Künstlerische Intervention mit Markus Zimmermann in Siegen

Intervention. Der Körper als Schwelle. Foto Annette Hasselbeck, 2021

DER KÖRPER ALS SCHWELLE

Untersuchungen zu Handlung, Körper und Raum unter besonderer Betrachtung des Blickes

Passieren wir das Drehkreuz in einem Supermarkt um einzukaufen, laufen wir auf offener Straße einem Freund oder einer Freundin sprichwörtlich in die Arme oder erkranken wir, so verändert sich die Situation und damit das räumliche Empfinden unseres Körpers.

Der Blick eines sehr vertrauten Menschen kann je nach unserer Beziehung zu ihm unser räumliches Empfinden angenehm erweitern oder stark verengen. Die Schule der Neuen Phänomenologie um Hermann Schmitz unterscheidet in diesem Sinne den Begriff des Körpers von dem des Leibes. Der Leib bezeichnet dabei den Bereich der Selbstreferenzialität des Körpers. Ein Beispiel: Wenn man die flache Hand auf den Tisch presst, so erfährt sich die Hand auf der körperlichen Ebene, hebt man sie später vom Tisch ab und konzentriert sich auf die sich frei im Raum befindende Hand, nähert man sich der Sphäre des Leibes an.

Nach Hermann Schmitz kann allein der Blick, also das Schauen und Angeschaut-Werden, den Wechsel von Körperempfinden zu Leibempfinden katalysieren und gibt so ganz nebenbei in seinem Standardwerk „Das System der Philosophie“ (1964–1980) in Band III, Teil I „Der leibliche Raum“ eine Ahnung davon, warum so viele Dichter*innenund Sänger*innen ihre Aufmerksamkeit den Augen und dem Blick des besungenen Menschen gewidmet haben.

In den praktischen Interventionen am Donnerstag, den 15.07. geht es darum, mit den Studierenden räumliche Konstellationen zu bilden. Ausgangspunkt sind dabei die Körper der Studierenden, welche unter Einhaltung des Hygienekonzepts sowie des Taktgefühls Architekturen bilden, die jeweils von einem Individuum erfahren werden sollen. Spüre ich bei geschlossenen Augen, ob die Blicke auf mich gerichtet sind oder sich von mir abwenden, wenn ich durch ein Spalier von Menschen schreite?

Der Autor der Anweisungen wird am 15.07. selbst nicht anwesend sein, sondern richtet sich mit einem Brief an die Studierenden und verleiht einer Stimme eine*r Studierenden auch die Autorität, die Körper der anderen zu positionieren.

Werden Trampelpfade neben den Anweisungen entstehen und wie schauen diese aus?

Ein besonderer Reiz liegt dabei auf der dialektischen Versuchsanordnung selbst. Die schweigenden aber präsenten Körper der Studierenden nehmen Bezug auf die körperlose Stimme, welche mit Hilfe einer Kassette aus einem Radio die Handlungsanweisungen nennt. Wie eindeutig und präzise kann eine Stimme ohne Körper und Blick andere Körper im Raum verorten. Wieviel (Spiel)Raum nehmen sich die Studierenden? Werden Trampelpfade neben den Anweisungen entstehen und wie schauen diese aus?


 

Behauptung und Partizipation

Performance Lecture von Markus Zimmermann

IKONOSTASE I, Ansicht der Durchreiche Aktion am 15. September 2013 Parkplatz des Möbelhauses Boss Grenzallee 34, Berlin-Neukölln.
ALLE BAUEN MIT, Partizipatives Bauen auf dem Rathausparkplatz in Langenhagen bei Hannover.