Ringlokschuppen I

Martin Schmidt

Eine architekturhistorische Betrachtung

Ansicht des Ringlokschuppens aus Richtung des Hauptbahnhofs, Martin Schmidt 2021

Fährt man in Siegen über die Hüttentalstraße oder nutzt den Hauptbahnhof im Zentrum, fällt einem direkt ein ungewöhnlich kreisrundes Gebäude hinter den Bahngleisen auf. Hierbei handelt es sich um den geschichtsträchtigen Ringlokschuppen der Deutschen Bahn. Dieser ist mittlerweile stillgelegt und steht einer ungewissen Zukunft gegenüber.

Anbindung Siegens an das Schienennetz – die Ruhr-Sieg-Bahn

Als im Zuge der industriellen Revolution der Bedarf an Eisen stieg, die Siegener Hütten immer mehr Kohle benötigten und die damaligen Transportwege zu teuer und umständlich waren, entschied sich 1835 ein eigens gegründetes Planungskomitee dazu, den Bau einer Pferdeeisenbahn zu beantragen. Hierdurch sollte das Siegerland mit dem Ruhrgebiet verbunden werden, um die dortige Kohle auf direktem Weg zu transportieren. Da sich der Vorgang jedoch in die Länge zog, beantragte das mittlerweile in Hagen befindliche Hauptkomitee 1851 eine Dampfeisenbahn. Die Genehmigung erfolgte nach Einigung auf den Streckenverlauf schließlich 1856. Baustart war 1858 unter der Leitung der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft. Letztendlich wurde die Ruhr-Sieg-Strecke 1861 eingleisig fertiggestellt und 1870 auf zwei Gleise erweitert (Tröps, 1995; LWL 2002; Krause, 2011).

Die Fertigstellung der 106 Kilometer langen Ruhr-Sieg-Bahn durch das gebirgige Sauer- und Siegerland und durch das enge Lennetal war eine technische Meisterleistung und wurde in zeitgenössischen Berichten bejubelt:„Die schwierigen und gewaltigen Bauwerke jeder Art, wodurch die Ruhr-Sieg-Bahn eine der großartigsten und bewunderungswürdigsten Bauunternehmungen der neueren Zeit ist, werden für immer ein Zeugnis bleiben davon, was menschlicher Fleiß, Energie und Kunst sowie die Vereinigung vieler Kräfte vermag“ (Wochenblatt  Kreis Altena 1861).

Blick auf die Bahngleise, rechts der Hauptbahnhof, links der Ringlockschuppen, Martin Schmidt 2021
Der Bau des Ringlokschuppens

Eines dieser gewaltigen Bauwerke der Ruhr-Sieg-Strecke war der Ringlokschuppen in Siegen, welcher mittlerweile unter Denkmalschutz steht. Der Lokschuppen wurde im Jahr 1884 unter der Bauherrschaft der deutschen Reichsbahn als Teil der Ruhr-Sieg-Strecke erbaut, um die stetig steigende Nachfrage der örtlichen Hütten nach Eisen zu befriedigen und den Standort Siegen als Eisenbahnknotenpunkt weiter zu festigen. Der Ringlokschuppen wurde polygonal-halbkreisförmig direkt angrenzend an den Gleisverlauf gebaut. Das Gebäude besitzt ein Geschoss und ist umlaufend in Massivbauweise errichtet. Das Dach wurde als Fachwerkkonstruktion ausgeführt, um die enormen Spannweiten zu ermöglichen.

Die Funktion des Ringlokschuppens war es, die Dampfeisenbahnen und später auch Dieselloks, die hier durchfuhren oder ihren Endpunkt hatten, zu versorgen, anzuheizen und wieder in Fahrtrichtung umzudrehen. Dazu fuhren die Triebwagen auf eine Drehscheibe welche zentral zu dem Gebäude angeordnet war. Damit war es möglich, die Triebwagen im ganzem zu drehen oder auf eines der Tore auszurichten. Zur damaligen Zeit war es essenziell, dass die Lokomotiven gedreht wurden, da diese nur in eine Richtung fahren konnten und ein Wenden ohne Drehscheibe unmöglich gewesen wäre. Im Ringlokschuppen selbst, konnten die Triebwagen nun gewartet werden. Der Wasserturm und die Wassergewinnungsanlage an der westlichen Seite gewährleisteten hier die Wasserversorgung der ankommenden Dampflokomotiven. Gleichzeitig wurde der Kohlenvorrat mit Kränen wieder aufgestockt

Nachdem am 14. Mai 1965 die Elektrifizierung der Ruhr-Sieg-Strecke abgeschlossen (SZ-Archiv, 2015) und der Zugverkehr auf elektrische Züge umgestellt wurde, kamen Triebwagen zum Einsatz, die in beide Fahrtrichtungen fahren konnten. Ebenso erhöhte sich die Reichweite der Triebwagen. Hierdurch verlor der Ringlokschuppen seine Bedeutung für den Zugverkehr und das Bahnbetriebswerk wurde somit zum 31.12.1996 nicht mehr weitergeführt.

Das Gebäude befindet sich weiterhin im Besitz der Deutschen Bahn. Bis in das Jahr 2015 diente der Ringlokschuppen als Eisenbahnmuseum für die Eisenbahnfreunde Betzdorf unter der Schirmherrschaft eines Trägervereins, welches jedoch aufgelöst wurde. Weiterhin fehlt es aber bis heute an einem Konzept, wie das Gebäude einer Nutzung zugeführt werden kann (SZ-Archiv, 2015).