Entstehung der bürgerlichen Öffentlichkeit

Grundlegend für die Entstehung einer bürgerlichen Öffentlichkeit ist bei Habermas die Trennung von Staat und Gesellschaft sowie die Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit. Erst zum Ende des 17. Jahrhunderts entsteht eine Vorstellung eines privaten Raums, der Ausdruck in der Intimität der Kleinfamilie findet (vgl. Habermas 1990: 115) und sich staatlicher Kontrolle entzieht. Die Bürger verstehen sich zunehmend als Individuen und entwickeln beispielsweise ein Interesse an Kunst und Kultur. Die Befriedigung dieses Bedürfnisses wird überhaupt erst durch die Erfindung des Buchdrucks ermöglicht. Durch die Vervielfältigung und Verbreitung von Schriften und Büchern werden diese einer größeren Anzahl an Menschen zugänglich. Kaffeehäuser und Salons avancieren zu beliebten Treffpunkten des Bürgertums, um sich über das neu erworbene Wissen auszutauschen. Schon bald wird dort auch über politische Themen diskutiert. Es entwickelt sich ein „Publikum räsonierender Privatleute“ (Habermas 1990: 96), das auf politische Teilhabe pocht. Die bürgerliche Öffentlichkeit bildet die Schnittstelle zwischen diesem Publikum und dem Staat. Sie beinhaltet das kommunikative Handeln der Privatleute. Die in der Gesellschaft öffentlich durch Diskurs aggregierten Meinungen bilden dann die öffentliche Meinung. Habermas entwirft hier einen Idealtyp von Öffentlichkeit, in welcher der Diskurs ungehindert und vernünftig sowie frei zugänglich sein sollte (vgl. Drüeke 2013: 88).

Der Niedergang der bürgerlichen Öffentlichkeit wird durch den Verlust der klaren Trennung von Staat und Gesellschaft markiert. So wurde beispielsweise zum Ende des 19. Jahrhunderts der Protektionismus eingeführt, der den liberalen Handel ersetzte (vgl. Habermas 1990: 234). Dies führte dazu, dass auch die Trennung von Öffentlichem und Privaten immer weiter zu verschwimmen begann.