spector. In: Familie im Comic – Kritische Perspektiven auf soziale Mikrostrukturen in Comics. Hrsg. von Barbara Margarethe Eggert, Kalina Kupczyńska und Véronique Sina. Berlin: de Gruyter, Reihe: Comicstudien [erscheint 2022].

Transparent – Jewish Queerness in Serie. In: Jüdischer Film. Ein neues Forschungsfeld im deutschsprachigen Raum. Hrsg. von Lea Wohl von Haselberg. München: Edition text & kritik [erscheint 2022].

‚Revenge is the best revenge‘. Alter(n), Geschlecht und jüdische Identität in der Amazon-Serie Hunters. In: Alter(n) in der Populärkultur. Hrsg. von Henriette Herwig und Mara Stuhlfauth-Trabert. Bielefeld: transcript 2022, S. 99–118.

Second Generation Comics. On the Construction of (Post-)Memory in Art Spiegelman’s MAUS and Michel Kichka’s Deuxième Génération [in Zusammenarbeit mit Nina Eckhoff-Heindl]. In: Beyond MAUS. The Legacy of Holocaust Comics. Band 34 in der Reihe Schriften des Centrums für Jüdische Studien. Hrsg. v. Ole Frahm, Hans-Joachim Hahn und Markus Streb. Wien: Böhlau Verlag 2021, S. 333–352.

‚If only I’d had a nose job‘. Representations of the Gendered Jewish Body in the Works of Aline Kominsky-Crumb. In: Spaces Between – Gender, Diversity and Identity in Comics. Hrsg. von Nina Eckhoff-Heindl und Véronique Sina. Berlin: Springer 2020, S. 161–174.